Die Milchwirtschaft steht immer mehr im Fokus des öffentlichen Interesses. Das Einhalten von Recht und Gesetz, ob im Tierschutz oder bei der Lebensmittelsicherheit, ist unabdingbar. So werden nicht nur alle vier Jahre die Milchviehbetriebe von einem kantonalen Milchinspektor auf die hygienischen Anforderungen überprüft, sondern die Milchbranche selber organisiert und koordiniert zusätzlich die eigentlichen Milchprüfungen.

Klare Vorgaben

Die Milch entspricht den Anforderungen, wenn die Keimzahl 80 000 Keime und die Zellzahl 350 000 Zellen pro ml Milch nicht übersteigt. Beim Hemmstoffnachweis muss jede Probe negativ sein. Entspricht die geprüfte Milch diesen Anforderungen nicht, wird je nach Resultat eine Beanstandung oder eine Milchliefersperre ausgesprochen. Die Milchsperre wird jeweils vom kantonalen Veterinäramt verhängt. Die Milchliefersperre wird verfügt, wenn bei der Keimzahl drei Beanstandungen innert vier Monaten, bei der Zellzahl vier Beanstandungen innert fünf Monaten vorliegen und beim Hemmstoffnachweis bei jeder positiven Probe.

Im Kanton Aargau: Letztes Jahr verhängte der Kanton Aargau zehn Milchliefersperren. «Dieses Jahr hatten wir bis jetzt dreiFälle», sagt Barbara Tühr, Aargauer Kantonstierärztin. Bei all den Milchliefersperren handle es sich nicht nur um Hemmstoff-positive, sondern auch um Fälle mit zu hohen Zell- oder Keimzahlen. Die Milchliefersperren sprechen die Kantone aber nicht eigenmächtig aus, erst wenn bei der Verkehrsmilch ein Qualitätsmerkmal durch das Labor Suisselab in Zollikofen festgestellt wird, informieren diese die zuständigen kantonalen Vollzugsbehörden. «Nach Eingang der Meldung von Suisselab wird durch eine amtliche Fachperson des Veterinärdienstes Kontakt mit der Landwirtin oder dem Landwirt aufgenommen und über die Sperre informiert», hält Tühr fest. Die amtliche Fachperson vereinbart einen Termin, um eine neue Tankmilchprobe zu nehmen. «Sofern das Untersuchungsresultat der Probe wieder negativ ist, kann die Sperre aufgehoben werden», sagt die Aargauer Kantonstierärztin. Da es sich bei den positiven Hemmstoffnachweisen oft um kurzfristige Fehler bei der Milchgewinnung handle, seien die zweiten, durch den Veterinärdienst entnommenen Proben, in sehr vielen Fällen bereits wieder negativ.

Im Kanton Luzern: Auch im Kanton Luzern kommt es jedes Jahr zu Milchliefersperren. Letztes Jahr waren es 25, 2019 21 und dieses Jahr gab es bisher sieben Fälle. «Hierbei handelt es sich aber nur um den Anteil Sperren, welche aufgrund eines Hemmstoffnachweises in der Tankmilch ausgesprochen werden mussten», sagt Martin Brügger, Luzerner Kantonstierarzt, auf Anfrage. Brügger bestätigt, dass die kantonale Vollzugsbehörde nur dann eine Milchliefersperre verhänge, wenn ein Qualitätskriterium verletzt werde und ihnen die Suisselab dies auch melde.

Unterstützung für Betroffene

Um die betroffenen Landwirte möglichst schnell zu unterstützen, wird noch gleichentags nach Eingang der Meldung von Suisselab der Betrieb durch eine amtliche Fachperson des Veterinärdienstes Luzern besucht, um eine neue Tankmilchprobe zu entnehmen. «Anlässlich dieses Besuches wird versucht, die Herkunft der Hemmstoffe zu klären, was meist auch gelingt», hält Martin Brügger fest. Die entnommene Probe werde untersucht und das Ergebnis liege in der Regel schon gleichentags oder spätestens am folgenden Tag vor. «Sofern es wieder negativ ist, kann die Sperre aufgehoben werden», bestätigt der Kantonstierarzt. Da es sich in der Regel um Fehler bei der Milchgewinnung handle, die sich nur kurzfristig auswirken, fallen die bei der Überprüfung durch den kantonalen Veterinärdienst entnommenen Proben in sehr vielen Fällen bereits wieder negativ aus. «Damit die Milchliefersperre wieder aufgehoben werden kann, muss die Tankmilch die Qualitätsanforderungen gemäss Artikel 8 Absatz 2 VHyMP erfüllen», so Brügger. Konkret muss die Tankmilch einen negativen Hemmstoffnachweis erbringen.

Im Kanton Bern: Auch im grössten Agrarkanton der Schweiz werden jährlich durch das Amt für Veterinärwesen (Avet) rund achtzig Milchliefersperren wegen Hemmstoffnachweisen und etwa fünf Milchliefersperren wegen zu hoher Keim- oder Zellzahl verhängt. «In seltenen Fällen muss die Milchliefersperre verfügt werden, wenn auf einem Betrieb schwerwiegende Hygienemängel rund um die Milchgewinnung festgestellt werden», sagt der Berner Kantonstierarzt Reto Wyss. Bei einer Milchliefersperre werde im Gespräch nach der Ursache für die Kontamination der Milch gesucht. Dabei werden oft mögliche Gründe gefunden, an die der Produzent oder die Produzentin im ersten Moment nicht gedacht hätten. «Die Suche nach der Ursache ist wichtig, damit sich eine solche Kontamination nicht wiederholt», so Wyss. Dabei unterstütze das Avet die Produzentin oder den Produzenten dabei, zeitnah und in der näheren Umgebung eine Möglichkeit zu finden, um eine erneute Milchprobe auf Hemmstoff untersuchen zu lassen. «Die Untersuchung ist in der Regel noch am selben Abend möglich, so dass die Milchliefersperre bei einem negativen Testresultat meist noch vor der nächsten Milchablieferung wieder aufgehoben werden kann», sagt Wyss. Denn bei einem Hemmstoffnachweis sei die Ursache meist eine Unachtsamkeit im Umgang mit antibiotikahaltigen Tierarzneimitteln oder mit kontaminierter Milch von behandelten Tieren.

Mängel schnell beheben

Im Kanton Zürich: Hier gab es 2019 nur wegen der Hemmstoffnachweise 15 Milchliefersperren. Auch im Kanton Zürich wird im Rahmen einer Milchliefersperre durch das Veterinäramt sofort der Kontakt gesucht. Im Rahmen des Gespräches werden mögliche Gründe für die Beanstandung diskutiert, um die bestmöglichen Voraussetzungen für eine selbstständige und möglichst rasche Mängelbehebung durch den Produzenten zu schaffen. «Es liegt dann aber in der Verantwortung des Lebensmittelproduzenten, diese Mängelbehebung schnellstmöglich umzusetzen», sagt Mona Neidhart vom Zürcher Veterinäramt.