Es ist in den vergangenen Jahren in der Schweiz und ganz besonders in meiner Heimat, dem Zürcher Weinland, offensichtlich geworden: Hitzesommer, Superzellen, Wasserknappheit, Stürme und Überschwemmungen verursachen regelmässig und vermehrt Millionenschäden, auch auf unseren Betrieben. Unsere Wälder sind in einem schlechten Zustand und die einheimische Landwirtschaft muss mit den klimatischen Veränderungen kämpfen. Dass die Menschheit diesen Wandel zusätzlich beschleunigt, ist mittlerweile weitgehend unbestritten. Die Klimakrise ist eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen einerseits lernen, damit umzugehen und uns anzupassen. Andererseits sollten wir den Klimawandel nicht noch zusätzlich anheizen. Ein wichtiger Hebel dazu ist die effiziente Verwendung der vorhandenen Energie und der Ausbau von lokalen Energiequellen. Wir haben ja alles vor der Haustür: Wasser, Sonne, Holz, Wind oder Biomasse. Gerade wir Bauern können damit neben der Nahrungsmittelproduktion einen weiteren systemrelevanten Beitrag an die Gesellschaft leisten.

Weg mit diesen Importen

Abo Gastbeitrag «Klimaerwärmung trifft uns alle – handeln wir jetzt» Tuesday, 8. August 2023 Was die Schweiz nicht hat: Öl, Gas oder Uran. Und damit kommen wir auch zur nächsten Herausforderung. Wir haben wieder Krieg in Europa. Das hat uns drastisch vor Augen geführt, dass wir auch in der Energieversorgung leider alles andere als unabhängig sind. Machen wir uns nichts vor. Wir beziehen Energie aus widerlichen Schurkenstaaten. Sei es Uran für den Betrieb der Kernkraftwerke, sei es Gas und Öl für Heizzwecke oder die Herstellung von Düngemitteln. Wir finanzieren damit die Kriege und Diktatoren mit. Die Auswirkungen bekommen wir selbst in der vermeintlich sicheren Schweiz zu spüren. Die Preise für ausländische Energie und weitere Produktionsmittel sind in den letzten zwei Jahren stark gestiegen, das sehe ich in meiner Buchhaltung sehr direkt. Kosten, die wir kaum weitergeben können. Wollen wir das als unabhängige, freie und demokratisch gesinnte Bürger(innen) dieses Landes? Also wenn möglich weg mit diesen Importen oder dann weniger davon. Wir werden zwar diese Auslandabhängigkeit nicht ganz zum Verschwinden bringen. Schwere Maschinen werden noch Jahre auf Diesel angewiesen sein. Aber wir müssen die Abhängigkeit drastisch reduzieren.

Landwirte werden zu Energiewirten

Ein gut organisiertes Land mit einer starken Forschung wie die Schweiz kann zur Lösung beitragen. So weiter wie bisher geht es nicht, der Ausstoss von Treibhausgasen hat sich zu reduzieren und wir müssen autarker werden. Die Erdölmilliarden, die heute jährlich ins Ausland verloren gehen, werden damit gleichzeitig verringert und tragen zur Wertschöpfung im Inland bei. Gerade auch in der Landwirtschaft. Durch energetische Sanierungen werden etwa im Bau- und Gebäudegewerbe Aufträge und Stellen geschaffen. Landwirte werden auch zu Energiewirten. Wir produzieren Strom und Wärme.

Wir werden noch eine ganze Weile in verschiedenen Bereichen auf ölbasierte Ressourcen angewiesen sein, beispielsweise in der Mobilität. Die Gebäudeheizung gehört heute schon nicht mehr unbedingt dazu. Hier gibt es mittlerweile effizientere und wirtschaftlichere Lösungen, etwa mittels Wärmepumpen. In unseren Wäldern gibt es weiter ein grosses Potenzial an Energieholz, das entweder in Fernwärmenetzen oder individuellen Heizsystemen eingesetzt werden kann. Mit Solar- und Windanlagen oder Biogas kann nebst der Wasserkraft ein Teil der benötigten Elektrizität erzeugt werden.

Schaffen wir mehr Arbeitsplätze

Es macht heute immer weniger Sinn, Millionen und Milliarden ins Ausland zu verscherbeln, um Öl und Gas zu verbrennen. Moderne Landtechnik, Haustechniksysteme und erneuerbare Energiequellen verringern die Auslandabhängigkeit und schaffen mehr Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Schweiz, konkret auch bei unseren Gewerbe- und Landwirtschaftsbetrieben. Nutzen wir diese Chance!

Zur Person

Konrad Langhart ist Biolandwirt und kommt aus Oberstammheim ZH. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.