Die gemeinsame Marktentlastung ist organisiert, aber die Erstmilchkäufer in der Schweiz haben sich nicht auf eine gemeinsame Finanzierungslösung zur Reduzierung des Butterüberschusses einigen können. Trotzdem bleibt der Milchmarkt stabil und der Verband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) zeigt sich erleichtert, dass es keine C-Milch gibt. Das ist der Westschweizer Zeitung «Agri» zu entnehmen.
Was war geplant?
Im November 2024 beschloss die Branchenorganisation Milch (BOM) verschiedene Massnahmen, um die Überschüsse abzubauen. Konkret sollten:
- Butter: maximal 1500 Tonnen Butter von den Unternehmen Emmi, Cremo, Züger, Frischkäse und Imlig exportiert werden.
- Rahm: maximal 1500 Tonnen Rahm durch die Genossenschaft Mooh und Arnold Produkte AG ins Ausland verkauft werden.
- 1 Rappen Zuschlag: Milchabnehmer der ersten Stufe von März bis Mai 2025 einen Zuschlag von 1 Rappen pro Kilogramm Milch zahlen, um die Kosten für die Butterexporte zu decken.
Keine Einigung
Um die Stimmung in der Branche zu erfassen, wurde durch die IG Milchproduzenten der Branchenorganisation Milch (BOM) eine Umfrage unter den Erstmilchkäufern durchgeführt. 27 von 50 Unternehmen, die insgesamt 97 % der Milchmenge einkaufen, antworteten. Davon unterstützten 85 % die geplanten Massnahmen.
Trotzdem scheiterte die gemeinsame Zusatzfinanzierung von rund einem halben Rappen über drei Monate, auch wenn sich inzwischen die Marktlage etwas verbessert hatte und ein Export in vollem Umfang der geplanten 3000 Tonnen nicht mehr erforderlich war, um die Marktstabilität zu gewährleisten. Es gab zu wenig Einigkeit zwischen den Erstmilchkäufern auf Stufe Produktion und Verarbeitung. Während Emmi, Mooh und Arnold Produkte AG 2000 Tonnen Rahm und 680 Tonnen Butter ins Ausland verkauften, hielten andere Unternehmen nicht mit. Dies führte dazu, dass die geplante solidarische Zusatzfinanzierung bei den Milchproduzenten fallengelassen wurde.
Folgen für die Branche
SMP-Direktor Stephan Hagenbuch bedauert diese Entwicklung bei der Finanzierung: «Die Unternehmen, die diesmal mitgemacht haben, werden sich in Zukunft zweimal überlegen, ob sie sich an solchen Aktionen beteiligen.» Dennoch sieht er auch Positives: «Wir konnten verhindern, dass C-Milch auf den Markt kommt. Das ist sehr wichtig.»
Seit Ende 2024 hat sich die Butterproduktion verringert – etwa 100 Tonnen weniger pro Woche als im Vorjahr. In der vierten Januarwoche 2025 betrugen die Buttervorräte noch 4455 Tonnen. Falls dieser Trend anhält, rechnet die BOM bis Ende März 2025 mit einem Bestand von rund 4000 Tonnen, was als ausgeglichen gilt.
Kritik an der Finanzierung
Die Bauerngewerkschaft Uniterre kritisierte, dass von den Milchproduzenten eine Abgabe von 1 Rappen pro Kilo Milch verlangt wurde, während gleichzeitig die Schweizer Regierung zwischen 2020 und 2023 5,6 Millionen Franken durch Zolleinnahmen aus Butterimporten einnahm. Uniterre und andere (ZMP, Mittellandmilch usw.) fordern, dass dieses Geld zur Unterstützung der Exportmassnahmen verwendet wird.
SMP-Direktor Hagenbuch steht einer solchen Lösung sehr positiv gegenüber. Allerdings weist er darauf hin, dass dafür Anpassungen in der Agrarpolitik 2030 notwendig wären.
Ein Blick auf den Buttermarkt
Der Schweizer Buttermarkt bleibt analog 2024 von einer angespannten Situation geprägt. Ende November lagen die Butterlagerbestände bei über 5000 Tonnen. Die aktuelle Überproduktion von Butter in der Schweiz ist eng mit der Schokoladenindustrie verknüpft. Schweizer Schokoladehersteller benötigen für ihre Produkte grosse Mengen an Milchfett, das in Form von Butter oder Rahm bereitgestellt wird. Um den Bedarf der Schokoladenproduktion zu decken, wurde in den vergangenen Jahren vermehrt Butter importiert. Diese zusätzlichen Importe trugen dazu bei, dass die inländischen Butterlagerbestände anwuchsen und schliesslich ein Überangebot entstand.
