Wegen der instabilen Wirtschaftslage, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, ist der Käsemarkt massiv unter Druck geraten. Bei Tête de Moine sind die Lagerbestände massiv angestiegen und die Produktion musste im Mai um 40 % und im Juni um 20 % gesenkt werden, heisst es in einer Mitteilung, welche an die Produzenten versandt wurde. Für die Lieferanten bedeutet dies: zusätzlich billigere Einschränkungsmilch.

Bei Gruyère AOP läuft es gut

Aber nicht alle Käsesorten sind von einem massiven Exporteinbruch betroffen. Bei Le Gruyère AOP läuft der Markt sprichwörtlich wie geschmiert. Keine Spur von einer Krise: «Wir können uns nicht beklagen», sagt der Direktor Philippe Bardet. Der Export von Gruyère AOP verlaufe sehr gut, im März sogar hervorragend. «Im Mai war das Exportvolumen etwas weniger gross», hält er aber fest. Extrem gut laufe der Alp-, wie auch der Bio-Gruyère AOP. «Hier haben wir schon fast einen Mangel», freut sich der Direktor. Vor allem mit Amerika sei man mit dem Handel zufrieden, eher weniger mit Frankreich: «Wegen der Corona-Krise mussten dort viele Läden und Käsetheken geschlossen werden, was sich schlussendlich auch auf den Verkauf auswirkte», hält Bardet fest. Dazu komme, dass der Gruyère AOP mit dem Comté einen starken Konkurrenten auf dem französischen Käsemarkt habe.

Tiefe Lagerbestände

Da die Gruyère-AOP-Lagerbestände allgemein sehr tief seien, habe man im Januar die Produktionsmengen noch einmal erhöhen können. «Einschränkungsmilch kennen wir zurzeit nicht, die eingelieferte Milch gelangt vollumfänglich in die Käseproduktion», sagt Bardet. Diese gute Marktentwicklung schlage sich auch auf den Produzentenpreis nieder. «Der Milchpreis für unsere Produzenten beträgt, inkl. den Zuschlägen, stolze 88,09 Rp./kg», so der Direktor.

Ein grosser Vorteil des Gruyère AOP sei, dass man diesen Käse in verschiedene Kanäle liefern könne und sich nicht nur auf ein Segment fokussieren müsse. «Vom Reibkäse über Fondue bis hin zum Schnitt- oder Apéro-Käse – der Gruyère ist vielseitig beliebt», sagt Philippe Bardet. Von den insgesamt 30 800 Tonnen Gruyère AOP (davon 500 Tonnen Alp-Gruyére), die jährlich produziert werden, gehen rund 12 000 Tonnen in den Export. Dabei sei Amerika, neben Frankreich und Deutschland, der wichtigste Absatzmarkt.

Emmentaler: Einschränkung

Bei Emmentaler Switzerland AOP ist man mit den Gesamtverkäufen bis zum April zufrieden. Diese liegen derzeit bei einem Index von 108,3, heisst es. Das bedeutet so viel wie: überdurchschnittlich. «Wir profitieren dabei von einem starken Inlandkonsum, welcher deutlich über dem Vorjahr liegt. Aber auch der Export liegt in allen Hauptmärkten mit Ausnahme von Deutschland über dem Vorjahr», sagt Alfred Rufer, kaufmännischer Leiter und Vize-Direktor bei Emmentaler Switzerland AOP. So konnte für die Monate Mai und Juni die Produktionsfreigabe von Emmentaler AOP von 52 auf 55 % erhöht werden. Im Juli und August wurde sie auf 54 % festgelegt. Dies sei gegenüber dem Vorjahr 5 % respektive 4 % höher als im Vorjahr. Wie ein Emmentaler-Milchproduzent bestätigte, müsse er schon seit einigen Jahren Einschränkungsmilch in der Höhe von 40 bis 50 % abliefern. Dies schlage sich auch auf den Preis nieder. Aktuell erhalte er nicht einmal mehr 60 Rappen dafür.

