Das Grosse Moos gilt als die Gemüsekammer der Schweiz. Zwischen dem Bieler-, Neuenburger- und Murtensee bauen die Produzenten auf rund 2600 Hektaren Land mehr als 60 verschiedene Gemüsearten an. Die BauernZeitung hat Thomas Wyssa, Gemüseproduzent aus Galmiz sowie Vorstandsmitglied der Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg (GVBF) und des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), über die aktuelle Situation befragt.

Thomas Wyssa, mit welchen Arbeiten sind Sie als Produzent zu dieser Zeit hauptsächlich beschäftigt?

Abo Thomas Wyssa kontrolliert die Gurken: Die Blätter bleiben am Boden liegen, darin finden die Nützlinge ihren Lebensraum. «Fokus Boden» Thomas Wyssa pflanzt Gemüse auf Stelzen Thursday, 28. September 2023 Thomas Wyssa: Auf unserem Betrieb wird im Gewächshaus gepflanzt. In der Halle wird Lagergemüse gerüstet, aufbereitet und verpackt und wir sind noch immer am Ausarbeiten der detaillierten Fruchtfolgeplanung.

Und was beschäftigt Sie als Vorstandsmitglied der beiden Verbände momentan am meisten?

Was uns am meisten Probleme beschert, sind das Digiflux, fehlende Pflanzenschutzmittel (PSM) und die Reduktion der Nährstoffe. Generell haben wir aber immer mehr Mühe mit der ganzen Landwirtschaftspolitik des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW)und des Bundesrates.

«Unsere Lehrlinge verstehen von der produzierenden Landwirtschaft mehr als BLW-Mitarbeiter.»

Für Thomas Wyssa sollte das Wissen der Praktiker wieder mehr Gewicht erhalten.

Als nächste Landwirtschaftsreform steht die AP 30 an. Wie sieht die ideale AP 30 aus Ihrer Sicht aus?

Ich persönlich wünsche mir, dass das BLW und der Bundesrat endlich zur Vernunft kommen und uns Produzenten produzieren lassen, wie wir es gelernt haben. Dies, ohne uns unsinnige Vorgaben zu machen, uns zu kontrollieren und zu bevormunden. Ich stelle immer wieder fest, dass unsere Lehrlinge mehr von der produzierenden Landwirtschaft verstehen als die Mitarbeiter beim BLW.

Was wäre hingegen ein Schreckensszenario in dieser Agrarreform?

Abo Pflanzenschutzmittel - Mitteilungspflicht Hält Digiflux, was es verspricht? Friday, 2. February 2024 Digiflux, mehr Biodiversität, weniger Wirkstoffe, die wir zur Verfügung haben, mehr Auflagen welche unsinnig sind, und weitere Bevormundung.

Der Schweizer Bauernverband forderte jüngst am letzten Seeländer Forum die Gemüseproduzenten auf, Anliegen und Forderungen für die neue Agrarreform mitzuteilen. Wo können diese Anliegen deponiert werden?

Der VSGP ist in Kontakt mit den zuständigen Personen beim Bauernverband und wird auch direkt beim BLW Eingaben machen.

Immer mehr Pflanzenschutzmittel werden verboten oder der Einsatz ist nur mit Sonderbewilligungen erlaubt. Wie gehen die Gemüseproduzenten damit um?

Für uns wird die Produktion verkaufsfähiger Produkte immer schwieriger und wir können unsere Kulturen kaum mehr genügend schützen. Eingaben von Notfallzulassungen und das Verlangen von Sonderbewilligungen erhöhen uns den bürokratischen Aufwand erheblich. Durch das Fehlen von verschiedenen Wirkstoffen nimmt die Resistenz von bewilligten Wirkstoffen rasant zu.

Vor rund acht Jahren wurde als Beispiel das Mittel Methomyl verboten, das gegen die Weisse Fliege hilft, die unter anderem beim Rosenkohl ein Problem ist. Gibt es mittlerweile eine Alternative?

