Seit einem Jahr wird der Zuschlag für nachhaltige Schweizer Milch ausbezahlt. Damals, als der sogenannte Grüne Teppich auf den 1. September 2019 eingeführt wurde, waren die Reaktionen aus der Branche positiv. Wer als Milchproduzent vom Preisbonus von drei Rappen je Kilo A-Milch profitieren wollte, musste aber zehn Pflicht- und acht Wahlpflicht-Kriterien erfüllen.

Eine gute Sache

Auch der Milchproduzent Peter Leiser aus Bargen BE, findet den Grünen Teppich grundsätzlich eine gute Sache. «Besonders, dass unsere Bemühungen auch finanziell honoriert werden», sagt er. Leiser befürchtet aber, wie schon oft passiert, dass die Branche zuerst Anreizsysteme für gewisse Produktionsformen schaffe, später diese dann zum Obligatorium erkläre und den Bauern die Entschädigungen gestrichen werden. «Diese Forderungen sind immer auch mit Kosten verbunden, ohne dass die Landwirtschaft einen Mehrwert hat», hält Leiser fest.

Gegen die Importe

Mit der Einführung des Grünen Teppichs, dem Standard für nachhaltige Schweizer Milch, ging es letztlich darum, Schweizer Milch und Milchprodukte bei den Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber Importen und im Export besser zu positionieren. Mit dem Grünen Teppich wollte man in sensiblen Punkten aus dem ganzen Spektrum der Nachhaltigkeit, wie Tierwohl, Fütterung oder Antibiotikaeinsatz, die Vorteile der Schweizer Milch besser kommunizieren. «Die Bilanz zum Grünen Teppich fällt für die Branchenorganisation Milch (BOM) positiv aus», sagt BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler. Immerhin erfülle gegen 85 % der Molkereimilchmenge den Standard. «Gerade im Bereich des Tierwohls machten die Schweizer Milchproduzenten grosse Fortschritte», hält Kohler fest. Rund 10 000 Betriebe mit 1800 Mio Kilo Milch (Stand 30. Juni 2020) machen bis jetzt mit. Dies entspreche 80 bis 85 % der Molkereimilchmenge. Die Gründe für die Einführung des Grünen Teppichs waren für die BOM vielfältig und wichtig: «Schweizer Milch wird nachhaltig produziert. Um den hohen Anforderungen an das Tierwohl, an die Fütterung und an die Nachhaltigkeit der Produktion und der Verarbeitung ein Gesicht zu geben, wurde der Standard eingeführt», zählt Stefan Kohler die Kriterien auf. Denn es reiche nicht, sich auf die hohen Anforderungen zu berufen, ohne dass diese laufend überprüft werden. «Auch im Ausland laufen die Bestrebungen von Verarbeitern, privaten Initiativen und staatlichen Organisationen auf Hochtouren, Milch und Milchprodukte nachhaltiger zu produzieren», weiss der Geschäftsführer.

Deshalb sei die BOM der Meinung, dass die Schweizer Milchbranche dabei keinesfalls ins Hintertreffen geraten dürfe. Damit ein Milchproduzent beim Grünen Teppich überhaupt mitmachen darf, muss er einige Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel die Tierwohlprogramme BTS und RAUS. Diese Vorgaben lösten aber in einigen Kantonen Diskussionen aus, weil viel Betriebe beim Grünen Teppich eigentlich mitmachen wollten, aber die Tierwohlprogramme nicht erfüllen konnten.

Hand bieten

«Für Betriebe, die weder BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltung) noch RAUS (regelmässiger Auslauf im Freien) des Bundes erfüllen können, gibt es ab dem 1. September 2020 die Möglichkeit, die Grundanforderung «BTS oder RAUS» des Grünen Teppichs (Branchenstandard Nachhaltige Schweizer Milch) zu kompensieren», sagt Stefan Kohler. Dazu stünden zwei Varianten zur Auswahl:

  • Durch die Sömmerung der Milchkühe: Die Milchkühe werden jedes Jahr durchschnittlich mindestens 80 Tage gesömmert. Befinden sie sich nicht auf der Alp, haben sie im Winterhalbjahr mindestens an 13 Tagen monatlich Zugang zu einer Auslauffläche, im Sommerhalbjahr mindestens 26 Mal monatlich.
  • Durch Weiden auf einer reduzierten Weidefläche: Während der Weidesaison stehen den Milchkühen mindestens vier Aren Weidefläche pro Kuh zur Verfügung. Die übrigen Anforderungen zu RAUS (exkl. Mindest-TS-Verzehr von 25 Prozent mit Weidefutter) gelten gemäss der Direktzahlungsverordnung.

Falls auf dem Betrieb keine der beiden Kompensationsmöglichkeiten umsetzbar sei, könne man ein Gesuch für eine Ausnahmegenehmigung einreichen. «Bedingung dafür ist, dass mindestens acht Aren Wiesenfläche pro Kuh eingegrast und/oder geweidet wird», hält der BOM-Geschäftsführer fest. Im Winterhalbjahr haben die Milchkühe mindestens 13 Mal monatlich Zugang zu einer Auslauffläche, im Sommerhalbjahr mindestens 26 Mal monatlich. Könne ein Milchproduzent keine der beiden Kompensationsmöglichkeiten erfüllen, kann er bei der BO Milch ein Ausnahmegesuch einreichen. «Die Anmeldungen bzw. das Ausnahmegesuch müssen bis zum 30. September vorliegen», so Stefan Kohler.