Markus Arn ist enttäuscht. Der IP-Suisse-Schweineproduzent ist sicher: Die Distanz vom Verhandlungstisch bei der Migros zum Stall ist zu gross. «Wenn man eine Supermarkt AG aufstellt und über Monate weder Produzenten noch Konsumenten über das Geschehen informieren kann, beweist das, wie weit weg man von der Landwirtschaft ist», sagt Arn. Er ist, wie viele andere Berufskollegen auch, vom jüngsten Entscheid der Migros betroffen, wonach die Detailhändlerin 10 % der Label-Schweine im Ladengestell abbaut.
Der Bezug fehlt
Nicht nur die Konsumenten, sondern auch der Detailhandel habe sich massiv von der Urproduktion entfernt. Der Bezug des Grossverteilers zu den Höfen fehle vollkommen. Alleine der Umstand, dass zwischen der Besamung der Sau und dem pfannenfertigen Produkt rund elf Monate vergehen, werde völlig ausgeblendet. Zumindest so viel Vorlauf müssten die Bauern haben, «sonst kann man so ein Geschäft nicht weitsichtig betreiben», sagt Arn. Hinzu komme, dass die tierfreundlichen Ställe nun einfach einmal stehen. «Wir können da nicht einfach mehr Tiere drin halten, das funktioniert nicht», erklärt er.[IMG 2]
Markus Arn produziert in Suberg BE 2500 Mastschweine im Jahr. «Das gibt dem zweitgrössten Schlachthof der Schweiz etwa einen Tag Arbeit», pflegt er den Konsumenten gerne zu sagen und ergänzt dann auch jeweils: «Wenn es mich nicht mehr gibt, dann braucht es die dort auch nicht.»
«Die Migros interessiert nicht, wie viel Platz die Schweine haben.»
Markus Arn, Schweineproduzent und Mitglied der Fachgruppe Porc IP-Suisse.
Coop hat sich verabschiedet
Markus Arn hat lange für Coop Naturafarm produziert. 2018 entschied Coop, die Schweine aus dem Coop Naturafarm Porcs (CNfP)-Label um rund einen Drittel auf 220'000 Schweine pro Jahr zu senken. Grund: Die rückläufige Nachfrage. 2021 verabschiedete sich Coop ganz von den Produzenten. IP-Suisse (IPS) übernahm die Verantwortung und die Kontrolle beim Label Coop Naturafarm Schweinefleisch mit der Folge, dass die Produzenten zusätzlich Biodiversitätsbeiträge zu erfüllen hatten und nur noch halb so viel Zuschläge für den Mehraufwand der Label-Produktion erhielten.
Die Einbettung der Schweinebauern bei IP-Suisse ist eine der grossen Herausforderungen für Arn. «Wir Schweinebauern müssen unsere Rolle finden», erklärt er. Der IPS-Vorstand mit rund 25 Köpfen sei nach Kantonen und nicht nach Produktionsrichtungen gegliedert. Der Aufbau der Fachgruppe, bestehend aus sieben Produzenten und drei IPS-Vorstandsmitgliedern, sei zwar geglückt, aber die Resultate noch nicht dort, wo sie der Produzent, der auch Einsitz im Verwaltungsrat der Anicom hat, sehen möchte. «Dank der Fachgruppe kommen wir vorwärts und werden ernst genommen. Aber an den Verhandlungen sitzt kein produzierender Schweinebauer, das ist nicht systemgerecht», bemängelt Arn.
Marketing oder Handel?
Markus Arn sieht die IP-Suisse als Marketingorganisation. Doch IP-Suisse selbst sieht sich auch als Handelsorganisation (siehe «Nachgefragt» mit Präsident Andreas Stalder). «Ich habe einen extrem grossen Respekt davor, was IP-Suisse erreicht hat, gehe aber davon aus, dass man dort – insbesondere aufgrund des Erfolgs – zu wenig krisenerprobt ist», mutmasst Arn.
Die Fachgruppe Porc IP-Suisse trifft sich mindestens zweimal im Jahr. Diesen Frühling war im März ein Treffen angedacht. «Ich war beruhigt, als ich Mitte Januar in der BauernZeitung las, dass in den Regalen der Migros kein Label-Abbau geplant ist», erinnert sich Arn. Eine Woche darauf kam dann aber die Hiobsbotschaft, wonach Migros 40'000 Label-Schweine abbaut. «Wir organisierten sehr rasch ein Treffen mit der Fachgruppe», sagt er. Noch vor zwei Jahren sei bei der Migros die Rede von einem möglichen Ausbau um 50 000 Schweine gewesen – und jetzt das.
Was für ihn sehr bedenklich sei, ist, dass die Migros-Spitze nicht realisiere, dass die IPS-Prämien nicht kostendeckend seien. «Im Durchschnitt haben wir knapp 35 Rappen erreicht. Das deckt den Mehraufwand nie und nimmer», sagt Arn, der zuvor bei Naturafarm 50 Rappen gewohnt war. Wenn neben den Prämien nun auch noch die Mengen infrage gestellt würden, sei die Sache nicht mehr tragbar. «Bei Migros steht man im leeren Raum, man weiss nie, wie es weitergeht.»
Partnerschaft fraglich
Aufgrund der Umstellung von Naturafarm auf IP-Suisse hätten die Produzenten unterschiedliche Flächenmasse. «Wir wollten die Prämie für höhere Flächen anheben, aber die Migros interessiert es nicht, wie viel Platz die Schweine haben», so Markus Arn. Das Tierwohl sei nicht relevant. Er ist sicher, dass die Label-Schweine durch QM-Tiere ersetzt werden. «Sie werden jede Sau verkaufen, die sie verkaufen können.» Unter einer Partnerschaft, wie sie Migros insbesondere mit IP-Suisse immer wieder unterstreicht, würde sich Markus Arn definitiv etwas anderes vorstellen.
