Andreas Stalder, was ist IP-Suisse, Marketingorganisation oder Handelsorganisation?
Andreas Stalder: Beides. Wir vertreten die Produzenten von der Produktion bis hin zum Ladentisch. Wir sind die Einzigen, die von Mehrleistungen im Stall und auf dem Feld Prämien am Markt realisieren können. Und die verhandeln wir auch selber.
Könnten diese Prämien nicht etwas höher sein?
Für die einen sind die Prämien zu hoch, für die anderen zu tief. Statt sich so etwas zu fragen, kann man sich die Frage stellen: Wieso hat Coop vor einigen Jahren im Schweinebereich derart markant abgebaut?
Und, wie lautet die Antwort auf diese Frage?
IP-Suisse ist es trotz des schweren Marktumfelds gelungen, die Marktanteile bei Migros zu halten. Markant abgebaut haben die anderen. Vermutlich waren die Konsumenten nicht bereit, solche Prämien zu berappen. Also konnte Coop die hohen Prämien am Markt nicht realisieren. Natürlich hätten alle immer gerne mehr, nicht nur die Bauern. Aber diese Prämien bilden die Realität am Markt ab.
Wie muss man sich die Mengen- und Prämienverhandlungen der IP-Suisse mit Migros vorstellen?
Migros bestimmt aufgrund des Marktbedürfnisses und der Konsumentenwünsche und deren Verhalten das Mengengerüst. Schweinefleisch ist ein Markt, der sich negativ entwickelt. Das Konsumentenbedürfnis nach Schweinefleisch hat abgenommen. Davon sind auch wir betroffen. Es ist nicht wahnsinnig erbauend, in so einem negativen Markt zu verhandeln, weil die Sache sensibler ist.
Aber wieso genau beim Label abbauen?
Es gab vonseiten der Konsumenten keinen Aufschrei als Reaktion auf den Abbau der Label-Schweine bei Migros. Genau damit hätte man aber im Grunde rechnen können.
Warum?
Jede Konsumenten-Umfrage zeigt doch, dass das Tierwohl an oberster Stelle steht. Ich stelle als Bauer fest, dass der Konsument im Laden nicht auf den höheren Tierwohlstandard schaut.
Wie erklären Sie sich das, es sah doch mal ganz anders aus und das ist noch nicht allzu lange her?
Ich bin sicher, dass diese Kriege etwas mit uns machen. Mit dem Tierwohl läuft es analog der Umweltzerstörung. Aktuell ist diese Thematik einfach nicht die vordringlichste. Wenn wir in die Welt hinausschauen, ist da immer etwas, das noch viel schlimmer ist. Man kann unter diesem Deckmantel sehr viel unterlassen, zu dem wir eigentlich verpflichten wären – wie eben Umweltschutz und Tierwohl. So hat man für alles und jedes eine Entschuldigung.
Gehen wir von der Welt zurück in den Schweizer Detailhandel. Wenn man die Aktionen verbieten würde, würde das die Fleischproduktion nicht weiterbringen?
Sobald man die Menschen in ihrer Wahlfreiheit einschränkt, wird es schwierig. Man kann es auch so sagen: Offenbar haben wir nicht genügend mündige Konsumenten. Die leidige Realität ist, dass es immer jemanden geben wird, der etwas billig oder noch billiger anbietet. Wenn wir uns von den Fleischaktionen befreien möchten, müssten wir eine Solidarität bis weit über die Grenzen hinaus haben. In diesem Sinne verstehe ich die Detailhändler, wenn sie sagen, dass sie das Billigangebot brauchen. Denn sonst werden die Schlangen an der Grenze noch länger.
Ist bei den IP-Suisse-Schweinen noch mit einem weiteren Abbau zu rechen?
Im Moment bestehen keine Anzeichen dafür. Die Verhandlungen aufgrund der neuen Ausgangslage stehen uns aber erst noch bevor.
Und wie sieht es in den anderen Bereichen der IP-Suisse-Produkte aus?
Will Migros die nachhaltigste Detailhändlerin bleiben, braucht sie unsere Produkte und jene von Bio Suisse.