Gute Verkäufe beim Sbrinz

Weiterhin erfreulich entwickeln sich die Absatzzahlen auch beim Sbrinz AOP. «Speziell, wenn man bedenkt, dass wir durch die ­Corona-Pandemie den Gastronomie-Absatz fast komplett verloren haben», sagt Sbrinz-Geschäftsführer Stefan Heller. So konnten die Verluste im Gastrobereich durch Mehrabsätze im Einzelhandel, vor ­allem im Reibkäse-Segment wettgemacht werden. «Corona-bedingte Hamsterverkäufe bei Pasta brachten uns diesen Mehrabsatz», weiss er.

Markt reagiert schnell

Auch beim Bio-Sbrinz präsentieren sich die Verkäufe noch besser als im Vorjahr. Dank diesen guten Absatzzahlen sind die Sbrinz-Milchproduzenten auch nicht von zusätzlicher Einschränkungsmilch betroffen. Diesbezüglich können sich auch die Milchpreise «sehen lassen»: Sie lagen im März, franko Käserei/Sammelstelle, durchschnittlich bei 67,14 Rappen/kg. Ob die Marktaussichten für den Sbrinz AOP auch weiterhin so gut sind, sei schwierig vorauszusehen. «Aufgrund vielfältiger Einfluss-Faktoren wie zum Beispiel Corona, die Preiserhöhung im April oder die neue strategische Ausrichtung, können wir dazu keine genauen Prognosen machen», sagt Heller. Daher sei man bei der Geschäftsleitung zurückhaltend, was die Produktionsmenge betreffe. «Aufgrund der langen Reifezeit (mind. 18 Monate bis zu drei Jahren), können wir auf kurzfristige eintretende Ereignisse am Markt nicht reagieren», so Heller. Und: «Wir halten uns weiterhin an die geplante Produktionsmenge, welche Ende 2019 durch die Geschäftsleitung freigegeben wurde.»

Mehr Appenzeller verkauft

Auch beim Appenzeller-Käse läuft es rund: «Insgesamt sind wir zufrieden, wir haben in den Monaten März, April und Mai zusammen gut 100 Tonnen mehr verkauft als im Vorjahr», sagt Christoph Holenstein, Direktor von Appenzeller Switzerland. Wegen der Corona-Krise rechnet Holenstein im Exportmarkt aber mit schwierigen Verhältnissen, vor allem in Ländern, die von der Krise stark betroffen sind. «Hier eine Prognose zu stellen wäre unseriös, es ist noch zu früh, um verbindliche Aussagen zu machen», sagt er. Es seien verschiedene Massnahmen in den Hauptexportmärkten lanciert worden, um den Verlust möglichst klein halten zu können. Letztendlich entscheidet die Frage, was sich die Kunden im Ausland leisten können und was für Angebote zur Auswahl stehen.

Hoher Konsum von Raclette

Bei Raclette Suisse habe sich der Verbrauch von Januar bis April positiv entwickelt. «Der Schweizer Markt ist immer noch der wichtigste Absatzkanal für Raclette Suisse», bestätigt Geschäftsführer Jürg Kriech. So habe sich der Konsum in dieser Zeit um 13 Prozent erhöht, was einer zusätzlichen Menge von 316 Tonnen entspreche. «Der Mehrabsatz betrifft vor allem viereckigen Raclettekäse, welcher meist zu Raclette-Scheiben verarbeitet wird», sagt Kriech. Raclettekäse werde meist in der Gastronomie oder an Events gegessen. Aufgrund des Lockdowns fielen diese Absatzkanäle zeitweise aber weg. «Der Verein Raclette Suisse unterstützt aktuell betroffene Mitglieder mit einem separaten Budget, um den Verkauf von runden Laiben in diesen Kanälen zu fördern», so Kriech.

November und Dezember

Obwohl sich die Exporte in den letzten zwei Jahren auch unter dem Jahr sehr positiv entwickelt haben, seien die Monate Mai bis August traditionell keine starken Exportmonate für Raclettekäse. «Die grössten Mengen werden in den Monaten November und Dezember exportiert», hält Jürg Kriech fest. So liege die Raclette-Produktion (exkl. Walliser Raclette AOP) bis und mit April mit gut 8 % im Plus. Einschränkungsmilch ist bei Raclette Suisse insofern ein Thema, als dass sie solche Überschussmilch aufkaufen und zu Raclettekäse verarbeiten. «Damit entlasten wir zumindest zeitweise den Milchmarkt», so der Geschäftsführer.