Für seine Semesterarbeit startete HAFL-Student Florent Gerbex eine Umfrage, die sich an Biolandwirt(innen) richtete. An der Umfrage beteiligten sich 156 Personen. 58 % der Umfrageteilnehmer waren aktive Bioproduzenten und 14 % überlegen sich, auf Bio umzustellen. 21 % planen, sich von Bio zu verabschieden, 7 % haben diesen Schritt bereits vollzogen.

Die Mehrheit der Befragten lebt in der Talzone, mit Ausnahme derjenigen, die einen Ausstieg planen, die eher in der Bergzone II zu Hause sind. Jene, die aus der Bioproduktion ausgestiegen sind, stammen mehrheitlich aus der Bergzone IV.

Auch eine Lebensweise

Die aktiven Biobäuer(innen) gaben an, dass ihnen der Schutz und die Förderung von natürlichen Ressourcen wichtig sei, ebenso wie die Verringerung der Boden- und Wasserverschmutzung. 43 % fügten hinzu, dass sich zudem die Qualität ihrer Produkte verbessert habe. Auch wirtschaftlich geht es für sie auf. Ein Umfrageteilnehmer vermerkte, dass Bio für ihn eine Lebensweise und nicht nur eine Produktionsrichtung sei.

Andere sagten, dass diese Art der Produktion ein positives Bild der Landwirtschaft wiedergebe und zu durchwegs positive Beziehungen mit den Konsumenten führe. Neben der Anerkennung durch die Gesellschaft sorge Bio auch für Zufriedenheit und erfüllt die meisten der Befragten mit persönlichem und beruflichem Stolz. Trotzdem vermerkten rund 37 %, dass sie die soziale Anerkennung sowie die finanzielle und Beratung als unzureichend empfinden.

Jenen 14 %, die sich überlegen, auf Bio umzusteigen, spielen Umweltüberzeugung und schonender Umgang mit den Ressourcen eine wichtige Rolle. Sie sehen in Bio auch eine Chance, die persönliche und familiäre Gesundheit zu fördern. Befürchtungen hegen sie bezüglich der Administration und den Auflagen und äusserten Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit.

In Bezug auf Umstellungskurse gaben weniger als 20 % dieses Segments an, dass sie mit den besuchten Anlässen zufrieden waren. Sie wünschen sich mehr persönliche Beratung und Austauschgruppen, in denen sie Erfahrungen teilen und sich über bewährte Verfahren informieren können.

Vielleicht aussteigen

Rund ein Fünftel der Umfrageteilnehmer erwägt, aus der Bio-Produktion auszusteigen. Sie gaben an, dass die Bio-Suisse-Richtlinien zu restriktiv und auf ihrem Betrieb schwer umsetzbar seien. Rund 45 % sprachen von instabilen Marktbedingungen und jeder Zweite hielt auch die Nachfrage für nicht ausreichend, um in Zukunft weiterhin wirtschaftlich zu produzieren.

Tschüss Bio

Jene, die aus der Knospe-Produktion ausgestiegen sind, verfügen über mehr Grossvieheinheiten und über grössere Flächen als die übrigen Umfrageteilnehmer. Als Grund für den Ausstieg nannten sie die mangelnde Wirtschaftlichkeit. 82 % von ihnen kehrten zum ÖLN zurück. 18 % begannen mit dem IP-Suisse-Programm. Die übrigen stellten auf Bundes-Bio um.

Rund ein Drittel der ehemaligen Biolandwirte kritisierten die Umstellungsberatung. Es wäre ihrer Ansicht nach mehr Unterstützung nötig gewesen, um die Veränderungen zu planen und das Bewusstsein für die Komplexität der Produktion und der Märkte zu schärfen.

Einige ehemalige Biobauern und -bäuerinnen empfehlen ihren Kollegen die Umstellung auf Bio und weisen darauf hin, dass man sich gut vorbereiten und einen Betrieb haben müssen, der bereits für diese Art der Produktion geeignet sei. Andere ehemalige raten durchwegs davon ab, auf Bio umzusteigen.

Was gewünscht wird

Ein Teil der Landwirte sieht in Bio eine langfristig nachhaltige Lösung, andere wiederum sehen die Zukunft skeptisch. Unisono werden eine besseres Weiterbildungsangebot und praxisorientierte Beratung gefordert. Alle an der Umfrage Beteiligten halten es für wichtig, dass die Administration vereinfacht werde und fordern bessere Produktionspreise. Die Kontrollen werden von 60 % der Befragten als nicht angemessen beurteilt. Darüber hinaus sind einige Befragte der Ansicht, dass es wichtig sei, die Wertschätzung für die Bio-Produktion zu erhöhen und die Öffentlichkeit für die Qualität der Bio-Produkte zu sensibilisieren.

