Die Zusatzzölle auf in die USA exportierten Schweizer Produkten verteuern den Käse. Die Verkaufsmengen könnten zurückgehen, was ein grösseres Angebot im Inland bedeuten würde. Daraus Butter zu machen, wäre eine Möglichkeit, den Markt zu entlasten. «Die Situation ist nach dem Entscheid von Donald Trump derart angespannt, dass wir nicht darum herumkommen, den Milchfettmarkt kurz, aber stark zu regulieren», erklärt Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM). Die definitiven Entscheide zum weiteren Vorgehen werde die BOM Ende August fällen, «die Anträge werden derzeit ausgearbeitet.»
Milchpreis halten
Es sei wahrscheinlich unumgänglich, Butter zu exportieren, findet Pirmin Furrer, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP). «Ansonsten haben wir einen negativen Effekt auf den Milchpreis – und das will niemand von uns», gibt er zu bedenken. Die Hoffnung sei, durch die Butterexporte den Markt zu bereinigen. Ob es zu Milchpreissenkungen kommen wird, kann Furrer derzeit nicht sagen, «die Diskussionen laufen noch.»
Er betont aber, dass alle Akteure zur Marktbereinigung beitragen müssten. Ausserdem geht Furrer nach wie vor nicht davon aus, dass die US-Zölle bereits in diesem Jahr Einfluss auf den Richtpreis haben werden.
Bei der Migrostochter Elsa heisst es auf Anfrage, der aktuelle Produzentenpreis werde «voraussichtlich» in der nächsten Zeit stabil bleiben.
Keine weiteren Abzüge
Der Hauptteil der finanziellen Mittel für die Exportstützung von Butter und Rahm zur temporären Milchmarktentlastung werde aus dem bereits bestehenden Fonds Regulierung bezahlt, führt Stefan Kohler aus. «Es braucht dafür keinen zusätzlichen Einzug bei den Produzenten, der Fonds ist gut alimentiert.» Trotzdem wird der vom US-Präsidenten losgetretene Sturm nicht ganz spurlos an den Milchbäuer(innen) vorbeiziehen. «Ich gehe heute davon aus, dass für ein paar wenige Monate C-Milch gehandelt wird», sagt der BOM-Geschäftsführer. Der C-Preis werde über die Fondsbeiträge aber stark gestützt, sodass der Milchpreis für diese C-Milch in die Nähe des B-Preises komme. «Es bleibt also noch eine Differenz von ein paar Rappen gegenüber dem B-Preis», beruhigt Kohler. Wie die Exporteure von Milch und Rahm die von der BOM ausbezahlte Exportstützung in ihre jeweiligen Milchpreise einbauen, werde unterschiedlich gehandhabt – je nachdem, welches Milchpreissystem die Unternehmen haben und ob es sich um einen Erst- oder Zweitmilchkauf handelt.
Mooh-Präsident Martin Hübscher beurteilt den Schritt zu C-Milch in der aktuellen Situation als angemessen. «C-Mich ist verpönt», ist er sich bewusst, «aber sie hilft, die Preise für A- und B-Milch zu halten.» Wichtig sei die Solidarität unter den Verarbeitern, auch wenn niemand gerne C-Milch handle. «Sonst funktioniert die Segmentierung nicht», erinnert Hübscher. Für die Produzenten sei es besser, einen gewissen C-Milch-Anteil als einen tieferen Milchpreis auf der gesamten Menge zu haben.
Eigentlich gesunder Markt
«Es ist genau die Absicht der BOM, aufgrund einer einmaligen und temporären Überschusssituation mit Massnahmen zu intervenieren, damit keine Preissenkungen nötig sind», versichert Stefan Kohler. Sollte sich mittel- und langfristig der Markt aber nicht beruhigen, gehe er von Anpassungen bei den Produzentenpreisen aus. «Es herrscht viel Unsicherheit, auch im Bereich der Schokolade», sagt Martin Hübscher zur derzeitigen Lage. Die Zölle seien das eine und beträfen nur die Rohprodukte, der tiefe Dollarkurs verteuere Exportware im amerikanischen Markt aber zusätzlich. «Niemand will aktuell mehr Lager aufbauen.»
Abgesehen von dieser schwierigen Situation im Zusammenhang mit den US-Zusatzzöllen sei der Milchmarkt allerdings gesund, so Stefan Kohler. «Schweizer Milchprodukte waren im In- und Ausland gesucht», schildert er. Das widerspiegeln auch die Zahlen von Agristat. Der statistische Dienst des Schweizer Bauernverbands hält fest, dass die aktuelle Ausgangslage für die Milchproduktion mit Blick auf die vergangenen Monate vergleichsweise gut sei: «Stabile Produktionsmenge, abnehmende Butterlager, saisonal bereinigt eher steigende Preise und ein vergleichsweise hohes Preisniveau auf dem internationalen Milchmarkt.» Die grosse Unbekannte ist der tatsächliche Schaden, den der US-Zollhammer anrichten wird.