Wir warten bis heute auf eine Alternative und es fallen auch immer noch bestehende Insektizide weg.

Mit 85 Prozent der gesamten inländischen Rosenkohlproduktion wies das Seeland noch vor wenigen Jahren die grösste Anbaufläche hierzulande aus. Wie sieht es heute aus?

Es gibt im Seeland noch Rosenkohlproduzenten, aber die Anbaubereitschaft sinkt sehr stark. Im Moment beträgt der Anbau im Seeland nur noch knapp 50 Prozent der hiesigen Anbaufläche und ich ziehe den Hut von den Rosenkohlproduzenten.

Ware aus dem Ausland trumpft oft mit guter Qualität auf, da PSM eingesetzt werden dürfen, die in der Schweiz verboten sind. Machen die Grossverteiler diesbezüglich Zugeständnisse?

Bei Rosenkohl konnte man in den letzten Jahren mit den Grossverteilen eine angepasste Qualität vermarkten und bei den übrigen Gemüsen wurden auf das Jahr 2023 die Qualitätsrichtlinien überarbeitet und angepasst. Das heisst aber nicht, dass unsere Produkte in der Qualität von den importierten abweichen dürfen.

Wie begegnen die Produzenten dem Importdruck?

Im Gemüse haben wir zum Glück eine relativ gut funktionierende Importregelung, welche uns ein wenig den Druck von dieser Seite wegnimmt.

«Einige Gemüsesorten werden künftig nicht mehr produziert.»

Thomas Wyssa zu den Folgen weiterer Verbote von PSM.

Weniger PSM und dennoch muss die von Abnehmern und Konsumenten gewünschte Qualität der Produkte erreicht werden. Wie ist das zu schaffen?

Wir stellen immer mehr fest, dass wir bei einigen Produkten an die Grenze kommen. Es werden dadurch in Zukunft sicher auch einige Gemüsesorten nicht mehr produziert. Bei den Kartoffeln hat es schon Produzenten, welche die Fläche im Anbau reduzieren oder sogar ganz aufgeben.

Im Sommer 2021 trat in der Schweiz der erste Fall des Jordan-Virus auf, einer meldepflichtigen Krankheit, die Tomaten und Peperoni befällt. Was bedeutet diese neue Krankheit für die Gemüseproduzenten? Gibt es ein PSM dagegen?

Zu diesem Virus gibt es leider kein PSM. Die Züchter bringen auf dieses Jahr die ersten gezüchteten Tomaten mit Resistenzen auf den Markt. Es wird sich zeigen, ob das eine Lösung für die Zukunft ist.

Können Sie etwas zur Preisentwicklung für Ihr Gemüse sagen, wie hat sich der Produzentenpreis in den vergangenen, sagen wir, fünf Jahren entwickelt?

Nach der Pandemie und dem Kriegsausbruch in der Ukraine sind bei uns Hilfsgüter wie PSM, Dünger, Treibstoffe usw. massiv im Zukaufspreis angestiegen. Die höheren Kosten konnten nur zu einem kleinen Teil an unsere Kunden weitergegeben werden.

Mit der Revision der Gewässerschutzverordnung wurden die Kantone vom Bund verpflichtet, Gewässerraum auszuscheiden. Inwiefern sind die Gemüseproduzenten im Grossen Moos davon betroffen?

Hier sind wir genau gleich betroffen wie in der übrigen Schweiz auch und werden so einige Hektaren für die Produktion von Lebensmitteln verlieren.

Bei der Milchwirtschaft zeichnet sich ab, dass viele Junge nicht mehr melken wollen. Wie sieht die Nachwuchssituation bei den Gemüsegärtnern aus?

Bei uns im Gemüsebau ist man entweder «Gmüesler» mit Leib und Seele oder man erlernt den Beruf erst gar nicht. Aber Nachwuchsprobleme haben wir auch bei uns. Andrea Wyss