Die Resultate der Umfrage lässt Florent Gerbex in seine Bachelorarbeit einfliessen.


«Wir haben kaum mehr Spielraum»

Biobauer Daniel Schaller aus Wünnewil FR nahm an der HAFL-Umfrage teil. Er ist ein Vorzeige-Biobauer und gewann 2024 den Innovationspreis des Kantons Freiburg für seine biologisch produzierten Erdnüsse. Er produziert auf auf seinem Biobetrieb Saatgut für Soja, Winterweizen und Kartoffeln. Zu seinen Spezialkulturen zählen Hirse, Leinsamen und Erdnüsse. Neben Grasland für die Raufutterproduktion baut er Körnermais an. Zum Viehbestand zählen 38 Jerseykühe, deren Milch zu Bio-AOP-Vacherin und zu Bio-AOP-Gruyere verarbeitet wird.

Was motivierte Sie, 2016 auf Bio umzustellen?

Daniel Schaller: Ich wollte nachhaltiger produzieren, naturnah und mit möglichst wenig Hilfsstoffen. Auch sind die Biopreise besser, obwohl natürlich auch die Aufwand- und Kostenseite steigt. Erfreulich ist, dass durch den Einstieg in Bio auch meine Abhängigkeit vom Grosshandel gesunken ist.

Wo stehen Sie heute?

Die Einschränkungen bei den Tierarztneimitteln und die Fütterungsrichtlinie mit dem fünf Prozent Kraftfutteranteil machen mir zu schaffen. Wir produzieren Getreide, das darf ich aber oberhalb der 5%-Limite nicht einsetzen, um die Rationen auszugleichen. Nicht mal das Nebenprodukt aus der eigenen Leinölproduktion darf ich verwenden. Ebenso negativ ist das Verbot von Spermasexing. Wer weiss, was da noch kommen wird, wie beispielsweise nur noch Natursprung zugelassen, nur noch Kühe mit Hörnern usw. Die Bio-Richtlinien lassen uns kaum mehr einen Spielraum. Zudem leiden wir auch unter der Arbeitsbelastung. Es wird immer schwieriger Mitarbeiter zu finden.

Welche Erfahrungen machen Sie bei den Kontrollen?

Ich zahle für die grosse Kontrolle, die drei vier Stunden dauert, über 1200 Franken. Zusätzlich muss ich auch unangemeldete Kontrollen berappen, obwohl sie unangemeldet ist. Als Schlussbemerkung ist es schon vorgekommen, dass der Kontrolleur in den Kontrollbericht schreibt «intensiv geführter Biobetrieb». Was soll das? Ich will gesunde Nahrungsmittel ohne Chemie und Antibiotika produzieren – und das ist doch gut so. Mein Fazit ist, dasss Biokontrollen teuer, zeitaufwendig und mit Frust verbunden sind.

Wie läuft es mit dem Handel?

Im vergangenen Jahr produzierte ich Bio-Knoblauch. Vom Handel her war mein Zweitklass-Knoblauch erwünscht. Dann, als es so weit war, übernahmen sie den Knoblauch aber nicht. Jetzt arbeite ich nur noch mit der Saatzuchtgenossenschaft Düdingen und der Landi Düdingen zusammen sowie mit der Biofarm in Huttwil BE. Von der Biofarm erhalte ich mit der Schlussabrechnung im Dezember die Auszahlung. Oder ich kann die Zahlungen tranchenweise aufs folgende Jahr aufteilen. Dann wird mir auf dieser Summe ein Zins gutgeschrieben.

Setzen Sie im Pflanzenbau neben Erdnüssen nächstens wieder auf eine neue, innovative Kultur?

Das werde ich machen. Ab nächstes Jahr werden wir eine neue, für die Schweizer Landwirtschaft unbekannte Kultur anbauen. Mehr möchte ich noch nicht verraten. Lassen Sie sich überraschen. Über den Absatz mache ich mir keine Sorgen. Meine Erdnüsse hatte ich auch innert kürzester Zeit verkauft.


«Mir kommt die Biowelt manchmal wie zweigeteilt vor»

Wie aussagekräftig ist die Umfrage bzw. die Semesterarbeit?

Bendicht Münger: Ganz klar, sie ist mit 156 Umfrageteilnehmern nicht repräsentativ. Aber sie bestätigt dennoch die Rückmeldungen der Biobauern aus meinem Umfeld, die über immer strengere Richtlinien frustriert sind, sich über die Preisentwicklung Sorgen machen und das Verhalten der Kontrolleure als unangemessen empfinden.[IMG 2]

Über die Kontrollen klagen alle Landwirte, das ist nicht einfach nur ein Problem der Biobauern.

