Der Solothurner Bauernverband (SOBV) hat sich mehrfach kategorisch gegen das Ansiedeln der Wisente im Kanton ausgesprochen. Hat sich an dieser Haltung etwas geändert?
Edgar Kupper: Nein; das Oberziel des Wisentprojekt im Solothurnischen Thal ist nach wir vor die Auswilderungen der Tiere. Dies führt, wie der gescheiterte Versuch in Deutschland und an anderen Orten zeigt, zu Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen und zu langwierigen juristischen Auseinandersetzungen, ist eine Gefährdung für die Gesellschaft (Verkehr, Wander-und Biketourismus usw.). Zudem ist die Ansiedlung von Wisenten in unserer Region ein sehr künstliches Projekt. Die Tiere wandern nicht selbständig ein und zur Verhinderung von Inzucht muss alle zwei bis drei Jahre das männliche Leittier ausgewechselt werden, um nur zwei Punkte zu nennen.
Die Gegenwehr blieb erfolglos, die Wisente sind vergangenen Monat eingezogen. Wie sieht Ihre persönliche Gefühlslage nun aus?
Die Ausnahmebewilligungen für das Erstellen des grossen Geheges , des widerrechtlichen Einzäunen und Beweiden von Waldes mit Wisenten und die Durchführung einer empirischen Untersuchung wurde aufgrund von nicht nachvollziehbaren linksgrünen Gutachten trotz der Gegenwehr der umliegenden Landwirte für fünf Jahre erteilt. Es wurden von den Instanzen aber keinerlei Bewilligungen erteilt für das Erstellen touristischer Infrastruktur und dank der Gegenwehr konnte erwirkt werden, dass eine Verlängerung des Projekts an klar definierte Voraussetzungen geknüpft wurde. Die Haltung der umliegenden Landwirte und Grundstückbesitzer und des Solothurner Bauernverbandes hat sich nicht verändert. Die empirische Untersuchung ist absolut unnötig, da das Verhalten der Wisente bekannt ist und eine Auswilderung zu massiven Konflikten führt.
Waren Sie persönlich vor Ort, um sich ein Bild zu verschaffen?
Die umliegenden Landwirte und auch ich waren schon vor Ort. Es bestätigt sich. Die anwesenden Wisente halten sich vorwiegend auf dem Wiesland auf. Die Projektveranwortlichen warnen auch, das Gehege in Zukunft mit einem Mindestabstand von 50 Meter zu den Tieren zu passieren; das Gefahrenpotential für Wanderer und Biker und andere Nutzer des Waldes ist offensichtlich gegeben.
In der Arbeitsgruppe zur Ansiedelung der Wisente wollte der SOBV nicht mitarbeiten. Streben Sie nun doch eine Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen an, um die Auswirkung der Tiere auf Wald und Land zu untersuchen?
Während des Einspracheverfahrens von Seiten der Landwirtschaft gab es Austausch zwischen den Projektverantwortlichen und den angrenzenden Landwirten und dem Solothurner Bauernverband. Die Ansichten und Interessen bezüglich dem Projekt Wisent waren und sind auch heute noch total gegensätzlich. Für die 5 Jahre der empirischen Untersuchung haben die Projektverantwortlichen eine sogenannte Kontaktgruppe und eine wissenschaftlichen Begleitgruppe gebildet. Für die Teilnahme bei der Kontaktgruppe, wo die vom Projekt Betroffenen ihre Ansprüche am Untersuchungsprojekt einbringen sollen, wurde die Landwirtschaft angefragt. Die Landwirtschaft wird dort mit einem Vertreter Einsitz nehmen und entsprechende Forderungen einbringen und die klare Haltung der Landwirtschaft vertreten.
Was wünscht sich der SOBV von den Verantwortlichen in den nächsten fünf Jahren bis zur geplanten Auswilderung?
Die Projektveranwortlichen müssen die Untersuchungsbedingungen dieser empirischen Versuchsanlage im Voraus klar definieren. Es muss im Voraus bekannt sein, welche Szenarien zu einem sofortigen Abbruch führen. Andererseits verlangen wir von den Projektverantwortlichen auch den nötigen Respekt gegenüber der vom Auswilderungsprojekt betroffenen Grundeigentümer und der Landwirtschaft; dieser Respekt ist aktuell mangelhaft. Trotz massiver Gegenwehr von verschiedener Seite (Landwirtschaft, Jagd, Forst) halten die Projektverantwortlichen an ihrerer sturen Ideologie fest und wollen an der Utopie festhalten, die Wisente auszuwildern. Wir verlangen von den Projektverantwortlichen ebenfalls, dass sie mit offenen Karten spielen. Die Situation, wie sie kürzlich beim gescheiterten Wisentprojekt in Deutschland entstanden ist, dass dort die Projektverantwortlichen die Wisente beim Abbruch kurzerhand als herrenlose Tiere bezeichnet haben und diese einfach in die Verantwortung der Allgemeinheit abgeschoben haben, darf bei uns nicht eintreten. Dafür hat auch die Regierung zu sorgen.