Gleichzeitig blieb der Pro-Kopf-Gesamtverbrauch von Milchprodukten in der Schweiz stabil bei über 350 Kilogramm, während der Konsum von Trinkmilch zurückging und die Nachfrage nach Milchmischgetränken sowie proteinangereichertem Quark zunahm.
«Allfällige Diskussionen um mögliche Butterimporte werden noch härter geführt»
Herr Hagenbuch, wer sind denn diese schwarzen Schafe?
Stephan Hagenbuch: Die notwendige Mehrheit unter den Erstmilchkäufern in Produktion und Verarbeitung wurde nicht erreicht, um eine gemeinsame Entlastung durchzuführen. Dieses Ergebnis wollten wir zurückspiegeln und nun schauen wir konstruktiv vorwärts und führen den Diskurs bilateral. Niemand bestreitet allerdings die Notwendigkeit dieser Marktentlastung.[IMG 2]
Sehen Sie angesichts der Uneinigkeit unter den Erstmilchkäufern konkrete Massnahmen, wie in Zukunft eine breitere Zusammenarbeit bei solchen Marktstabilisierungs-Aktionen gewährleistet werden kann?
Auf dem Markt sind wir in der Branche immer auch pragmatisch unterwegs. Allerdings wird sich schon die Frage stellen, wer in der Branche legitimiert ist, in Zukunft über Regulierungsmassnahmen zu befinden. Bei einem Überangebot geht es um Marktentlastungen, bei Unterversorgung um Butterimporte. Auch die Frage nach der Verwendung der Mittel über die Abschöpfung bei den Butterimporten stellt sich.
Obwohl die Überproduktion von C-Milch verhindert wurde, ist die Entscheidung gegen die Abgabe von 1 Rappen pro Kilo Milch eine kritische Wendung. Welche Alternativen sind denkbar, um eine ähnliche Situation zukünftig zu vermeiden?
Achtung: Es ging um rund einen halben Rappen über drei Monate. Allfällige Diskussionen um mögliche Butterimporte werden in Zukunft sicher noch härter geführt und die Prozesse werden überprüft. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass es auf dem kleinen Schweizer Markt immer wieder ein Wiedersehen unter den Marktpartnern «bei Philippi» gibt. Nachdem einzelne Marktpartner einerseits in Vorleistung gegangen sind, ist andererseits die Motivation bei andern gesunken.
Sie haben die Verringerung der Butterproduktion als positiv gewertet. Glauben Sie, dass diese Entwicklung ausreicht, um den Markt langfristig im Gleichgewicht zu halten, oder sehen Sie noch weitere Risiken?
Mit den beschlossenen Massnahmen sehen wir das zurzeit kurzfristig positiv. Der Käseexport sowie die «Schoggigesetz-Exporte» haben wieder positiv angezogen, sodass es auch weniger Butter gibt. Eine gute Marktbeurteilung muss allerdings jeden Monat aktualisiert werden.
Die Kritik von Uniterre bezüglich der Zolleinnahmen der Schweizer Regierung zwischen 2020 und 2023 ist nicht unerheblich. Wie stehen Sie zu einem möglichen Einsatz dieser Mittel zur Unterstützung der Exportmassnahmen? Glauben Sie, dass dies eine praktikable Lösung für die Branche wäre?
Ja, das wäre sicher eine gute Entwicklung für die Milchbranche. Dies wurde mit der AP 2014 leider damals abgeschafft.
Sollte der Butterüberschuss wieder ansteigen, was wären die ersten Schritte, die Sie und die BOM unternehmen würden, um zu verhindern, dass die Situation erneut eskaliert?
Wir machen bei den Produzenten und in der Branche laufend eine Analyse, wo wir auf dem Markt stehen, und wenn notwendig, leiten wir die Diskussionen zu Massnahmen ein.
Angesichts der gescheiterten gemeinsamen Zusatzfinanzierung – welche Lehren ziehen Sie aus dieser Erfahrung und wie könnte die SMP ihre Kommunikation und Koordination mit den Milchabnehmern in der Zukunft verbessern?
Man darf nicht vergessen, dass die Stabilisierung des Marktes gelungen und eine Basis-Finanzierung in der BOM gesichert ist. Es ist immer eine Frage, auf welchem Niveau Marktentlastungen vorzunehmen sind, um keinen oder weniger Druck auf dem Normalmarkt zu erzeugen. Diese Diskussion wird auch in Zukunft im konkreten Fall mit den Marktpartnern geführt werden müssen. Es ist scheinbar aktuell einfacher, über die Branche 5 Rappen für Massnahmen vorzusehen, als 0,5 Rappen über alle Erstmilchkäufer.