Früher wurde bei einer Biokontrolle nicht nur kontrolliert. Die Kontrolleure übernahmen auch eine Beratungsfunktion und suchten mit dem Landwirt nach Lösungen. Sie waren dafür näher bei der Praxis und mussten einiges mehr an Kompetenzen aufweisen. Heute werden Häckchen gesetzt, bei Nichterfüllen sanktioniert und dafür bekommt man noch eine Rechnung präsentiert. Für die Landwirte ist das unbefriedigend.

Die Umfrageteilnehmer(innen) bemängelten Beratung und Weiterbildung als zu wenig praxisnah. Wie trifft Sie dieser Vorwurf als ehemaliger Bioberater?

Klar trifft mich das, auch wenn meine Jahre als Bioberater über 20 Jahre zurückliegen. In meine Zeit fiel der Aufbau der Bio-Gruyère-Produktion im Kanton Freiburg. Die grösste Herausforderung war, Bauern, Käser, Käsereigenossenschaften, Käsekäufer und Coop an einen Tisch zu bringen. Dies benötigte von den Produzenten Mut für Veränderungen und auf Seite der Abnehmer Rücksichtnahme und Flexibilität. Solche Mechanismen fehlen heute oft, anstelle dessen wird mehr kontrolliert und bürokratisiert.

Was läuft denn heute in der Bioberatung falsch?

Die Motivation auf Bio umzusteigen ist einerseits eine nachhaltigere, umweltgerechte Produktion und Biodiversität zu fördern. Andererseits auch bessere Preise und höhere Direktzahlungen zu erzielen. Wenn es umstellungswilligen Landwirt(innen) nicht gelingt, auf der Kostenseite Einsparungen zu erzielen und selbstständig den Markt zu analysieren und für sich das Beste herauszuholen, wird es für sie sehr schwierig. Das gilt vor allem für Biobetriebe in der Talregion.

Wie sehen Sie die Weiterentwicklung von Bio?

Mir kommt die Biowelt manchmal wie zweigeteilt vor: die einen, die aus Idealismus auf Ökologie und Bio setzen – das sind quasi die Guten. Und dann gibt es jene, die mit Bio Geld verdienen wollen und müssen – das scheint für gewisse Kreise suspekt zu sein. Die unternehmerischen Biobetriebe bekommen das zu spüren. Das ist fatal. Es liegt in der Hand der Bioorganisationen, für Zusammenhalt innerhalb von Bio zu sorgen und bei Preisverhandlungen das Beste herauszuholen.

Wirtschaftlichkeit berücksichtigen

Die Ergebnisse der HAFL-Umfrage decken sich weitgehend mit den Rückmeldungen, die wir bei der Erarbeitung unserer «Strategie 2030» bei diversen Hofgesprächen Anfang 2024 erhielten. Rund 160 Biobäuerinnen und -landwirte nahmen teil.

Die wirtschaftliche Situation der Biobetriebe zeigte sich unterschiedlich. Viele erwirtschaften ein Einkommen, mit dem sie ihre Existenz sichern können, andere bekunden Mühe. Die Preise in einer wirtschaftlich angespannten Phase beschäftigen alle. Umso wichtiger sei es, die Mehrwerte der Knospe-Produkte noch besser zu kommunizieren.

Laut Hofgesprächen sollen die Richtlinien von Bio Suisse klar und streng, aber nicht einengend sein. Bei Weiterentwicklungen müsse die Wirtschaftlichkeit besser berücksichtigt werden.

In der Strategie 2030, welche die Delegierten im April 2025 verabschiedet haben, wurden viele Punkte aufgenommen. So will Bio Suisse die Biobetriebe in Sachen Absatz und Preise noch stärker unterstützen. Auch die Dienstleistungen des Verbandes betreffend Informationen, Datenaustausch und Beratung wird intensiviert. Und die Richtlinien werden in einem ersten Schritt entschlackt, ohne die Glaubwürdigkeit der Knospe in Frage zu stellen. Bei künftigen Weiterentwicklungen werden Möglichkeiten gesucht, die den Biobetrieben mehr Individualität zugestehen und zugleich die Mehraufwände finanziell abgelten.

Die hohe Glaubwürdigkeit der Knospe und die langfristige Existenzsicherung der Biobetriebe gehören zu den Kernaufgaben von Bio Suisse. Dabei hilft den Betriebsleitenden eine persönliche Überzeugung, mit dem Biolandbau enkelwürdig zu wirtschaften. Urs Brändli, Präsident Bio Suisse