Suisselab untersucht auch die Tankmilch auf Antibiotikarückstände. Wie genau?
Laurence Jungo: Vorneweg machen wir auf die Differenzierung zwischen Hemmstoffen und Antibiotika aufmerksam. Als Hemmstoffe werden alle Substanzen bezeichnet, die das Bakterienwachstum beeinflussen. Dazu gehören originäre Hemmstoffe (körpereigene Stoffe) und Fremdstoffe, wie zum Beispiel Antibiotika oder andere Tierarzneimittel, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel oder Futtermittelinhaltsstoffe.
Wie oft wird die Tankmilch untersucht?
Von den Produzenten, welche der öffentlichrechtlichen Milchprüfung unterliegen, werden monatlich jeweils zwei Tankproben geprüft. Die Verordnung des EDI über die Hygiene bei der Milchproduktion (VHyMP)Art. 8 regelt die zu untersuchenden Prüfparameter (Keimzahl, somatische Zellen und Hemmstoffe) sowie deren Grenzwerte.
Wie sehen die Tests im Detail aus?
Suisselab AG arbeitet mit dem BRT-MRL-Suchtest von der Firma AiM und wendet ein zweistufiges Verfahren an. Zuerst wird die Milchprobe vollautomatisch in die mit dem Testkeim geimpfte Kavität der Testplatte und in eine Küvette als Rückstellprobe pipettiert. Anschliessend wird die Testplatte während zirka drei Stunden warm bebrütet. Jede Platte enthält zur Kontrolle eine positive und eine negative Kontrollmilch. Enthält die Milchprobe Hemmstoffe, so werden die Bakterien im Wachstum gehemmt und es findet kein Farbumschlag statt. Dies bedeutet ein Hemmstoff-positives Ergebnis, welches jedoch keine weiteren Informationen zur Art des Hemmstoffs beinhaltet. Liegt ein positiver Befund vor, wird dieser in einem zweiten Schritt validiert: Die Rückstellprobe wird in einer Verdünnungsreihe nochmals in zweifacher Ausführung angesetzt und wieder für zirka drei Stunden bebrütet. Auch hier ist in jeder Verdünnungsreihe eine positive und eine negative Kontrollprobe mit angesetzt. Die Zweitanalyse muss das positive Ergebnis aus der ersten Testreihe bestätigen, das heisst, in der Verdünnung 1:1 muss die Kavität der Milchprobe denselben Farbton aufweisen wie die positive Kontrollprobe. Zusätzlich kann jetzt abgelesen werden, bei welcher Verdünnung die hemmende Wirkung noch zutrifft. Dieser Befund wird der kantonalen Vollzugsstelle gemeldet und es gilt eine Milchliefersperre bis diese von der Vollzugsstelle wieder aufgehoben wird.
Wie schwierig ist es, Antibiotikarückstände in der Milch zu 100 % sicherstellen zu können?
Die Suisselab AG verfügt über keine Analysemethoden um spezifische Antibiotika nachweisen zu können. Es besteht aber die Möglichkeit in einem Partnerlabor in Deutschland einen MCR-A-Test durchführen zu lassen. Mit diesem Test können aktuell 15 der am meisten angewandten Antibiotika in der Milch sowohl qualitativ, als auch quantitativ bestimmt werden. Sollte mit dem Biosensor MCR-A kein Wirkstoff nachweisbar sein, so heisst dies nicht, dass kein Hemmstoff enthalten ist. Das heisst, ein negatives MCR-A-Ergebnis hebt somit das positive BRT-Ergebnis nicht auf. Dies bedeutet vielmehr, dass für diesen Nachweis kein Antikörper vorliegt, oder dass die Konzentration unterhalb des Arbeitsbereichs dieses Tests liegt.
Nun soll es Fälle geben, wo positiv getestete Milchproben bei der Suisselab, bei einer neuen Prüfung in einem anderen Labor negativ sind. Wie ist das möglich?
Ergebnisse aus unterschiedlichen Proben können unterschiedliche Resultate zeigen. Hinzu kommt, dass es unterschiedliche Testsysteme gibt, welche unterschiedliche Nachweisgrenzen aufweisen können. Das heisst, dass Testresultate von ein und derselben Milchprobe, gemessen mit unterschiedlichen Testsystemen im Ergebnis aufgrund der unterschiedlichen Nachweisgrenzen variieren können.
Ein Landwirt konnte beweisen, dass seine durch die Suisselab vermeintlich positiv getestete Tankmilch antibiotikafrei ist. Der Eintrag «Antibiotika-Milch geliefert» bleibt aber bis heute bestehen. Warum?
Wie bereits eingangs beschrieben führt Suisselab keine Antibiotika-, sondern Hemmstofftests durch. Diese reagieren nicht nur auf Antibiotika, sondern auf diverse Hemmstoffe. Zum Eintrag können wir keine Stellung beziehen. Wir sind ein Prüflabor, welches die Werte weitergibt an die Vollzugsstellen. Wir können weder Einträge machen, noch deren Löschung erwirken.
Das Interview wurde schriftlich geführt.