Der Wochenmarkt auf dem Bürkliplatz in der Stadt Zürich ist eine Attraktivität, die kaum wegzudenken ist. Er versorgt die Bevölkerung mit frischen und lokalen Lebensmitteln, zum Beispiel mit Obst der Familie Mörgeli aus Aesch. Das ist seit über 50 Jahren eine Familientradition, und soll weitergeführt werden.
«Wir haben investiert»
«Unser Sohn Markus hat 2022 den Hof übernommen und wir haben eine neue Obstanlage gepflanzt», erzählt Petra Mörgeli. Der Betrieb sei ausgerichtet auf Direktvermarktung, auf den Marktstand am Bürkliplatz und jenen auf der Gemüsebrücke.
Schräg vis-a-vis von Mörgelis Stand ist jener von Bio-Landwirt Samuel Traub aus Stetten. Seine Familie geht seit 40 Jahren auf den Bürkliplatz-Markt. Der junge Familienvater, das zweite Kind ist unterwegs, erwirtschaftet 70 Prozent des Umsatzes auf dem Bürkliplatz.
Die Umbaupläne der StadtZürich für den Bürkliplatz sind für Mörgelis und Traubs sowie alle dortigen Marktfahrer existenzgefährdend. Im Rahmen derGesamterneuerung des Bürkliplatzes will die Stadt den Baumbestand von heute 74 auf 99 Bäume erhöhen. Für die neu gepflanzten Bäume sollen grössere und zusammenhängende Baumgruben erstellt werden.
Schlaflose Nächte
Der Start der Umbauarbeiten ist für Ende September 2024 geplant. Das und die geplante Platzgestaltung verursachen bei den Marktfahrern schlaflose Nächte. «Für viele Marktfahrer, fast ausschliesslich kleine Familienbetriebe, geht es ums nackte Überleben», sagt Samuel Traub. Und Petra Mörgeli fügt hinzu: «Deshalb kämpfen wir mit dem Mut der Verzweiflung.»
Sie wehren sich mit einer Petition «Für einen blühenden Bürkli-Märt». Beide sind im Vorstand der Vereinigung Marktfahrer Zürich (VMZ), ihre Stimme hat Gewicht. An jedem Stand liegen Unterschriftenbögen auf. Mörgeli (Präsidentin VMZ) und Traub standen am Wochenmarkttag Mitte Februar aber nicht hinter ihren Ständen, sondern informierten im Bürkliplatz-Pavillon die Kundschaft direkt. In der Petition formulieren sie ihren Unmut und stellen Forderungen.
- Erstens seien Umfang und Zeitdauer der Sanierung sehr viel grösser als zu einem früheren Zeitpunkt kommuniziert.
- Zweitens erlaube die zukünftige Platzgestaltung keinen geordneten, effizienten Marktbetrieb mehr, da die Gassen zwischen den neuen Baumreihen zu eng werden.
- Drittens sei die Frage nach der Übergangslösung während der Bauphase nicht zufriedenstellend gelöst.
Die Marktfahrer fordern eine existenzsichernde Übergangslösung. So soll die Bauzeit von 15 auf zehn Monate verkürzt werden und die Umbauarbeiten sollen etappenweise erfolgen. Auch sollen der Markt auf den Münsterhof und die angrenzenden Gassen verlegt werden – und nicht auf die Fraumünsterstrasse wie es die Stadt vorschlägt. Mit dem Münsterhof blieben die Kundenparkplätze erhalten. «Da der Markt weiterhin in der Nähe des Bürkliplatzes stattfände, könnte die Kundenfrequenz auch einigermassen aufrechterhalten werden», gibt Petra Mörgeli zu verstehen.
Logistischer Alptraum
Geht die Stadt nicht auf die Vorschläge und Forderungen der Marktfahrer(innen) ein, und es bleibt mit der Verlegung auf die Fraumünsterstrasse, so fordert die Vereinigung von der Stadt eine Entschädigung für erlittene Umsatzeinbussen. [IMG 2] Ein Lichtblick bei der Wiederöffnung des sanierten Platzes ist auch nicht in Sicht. Die neue Platzgestaltung schafft massive Probleme. «Die von der Stadt erstellte Markteinteilung in 5,5 m enge Gassen ist nicht praktikabel», sagt Samuel Traub. Die meisten Stände hätten eine Tiefe von 4 m. Mit den übrig bleibenden 1,5 m sei die Zufahrt sowie der Auf- und Abbau der Marktstände schlicht weg nicht möglich. Jeder Stand behindert quasi den anderen.
Alternativen gibt es
Die Marktfahrer Vereinigung schlägt mit ihrer Petition auch eine alternative Platzgestaltung vor. Dieser Vorschlag trage den Bedürfnissen der Marktfahrerinnen und Marktfahrer in Bezug auf ihre Standplätze Rechnung und berücksichtige Kundenfluss, Zu- und Ausfahrtswege sowie Rangierflächen.
«Auch in unserer Variante würde Baumbestand aufgestockt, aber nicht wie von der Stadt quasi zugepflanzt und mit überdimensierten Baumgruben», sagte Samuel Traub und zeigt auf die weissen Kreise am Boden. «Als Hauptbenützer der Stadthausanlage am Bürkliplatz mit über 100 Markttagen pro Jahr ist uns bei der Platzgestaltung dem Wochenmarkt Priorität einzuräumen», findet Petra Mörgeli.
«Für einen blühenden Bürkli-Märt»
Über die Pläne für die Neu-gestaltung des Bürkliplatzes wurden die Marktfahrer am 1. Dezember 2023 informiert – drei Tage vor der Öffentlichkeit. «Wir waren wie vor den Kopf gestossen», sagt Petra Mörgeli, Präsidentin der Marktfahrer Vereinigung. Ihr Vorstandskollege Samuel Traub doppelt nach: «Obwohl wir wiederholt das Gespräch gesucht haben, wurden wir zu keinem Zeitpunkt in die Aus-arbeitung der Pläne involviert.»
Ihre Petition «Für einen blühenden Bürkli-Märt!» findet breite Unterstützung. «Die Kundschaft steht hinter uns Marktfahrern», sagt Mörgeli. In den nächsten Wochen läuft die Unterschriftensammlung weiter. Voraussichtlich noch vor Ostern werden die Marktfahrer die Petition der Stadt überreichen.
Traub hofft auf ein gutes Ende und Gesprächsbereitschaft: «Bisher sind alle Pläne nur auf dem Papier am Schreibtisch entstanden. Das kann man ändern.»
