Seit Jahren gewinnen die biologische Landwirtschaft und das Thema Ressourcenschutz an Bedeutung. Dem wird auch an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen Rechnung getragen. Seit 2014 können Studierende der Agronomie im Rahmen ihres Bachelorstudiums eine entsprechende Zusatzqualifikation erwerben. Im Interview spricht Dozent Jan Grenz über den Lehrgang.
Jan Grenz, Sie sind der Verantwortliche für die Zusatzqualifikation biologische Landwirtschaft und Ressourcenschutz (ZQ Bio). Im Jahr 2014 konnte man in allen landwirtschaftlichen Medien über das damals neu lancierte Programm lesen. Dann hörte man lange nichts. Wie steht es heute um die Zusatzausbildung?
Jan Grenz: In den sieben Jahren, die es dieses Angebot jetzt gibt, hatten wir im Schnitt 20 Studierende pro Modul, also ein Viertel der Agronomen(innen) pro Jahrgang – Tendenz steigend. Etwa 50 Absolventen(innen) haben das ganze Programm absolviert. Die Zusammenarbeit mit der Branche läuft sehr gut, und die Rückmeldungen der Studierenden sind positiv.
Inwiefern arbeiten Sie mit der Branche zusammen?
Zum einen bauen wir in der Weiterentwicklung der ZQ Bio auf ihr Feedback. Zum anderen kommen viele Fachleute zu uns in den Unterricht, wir machen Exkursionen auf Betriebe und zum FiBL, und die Studierenden müssen ein Kurzpraktikum bei einer Brancheneinrichtung oder Firma machen.
Was beinhaltet die ZQ Bio, was die Ausbildung zum Biolandwirt oder zur Biolandwirtin nicht enthält?
Zum Beispiel vertiefte Inhalte zum Ressourcenschutz, zur Umstellungsberatung und zu den Herausforderungen der Nachhaltigkeit entlang von Lieferketten.
Der Ressourcenschutz ist ja Teil der ZQ Bio. Welche Aspekte werden diesbezüglich behandelt?
Schwerpunktthemen sind Bodenschutz, Klima und Energie, Stickstoff und Phosphor, aber auch Raumplanung und Permakultur.
Wird sich die ZQ Bio in Zukunft den Bedürfnissender Branche anpassen?
Unbedingt. Wir bilden ja vor allem Fachkräfte für die Biobranche aus. Gerade haben unsere Mitarbeiterin Marion Schild und ich die ZQ Bio gründlich überarbeitet, in enger Zusammenarbeit mit FiBL und Bio Suisse. Dadurch ist z. B. ein stärkerer Fokus auf Wertschöpfungsketten hinzugekommen.
Inwiefern?
Wir schauen ganze Lieferketten für Produkte wie Biobrot an, vom Feld über die Mühle und den Bäcker bis hin zur Brotverkostung. Wir lernen die Richtlinien für Verarbeiter kennen und die Probleme, die sich aus der Komplexität und Undurchsichtigkeit vieler Lieferketten für die Nachhaltigkeit und die Verbraucher(innen) ergeben.
Wird die HAFL den biologischen Landbau in Zukunft stärker in den Fokus nehmen?
Das ist schon heute so, im Unterricht und in den Forschungsprojekten. Wir reden da immerhin von 1/6 der Schweizer LN und 1/7 der Betriebe. Auch unsere Kollegen(innen) in der Lebensmittelwissenschaft engagieren sich zunehmend, denn Bioverarbeitung und -vermarktung sind auch sehr wichtige Bereiche.
Wie kompatibel ist die ZQ Bio mit anderen Ausbildungs-wegen wie der landwirtschaftlichen Grundausbildung oder einem Bachelorstudium ander HAFL?
Die ZQ Bio ist Teil des Bachelorstudiums und wird von Studierenden aller Richtungen – Tier, Pflanze, Wirtschaft und Internationales – gewählt. Und unsere Studierenden haben ja wiederum alle die Landwirtschaftslehre oder mindestens das einjährige Betriebspraktikum gemacht.
Bio Suisse gibt vor, dass für Umsteller oder angehende Betriebsleitende ein HAFL-Agronomieabschluss mit ZQ Bio als Dispensationsgrund für die fünf Einführungs- oder Weiterbildungstage geltend gemacht werden kann. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Bio Suisse hinsichtlich dieses «Deals»?
Das hat Bio-Suisse nach Durchsicht des Programms beschlossen. An dessen Entwicklung waren sie ja auch beteiligt.
Ein Wort zum Schluss?
Uns ist wichtig, dass die ZQ Bio zum «normalen» Agronomiestudium passt und dass die Studierenden alle wichtigen Produktionssysteme kennenlernen. Und uns ist wichtig, dass sie sich im Studium nicht nur mit Problemen wie z. B. den Ammoniakemissionen beschäftigen, sondern auch Lösungen und Positivbeispiele aus der Praxis kennenlernen.