Die Verkäsungszulage von 10,5 Rappen pro Kilogramm Milch und die Siloverzichtszulage von 3 Rappen will der Bund ab 1. Januar 2021 direkt den Milchbauern ausbezahlen. Bisher gehen beide Zulagen an die Käsereien und Molkereien, welche das Geld an die Milchbauern weiterleiten. Auch die Bauerngewerkschaft Uniterre begrüsst den Vorschlag des Bundes, wie sie in einer Mitteilung von letzter Woche kundtat. Die Käsereimilch-Produzenten wünschen sich aber keinen Systemwechsel. Die Folge wäre nur, dass ein allgemeiner Preiszusammenbruch auf dem Milchmarkt herbeigerufen würde.

Kommt nicht gut an

Auch bei den Schweizer Milchproduzenten (SMP) kommt der Vorschlag des Bundes und die Forderungen der Uniterre nicht gut an: «Die SMP haben die Vor- und Nachteile eingehend analysiert und sind zum Schluss gekommen, dass es Verschiebungen im Milchmarkt geben könnte und wegen den dadurch entstehenden zwei unterschiedlichen Preisen (Käserei- und Molkereimilch) auch Druck auf die Milchpreise», sagt Reto Burkhardt, Leiter Kommunikation der SMP. Auch politische Risiken wie die Öffnung der weissen Linie und die Anrechnung der beiden Zulagen als Direktzahlungen wären laut der SMP wichtige Punkte, um den Systemwechsel zu bekämpfen.

Nettomilchpreis sinkt

Bisher wurden die Milchpreise sowohl bei der Käserei- wie auch der Molkereimilch inklusive der Zulagen vereinbart (z.B. Milchpreis inkl. Verkehrsmilchzulage + VKZ + SVZ = Milchpreis). «Wenn nun die Zulagen direkt zum Produzenten gehen, sinkt der Nettomilchpreis für den Käser», befürchtet Reto Burkhardt. Dies könne dazu führen, dass die Käseeinkäufer (Detailhändler, Industrie, Importeure …), Druck auf die Käsepreise machen würden. «In diesem Sog der Käsereimilch würde logischerweise auch die Molkereimilch unter Druck geraten», ist sich der Kommunikationsverantwortliche sicher. Dieser Druck auf die Preise müsse unbedingt verhindert werden. Im Gegenzug ist die Uniterre der Ansicht, dass mit dem heutigen System ein grosser Teil der Zulagen die Milchproduzenten gar nicht erreichen würden. «Mit einem Systemwechsel würde wohl die Transparenz ein wenig erhöht», sagt Burkhardt. Aber: «Der Produzent könnte zwar besser nachvollziehen, welche Wertschöpfung im Markt generiert wird, hätte dabei allerdings das Risiko von tieferen Preisen», hält der SMP-Sprecher fest. Eine Analyse habe zudem ergeben, dass das heutige System mit einer Auszahlung über die Verarbeiter gut funktioniere und die Zulagen über die Milchgeldabrechnung grundsätzlich bei den Produzenten ankomme.

Streitet es nicht ab

Die Uniterre streitet es nicht ab, dass zahlreiche kleine Käsereien die Zulagen ordnungsgemäss ­direkt an die Produzenten auszahlen würden. Bei einigen Grossbetrieben, mittels undurchsichtiger Kaufverträge, diese nach wie vor umgehen würden, schreibt die Gewerkschaft. «Schaut man die Analyse der Kritiker an, sieht man, dass diese von einer Öffnung der weissen Linie ausgehen: Das ist ja wohl nicht das erwünschte Szenario», hält der SMP-Sprecher fest.

Stehen nicht alleine da

Mit ihrer Forderung, dass man keinen Systemwechsel will, stehen die Käserei-Milchproduzenten nicht alleine da: «Unter Einbezug verschiedenster Akteure hat die SMP eine Analyse gemacht», bestätigt Reto Burkhardt. An zwei Vorstandssitzungen wurden jeweils die Resultate besprochen und man war sich Einig: «Alle regionale Mitglieds- und Produzentenorganisationen stehen hinter der Position der SMP», hält er fest. Von verschiedenen Verbänden und Akteuren hört man auch, dass sich das bisherige System bewährt habe, die Finanzflüsse seien transparent und würden vom Bund auch regelmässig kontrolliert.

Im Jahr 1999 eingeführt

Im Jahr 1999 wurde die Verkäsungszulage eingeführt. Sie hatte das Ziel, die Wettbewerbs-fähigkeit zu verbessern, die Milchproduktionsmenge für die Käseproduktion zu erhalten sowie die staatlichen Ausgaben zu verringern. Ob der Bund an einem Systemwechsel festhält oder nicht, wird frühestens im Herbst entschieden. Viel wichtiger ist es, dass die Zulagen beibehalten werden. Denn: «Die Verkäsungs- und Siloverzichtszulagen erlauben es, die Schweizer Käse zu konkurrenzfähigen Preisen herzustellen», sagt Reto Burkhardt. Insbesondere helfe es, das gegenüber der EU sehr hohe Kostenumfeld bei offenen Grenzen auszugleichen. «Selbst mit den Zulagen haben Schweizer Käse einen schweren Stand und konkurrieren, als Premiumprodukte im Hochpreissegment, im europäischen Markt mit einer Vielzahl an Käsesorten», hält der Mediensprecher fest.

Keine Streichung erwünscht

Dank den Zulagen konnte der Preisunterschied zur EU immer bei rund 20 Rp. eingehalten werden. Eine Aufgabe der Zulagen wäre faktisch ein Verrat an den Marktakteuren und vor allem an den Milchproduzenten. Eine Streichung würde zudem den Erlös aller Milchproduzenten auf oder gar unter EU-Niveau drücken. «Das wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ende der Schweizer Milchproduktion», ist Burkhardt wie auch die SMP überzeugt.