Die Artikel in der BauernZeitung über die Hemmstoffnachweise in der Tankmilch haben unter der Leserschaft doch einige Reaktionen ausgelöst. Viele Bäuerinnen und Bauern meldeten sich darauf bei der Redaktion und erzählten, dass sie sich mit gleichen oder ähnlichen Problemen konfrontiert sahen. Die BauernZeitung hat nun bei Suisselab, dem Kompetenzzentrum für Milchanalytik in Zollikofen BE, nachgefragt und wollte wissen, wie gross das Problem der Hemmstoffnachweise wirklich ist.
Eine hohe Milchqualität
«Zuerst möchte ich ganz klar betonen, dass die allermeisten Schweizer Milchlieferantinnen und -lieferanten kein Problem mit erhöhten Hemmstoffnachweisen in ihrer Tankmilch haben», sagt Christian Beck, Geschäftsführer der Suisselab AG. Im Gegenteil: Von den alljährlichen über 430 000 Tankmilch-Proben wurden im Geschäftsjahr 2019 nur deren280 beanstandet. «Das sind sage und schreibe 0,6 Promille», sagt Beck.
Nein, die Milchqualität sei sehr hoch, nicht nur hinsichtlich Hemmstoffnachweis, sondern auch bezüglich Zell- und Keimzahlwerten. Gebe es aber einen positiven Befund, wüssten die meisten Betriebsleitenden selber, wo dieser herkommen könnte. «Es ist uns bewusst, dass sicher niemand absichtlich Hemmstoff-positive Milch abliefert», so der Geschäftsführer. Deswegen gebe es auch nur wenig Rekurse. «Letztes Jahr waren es deren vier, wovon die Rekurskommission keinem stattgeben konnte», hält Beck fest.
Alles richtig gemacht
Der Geschäftsführer kann gut nachvollziehen, dass die betroffenen Betriebe, die sich mit einer positiven Tankmilchprobe auseinandersetzen müssen, zuerst aus allen Wolken fallen. Erst recht, wenn sie der Meinung sind, alles richtig gemacht zu haben. «Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nirgends, auch bei der Suisselab nicht», sagt der Geschäftsführer. Aber: «Die Fehlerquote bei uns ist dank vielerlei Massnahmen sehr gering», doppelt er nach. Wird bei der Suisselab die Tankmilchprobe positiv getestet, werde diese, oder besser gesagt das Rückstellmuster, noch einmal im Doppelansatz und mit einer Verdünnungsreihe untersucht. «Bei dieser zweiten und zusätzlichen Analyse können wir ganz klar feststellen, wie stark die Milch mit Hemmstoffen belastet ist», so der Suisselab-Geschäftsführer.
Läuft automatisiert
Auf die Frage, ob es nicht auch möglich sei, dass man die Probeflaschen im Labor vertauschen könnte, verneinte Beck. «Innerhalb des Labors läuft der Prozess völlig automatisiert ab. Eine Verwechslung oder ein absichtliches Vertauschen ist bei uns nicht möglich. Erst wenn ein positiver Fall auftritt, greifen wir von Gesetzes wegen in den Datenfluss ein. Ansonsten übermitteln wir die erhobenen Werte automatisch an die Datenbank», hält Beck fest. Dank dieser Methode sei gewährleistet, dass wirklich jede Probe dem richtigen Betrieb zugeordnet werden könne. «Wie bei allen unseren Laboruntersuchungen wird auch beim Hemmstofftest das korrekte Funktionieren des Tests laufend überprüft. Nur wenn Letztere das erwartete Resultat aufweisen, dürfen die Resultate der untersuchten Milchproben freigegeben und übermittelt werden», so der Geschäftsführer.
Den Fall weiterleiten
Wird aber ein Hemmstoffnachweis in einer Tankmilchprobe festgestellt, «sind wir verpflichtet, diesen Fall an die Vollzugsstelle des Kantons zu melden», hält der Labor-Chef fest. Von diesem Zeitpunkt an hat die Suisselab keinen Einfluss mehr auf den Fall. Das weitere Vorgehen wird dann von der Vollzugsstelle entschieden und diese verhängt die vorgeschriebene Milchsperre für den betroffenen Betrieb. Natürlich gebe es vereinzelt Betriebe, die das Resultat der Suisselab anzweifeln. «Auch das kann ich nachvollziehen. In diesem Fall prüfen wir diese Reklamation und analysieren noch einmal den gesamten Prozess. Selbstverständlich steht das Rückstellmuster den Betrieben für weiterführende Analysen zur Verfügung», zeigt sich Beck verständnisvoll und will aber festhalten, dass «die wenigen Fallzahlen und die vielen genannten Beispiele bestätigen, dass der Prozess funktioniert und die Bäuerinnen und Bauern – übrigens unsere Eigentümer – sehr wohl Vertrauen in unsere Laborarbeit und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dürfen.»