Andere Wege ins Ausland und Alternativen zu den USA
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Wie jedes Jahr informiert Lidl dieser Tage über seine Exportzahlen. Der Detailhändler bietet Schweizer Produkte in seinen Filialen im Ausland an und verzeichnet ein «Rekordwachstum» beim Käse-Export. So habe man 2024 seit Markteintritt vor 15 Jahren den stärksten Anstieg registriert. Das Volumen sei im Vergleich zum Vorjahr um 1000 t gewachsen, auf insgesamt 4021 t.
«Effiziente Abwicklung»
Im Vergleich zu den Gesamtexporten von Schweizer Käse – laut Switzerland Cheese Marketing rund 79 000 t im Jahr 2024 – scheint das wenig. Aber das Modell biete klare Vorteile für Schweizer Produzenten, erklärt Lidl-Sprecherin Vanessa Meireles: «Sie erhalten Zugang zu internationalen Märkten, es gibt eine effiziente Exportabwicklung über einen zentralen Ansprechpartner und einen einheitlichen Logistikanlieferpunkt in Deutschland für alle Lidl-Länder.» Das vereinfache die Prozesse erheblich im Vergleich zu einer individuellen Belieferung von über zwei Dutzend Ländern. Ziel sei es, Schweizer Produkte – insbesondere Spezialitäten wie Käse – in den Regalen der internationalen Lidl-Filialen zu platzieren.
Am meisten Schweizer Käse exportiert Lidl nach eigenen Angaben nach Deutschland, in die Niederlande, nach Rumänien, Spanien und Ungarn. Im vergangenen Jahr seien in mindestens 27 «Lidl-Ländern» Schweizer Produkte angeboten worden, saisonal oder auch ganzjährig. Appenzeller, Gruyère AOP und Bio-Hüttenkäse seien besonders gefragt, bei Schweizer Raclette und High-Proteinprodukten bestehe ein «erfreuliches Wachstum.» Neben Käse exportiert Lidl Rösti (550 t) und 2024 erstmals rund 50 t Schweizer Salatsauce. «Sowohl Lidl Schweiz als auch andere Lidl-Länder verzeichnen hohe Wachstumsraten», sagt Vanessa Meireles. Mit der Expansion in neue Märkte – zuletzt etwa Bosnien und Herzegowina – steige das Potenzial weiter.
Aldi Schweiz ist zwar ebenfalls ein international agierender Detailhändler, aber nicht im Export tätig. «Unser Fokus liegt auf der Schweiz», heisst es bei der Medienstelle.
Hingegen engagiert sich die Mooh-Genossenschaft mit ihrer Tochterfirma Swissmooh im Export von Schweizer Milchprodukten. «Am beliebtesten sind Halbhart- und Hartkäse sowie Mozzarella-Produkte», erläutert Mooh-Kommunikationsleiterin Gabriela Hess. Es handle sich beispielsweise um Käse-Sticks aus Switzerland Swiss für Kinder oder Mozzarella-Herzen.
Fokus auf China
«Unser aktuelles Zielland ist China», so Hess weiter. Swissmooh konzentriere seine sehr beschränkten Ressourcen aktuell auf diesen Markt, aber auch dort sei eine sehr gedämpfte Konsumentenstimmung spürbar. «Die Bereitschaft, für teure Lebensmittel Geld auszugeben, hat deutlich abgenommen.» Weiter verteuere der schwache Dollar die Exporte zusätzlich, da die chinesische Währung praktisch an den US-Dollar gekoppelt sei. Für die Vermarktung ist Swissmooh laut Hess mit einem eigenen Team vor Ort präsent und verfüge entsprechend über eine hohe Marktkompetenz. «Swissmooh ist ein zusätzlicher Absatzkanal für Käse aus Mooh-Milch in einem nach wie vor deutlich wachsenden Markt», fasst die Kommunikationsleiterin zusammen. Mit dem eigenen Export gewinne die Genossenschaft zudem weiter an Marktkompetenz.
Und: «Ohne Swissmooh müsste für noch mehr Milch eine Verwertungsmöglichkeit gefunden werden.» Wie es sich aktuell auf dem Schweizer Milchmarkt als Folge der US-Zölle abzeichnet.