«1908 in der Schweiz erfunden und auch heute zu 100 Prozent exklusiv in der Toblerone-Fabrik Bern-Brünnen hergestellt.» So steht es noch immer auf Toblerone.ch zu lesen, doch die Aussage ist veraltet. Seit 2023 produziert die Herstellerfirma Mondelez einen Teil der dreieckigen Schokolade in der Slowakei, was den markanten Riegel das Matterhorn auf der Verpackung gekostet hat. Denn seit der Produktionsverlagerung erfüllt Toblerone die Swissness-Vorgaben nicht mehr. Nun gibt es laut «Blick» Hinweise darauf, dass die Toblerone künftig mit ausländischem Milchpulver hergestellt wird. Die Zeitschrift zitiert «Branchenkenner», wonach nur noch die im Inland verkaufte Dreiecks-Schoggi Schweizer Milch enthalten soll – angeblich bereits ab Ende Jahr.

Milch von 6300 Kühen

Zu verlieren hat Mondelez mit einer Umstellung auf ausländische Zutaten insofern nichts mehr, als dass die Schweizer Herkunftsangabe bereits futsch ist. Aber sie könnte zur Unruhe auf dem Schweizer Milchmarkt beitragen, sagt Stephan Hagenbuch, Direktor der Schweizer Milchproduzenten (SMP), gegenüber dem «Blick». Es gehe um knapp 40 Millionen Liter Milch pro Jahr, die plötzlich keinen Abnehmer mehr hätten, wird Stefan Kohler zitiert. Der Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch erklärte weiter, das entspreche der Milch von rund 6300 Kühen.

Von Mondelez gab es öffentlich weder eine Bestätigung der Gerüchte noch ein Dementi. Es liefen aber Verhandlungen, liess der Konzern gegenüber dem «Blick» verlauten. Man evaluiere bei der Beschaffung der Zutaten laufend Lieferanten aus dem In- und Ausland unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Qualität, Innovation und Kosten. Die Toblerone-Herstellung in Bern solle wettbewerbsfähig bleiben und es werde nach wie vor ein Grossteil dieser Schokolade in der Schweizer Hauptstadt produziert. Tatsächlich plante Mondelez laut SRF 2022 einen Ausbau des Werks – allerdings solle das Geld in die Nougatproduktion aus Honig, Puderzucker und Eiweiss fliessen.

Kakao ist teurer geworden

Eine Abkehr von teurerem Schweizer Milchpulver in der Toblerone ist nicht nur angesichts der bereits verlagerten Produktion denkbar. Als weiterer Faktor kommen steigende Kakaopreise hinzu, auf die der Branchenverband Chocosuisse im Frühling verwiesen hat. Das Umsatzwachstum der Schokoladenhersteller von 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr sei 2023 nur auf die gestiegenen Rohstoffpreise zurückzuführen.

«Die Hersteller stehen derart unter Druck, dass sie jede Möglichkeit ausschöpfen, einige Rappen zu sparen», sagt Stefan Kohler im «Blick». Die Zeitung erwähnt sogar unbelegte Vermutungen, wonach bereits ein Teil der Toblerone mit ausländischem Milchpulver fabriziert werde. «Es handelt sich um einen schleichenden Prozess, der effektiv Anfang 2023 begonnen hat», bemerkt SMP-Direktor Stephan Hagenbuch. Aufgrund der eingetroffenen Veredelungsverkehrsgesuche werde sich das 2024 und wohl auch 2025 verstärken. Den Umfang sehe man erst im Nachhinein, aber insgesamt könne es da schon um 50 Millionen Kilo Milch gehen. «Allerdings werden wir uns an allen Orten dafür einsetzen, dass das nicht so eintrifft.»

Auswirkungen auf alle

Das inländische Milchpulver dürfte Mondelez laut SMP heute primär von Hochdorf beziehen. «Grundsätzlich haben auch Emmi und Cremo technische Installationen für diese Halbfabrikate», ergänzt Stephan Hagenbuch. Bei Verschiebungen am Markt habe das aber sofort Auswirkungen auf alle grösseren Akteure. «Da darf man nicht naiv sein.»

Für Hagenbuch ist klar, dass Schokolade mit ausländischer Milch keine Schweizer Schoggi mehr ist. Um dem zunehmenden Veredelungsverkehr entgegenzuwirken, könnte die BOM laut «Blick» die von der Branche finanzierten Exportbeiträge für Schweizer Milchprodukte erhöhen. Wer das berappen müsste, ist laut Stephan Hagenbuch noch nicht klar. «Es geht hier vor allem um die Frage, ob es über die BOM-Kasse oder direkt über die Milchlieferanten finanziert wird», erklärt er. Beides finde heute schon statt. Etwaige Anpassungen würden an der DV der BOM am 19. September offiziell beschlossen.

Normalmarkt oder Regulierung

Hochdorf hat angekündigt, seine Pulverproduktion ab 2026 deutlich zu reduzieren (wir berichteten). Welche Alternativen gäbe es zum Verpulvern, das eigentlich als gute Möglichkeit zur Verarbeitung saisonaler Übermengen gilt? «Wenn die Milch nicht durch die Normalmärkte (z. B. Käse usw.) aufgenommen werden kann, geht es in die Regulierung (Butter, Magermilch, Protein) und muss relativ teuer exportiert werden», hält Stephan Hagenbuch fest.

Wer ist Mondelez?

Nach eigenen Angaben ist die Firma Mondelez International gemessen am Gewinn die weltweite Nummer eins bei Biscuits und die Nummer zwei unter den Schokoladenherstellern. Zu ihren Marken gehören neben Toblerone auch z. B. Philadelphia, Milka oder Oreo. Mondelez-Produkte werden in über 150 Ländern verkauft, der Netto-Gewinn wird für 2023 mit 36 Mrd US-Dollar beziffert. Zum Vergleich: Im selben Jahr erzielte der Schweizer Schoggi-Hersteller Lindt und Sprüngli einen Reingewinn von 671,4 Mio Franken.