Die Butterlager sind leer und jetzt sinken die Milchpreise. Wie erklären sie das den Bauern?
Das eine hat mit dem anderen weniger zu tun, als man denkt. Nicht einmal die Hälfte des Schweizer Butters wird aus zentrifugierter Rohmilch hergestellt. Der grössere Teil des Butters entsteht aus Rahm, der als Nebenprodukt anderer Verarbeitungsprozesse entsteht. Das ist teilentrahmte Milch, Rahm aus der Käseherstellung u.s.w. Knappe Butterlager senden fast keine Preissignale. Auch bei zu grossen Butterlagern sinkt nicht automatischen der Preis. Butter ist ein Regulierprodukt. Wenn einzelne Milchkäufer trotz stabilem A-Richtpreis jetzt Preissenkungen ankündigen, müssen Sie dort nachfragen, warum das so ist.
Was hat der ausländische Milchmarkt mit dem Schweizer Milchpreis zu tun?
Rund 50% des Schweizer Milchmarkts sind mit dem Europäischen Milchmarkt liberalisiert. Das betrifft vor allem den Käsemarkt. Wenn ausländische Käse billiger in die Schweiz kommen, weil in der EU die Milchpreise sinken, dann wirkt sich das auf den Schweizer Markt aus. Das dürfte im Moment der Fall sein. Es gibt bei vielen Käsetypen eine Grenze, ab der auch unsere Käsepreise sinken müssen, sonst ist der Hersteller weg vom Fenster. Bei Mozzarella für den Gastrobereich ist dies am Sichtbarsten. Dort spielt die Musik einzig und allein über den Preis. Hat man je schon einmal eine Pizzeria gesehen, welche Schweizer Mozzarella ausgelobt hat? Auch der Exportmarkt leidet, wenn International die Preise sinken. Anders als der Fleisch- oder Getreidesektor sind im Milchsektor die Preise immer von der internationalen Entwicklung abhängig. Dank den Massnahmen der BO Milch wie zum Beispiel die Segmentierung oder dem Grünen Teppich können wir den Einfluss des internationalen Marktes aber etwas dämpfen.
Angesichts der rückläufigen Milchproduktion müssten die Milchpreise jetzt steigen. Warum spielt hier der Markt nicht mehr?
Wer sagt, dass der Markt nicht spielt? Die Milchmenge ist 2019 gegenüber 2018 um 1,6 % zurückgegangen. Die Preise für Molkereimilch sind gemäss aktuellsten Zahlen des SMP-Milchpreismonitoring im Februar 2020 gegenüber Februar 2019 um 3,65 Rp./kg bzw. um 6,41 % gestiegen. Sowohl die BLW-Marktbeobachtung als auch die Zahlen des SMP-Milchpreismonitorings weisen Milchpreise auf, die mehrere Rappen über den Werten des Vorjahres liegen.
Auch die 1000 Tonnen Butterimporte sorgen bei den Bauern für rote Köpfe. Die Importe seien laut der Branchenorganisation Milch (BOM) notwendig. Wie begründet man diese Importe?
Das Butterlager lag am 23. Mai 2020 um 2845 t unter Vorjahr. Im Vorjahr war das Lager Ende Jahr bekanntlich genau bei null. Es ist also leicht auszurechnen, dass bei einem normalen Verlauf des Milchjahres mehrere Tausend Tonnen importiert werden müssen, sonst haben wir ab Herbst keine Butter mehr. Weil wir aber wissen, dass wegen Corona vieles noch ungewiss ist, haben wir auch nur 1000 t unterstützt. Die Produzenten in der BO Milch haben zudem durchsetzen können, dass 100 % des Mehrwerts, der durch die angekündigte Butter-Preiserhöhung ab 1. Juli entsteht, über höhere Milch- und Rahmpreise den Produzenten weitergegeben wird. Das führt zu einer Preiserhöhung von durchschnittlich 0,8 Rp. Insgesamt haben sich die Milchbauern damit rund 18 Mio. Franken sichern können.
Drücken diese Importe nicht noch zusätzlich auf den Schweizer-Milchpreis?
Diese Importe berühren den inländischen Buttermarkt nicht, sie werden vom Markt problemlos aufgenommen. Es ist auch nicht so, dass der Milchpreis steigen würde, wenn es in den Läden keine Butter mehr gäbe. Im Gegenteil: Die Milchwirtschaft würde an Glaubwürdigkeit verlieren, denn wir alle profitieren letztlich vom strengen Grenzschutz bei der Butter. Diesen Grenzschutz wollen wir nicht aufs Spiel setzen, indem wir leere Butterregale riskieren. Beim Entscheid, massvolle Butterimporte zu unterstützen, hat dieser Gedanke auch eine Rolle gespielt. Die Milchwirtschaft will langfristig ein glaubwürdiger Partner für Politik und Gesellschaft sein.
Laut BOM bleibt der Richtpreis für Molkereimilch des A-Segments für die drei Monate Juli bis September 2020 unverändert. Er wurde bei 71 Rappen pro Kilo franko Rampe festgelegt. Die ausbezahlten Milchpreise sind aber viel tiefer. Für was braucht es eigentlich noch einen Richtpreis?
Der Richtpreis ist und bleibt massgebend bei der Milchpreisfestsetzung unter den Marktpartnern. Ändert der Richtpreis, führt dies immer zu einer entsprechenden Änderung der Milchpreise. Das haben wir zum Beispiel am 1. September 2019 gesehen, als der Richtpreis 3 Rp. stieg. Gleichzeitig stiegen die Preise in den Läden und Preise für die Produzenten. Die hohe Differenz zwischen A-Richtpreis und ausbezahlten Preisen für das A-Segment sehe ich auch als Problem. Es hat damit zu tun, dass das A-Segment, das 80 % der Milchmenge umfasst, ganz viele Untersegmente enthält, wo unterschiedliche Marktpreise erzielt werden. Die Lösung wäre eine Segmentierung A1, A2, A3 und so weiter. Aber wir können die Segmentierung nicht noch komplizierter gestalten als sie es sonst schon ist.
Welche Prognosen stellen Sie bis Ende Jahr auf dem Milchmarkt?
Jetzt eine Prognose aufzustellen, wäre unvernünftig. Denn wir wissen nicht, was in den kommenden Monaten auf uns zukommt. Das Jahr startete hervorragend, was die Verkäufe im In- und Ausland betrifft. Positiv ist zudem, dass der Inlandabsatz mit Molkereiprodukten gestiegen ist. Nur schon im März stiegen die Verkäufe insgesamt um über 10 % gegenüber dem Vorjahr. Joghurts wurden 26,6 % mehr verkauft. Gleichzeitig machen wir uns Sorgen im Exportgeschäft: Es ging viel weniger Käse ins Ausland. Auch aus der Schokoladebranche höre ich bezüglich Exporte sorgenvolle Stimmen. Und was die Preise im Ausland betrifft, gab es einen enormen Einbruch. Ich rechne mit eher schwierigen Zeiten bis Ende Jahr.