Der Artikel über Hemmstoffnachweise in der Tankmilch hat unter den Leserinnen und Lesern mächtig Staub aufgewirbelt. Auf der Redaktion haben sich darauf etliche Landwirtinnen und Landwirte gemeldet. In Gesprächen kam heraus, dass sie auch schon mit gleichen oder ähnlichen Vorfällen zu tun hatten.
Ein besonderer Fall
Auch Marie Garnier, Direktorin des Westschweizer Milchverbands Prolait, äussert sich am Telefon. «Bei unserem Verband gab es mehrere Milchproduzenten, die mit dem gleichen Problem konfrontiert waren», sagt Garnier. Sie möchte aber nur einen besonderen Fall darstellen: «Bei diesem Produzenten wurde ein Test bei der Suisselab im Rahmen der zweiwöchigen Milchkontrollen durchgeführt», hält Sie fest. Damals wurden auch positive Hemmstoffe deklariert. «Dabei waren alle Käsereitests negativ», sagt Garnier. Nachdem der Produzent das Resultat erhalten hatte, habe er Einsprache gegen die positive Probe gemacht, weil er sicher war, dass er keine Antibiotika eingesetzt hatte. «Er hat mir nur mitgeteilt, dass er ein Insektizid im Stall gebraucht hatte und dieses Produkt eventuell der Auslöser für den Hemmstoffnachweis sein könnte», so die Prolait-Geschäftsführerin. Auf Anraten der Suisselab habe man darauf eine Milchprobe in Deutschland analysieren lassen. Der Test war aber negativ. Suisselab konnte dem Produzenten nur mitteilen, dass die Substanz in der Milch minim und mit der kleinsten Verdünnung nicht mehr feststellbar war.
Viele betroffen
Nicht nur Marie Garnier rief auf die Redaktion an, auch Paul Kropf, Präsident der Käsereigenossenschaft Kreuzweg, hatte eine bewegende Geschichte zu erzählen. «Wir hatten 2019 in unserer Genossenschaft das gleiche Problem mit Hemmstoffen», sagt Kropf. Bei sieben ihrer Milchlieferanten seien damals Hemmstoffe nachgewiesen worden. «Dass konnten wir einfach nicht glauben», erzählt er am Telefon. Tags darauf habe man eine Gesamtmilchprobe beim Cremo-Labor in Thun BE untersuchen lassen. Mit dem Resultat: Alles einwandfrei. «Sie können sich nicht vorstellen, was die betroffenen Bauern damals durchgemacht haben», ärgert sich Kropf heute noch.
Keine Probe
Auch ein Landwirt aus dem Berner Seeland erzählt seine Geschichte, welche er mit verschiedenen Milchproben schon hatte. «Bei einer offiziellen Milchprobe sagt mir einmal der Milchchauffeur, dass er bei mir keine Tankmilchprobe entnehmen könne, weil keine Milch in das dafür vorhandene Fläschchen fliessen könne», so der Landwirt. Er habe sich dabei nicht viel gedacht, erstaunt war er erst, als er zwei Tage später ein offizielles Tankmilchtest-Resultat von der Suisselab bekam. «Da schüttelte ich schon den Kopf, denn ich wusste, dass bei mir keine Probe entnommen wurde, ich aber trotzdem ein Resultat bekam», so der Landwirt.
Wie Schwerverbrecher
Es gab sogar Betriebe, die nach einem positiven Hemmstoffnachweis die Milchproduktion aufgaben. Betroffen war hier ein Betrieb aus dem Kanton Zug. Bei ihm wurden auch Hemmstoffe in der Milch nachgewiesen. «Wir hatten damals gar nie Antibiotika eingesetzt, und als wir versuchten, uns zu wehren, wurden wir von den Beamten wie Schwerverbrecher behandelt», sagt die Bäuerin mit fester Stimme am Telefon. Sie hätten damals schnell gemerkt, dass sie gegen diesen Verwaltungsapparat keine Chance hätten. «Schlussendlich war dies der Ausschlag, dass wir mit der Milchproduktion aufgehört haben», sagt sie mit leiser Stimme.
«Die Produzenten gewinnen selten»
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Marie Garnier ist Geschäftsführerin bei der Prolait und möchte eine Vertrag zwischen Suisselab und den kantonalen Labors.
Sie fordern einen Vertrag zwischen den Kantonlabors und der Suisselab. Warum braucht es diesen?
Marie Garnier: Sie haben in der BauernZeitung von schlaflosen Nächten von Produzenten geschrieben, das hat mich sehr berührt. Man sollte hier genauere Analysen liefern können, einerseits um die Produzenten nicht unnötig zu verunsichern, andererseits um die Fehler nicht zu wiederholen. Der bestimmte Fall, im Zusammenhang mit einem Insektizid, den ich beschrieben habe, wird jetzt durch ein welsches Kantonslabor analysiert. Wenn es ein Abkommen geben würde, könnte die Suisselab gute Bedingungen schaffen, um die Suche nach solchen Substanzen anzubieten oder wenigstens mitzuteilen.
Sie haben nun eine Stellungnahme bei der Suisselab eingereicht. Wie sieht diese im Detail aus?
Ich habe vorgeschlagen, dass Suisselab eine Liste der Labors, die solche Analysen machen können, weitergibt oder selber gewisse Analysen im Auftrag zu einem günstigen Preis durchführen lässt. Es ist nämlich bedauernswert, dass die Produzenten sehr selten einen Rekurs gewinnen. Diese Verhältnisse verursachen nicht nur hohe Kosten für den Produzenten, sie sind auch schädlich für die Beziehung zwischen ihnen und den Milchkäufern. Ich habe auch Suisselab mitgeteilt, dass die Kosten besser beherrscht werden sollten, und dass es dabei keine Restkosten geben müsste. Interview (schriftlich) pf