Vergangene Woche startete der erste Weltkongress zum Thema Sojaforschung in Europa, die World Soybean Research Conference (WSRC). Diese fand in Wien statt, genau 150 Jahre nach dem die Sojabohne ausserhalb von ihrem Herkunftsland Chinas das erste mal auf der Weltausstellung 1873 in der österreichischen Hauptstadt präsentiert wurde. 

Insgesamt waren etwa 800 Wissenschaftler, Lebens- und Futtermittelproduzenten, Verarbeiter und Sojaexperten aus 51 Ländern an der Veranstaltung im Wiener Austria Center zugegen. Mit 269 Teilnehmern waren die europäischen Länder am stärksten vertreten, aber auch Teilnehmer aus China und Japan, USA, Kanada und Afrika waren vor Ort.

Abo Weltweite Soja-Produktion Fakten zur wichtigsten Hülsenfrucht der Welt Sunday, 2. July 2023

«Dies zeigt das hohe Interesse und die Relevanz von Soja», sagt Johann Vollmann. Er ist Professor an der Universität für Bodenkultur (BOKU) und Vorsitzender des wissenschaftlichen Komitees. Zusammen mit Jingyuan Xia, Direktor der Abteilung Pflanzenproduktion und Pflanzenschutz der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), und Matthias Krön, Gründer und Präsident von Donau Soja, eröffnete er den Weltkongress. 

Negative Folgen für die Umwelt

Der globale Sojaanbau hinterlässt allerdings gravierende Spuren an der Umwelt: Abholzung, Wasserverschmutzung, erhöhter Ausstoss von Treibhausgasen, Bodenerosion und eine Abnahme der Artenvielfalt sind die Folgen. Zwischen 2005 und 2017 wurden gemäss Greenpeace 3,5 Mio Hektaren für Rohstoffe abgeholzt, die dann in die EU importiert wurden. Dafür verantwortlich sei die Nachfrage nach günstigen Rohstoffen und der steigende Konsum von tierischen Lebensmitteln, sagt Ursula Bittner von Greenpeace am Weltkongress. 

Diese Entwicklung sei dank des Soja-Moratoriums von 2006 rückläufig – denn internationale Getreidehändler haben sich damit verpflichtet, kein Soja mehr zu verkaufen, dass auf frischen Amazonas-Rodungsflächen angepflanzt worden ist.

Soja nachhaltiger machen

Das Motto des Weltkongresses ist: «Soja entlang der Wertschöpfungskette nachhaltiger zu machen». Dies im Bereich der Züchtung, Landwirtschaft, Verarbeitung sowie Innovationen, sagt Johann Vollmann.

Dass dieses Motto von internationaler Bedeutung ist, zeigen allein die über 500 Forschungsbeiträge von führenden Wissenschaftlern aus allen wichtigen Sojaproduktionsländern am Kongress. «Forschung und wissenschaftliche Zusammenarbeit sind dringend erforderlich, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels abzumildern und die Auswirkungen von Sojabohnen auf die Umwelt zu minimieren, damit in naher Zukunft eine vollständig nachhaltige Sojaproduktion möglich ist», betont Vollmann.

«Nur durch Zusammenarbeit lässt sich Soja nachhaltig anbauen»

Johann Vollmann, Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien.

Dies beinhalte eine Verringerung des Produktionsinputs durch Verbesserung der agronomischen und genetischen Effizienz, neue Wege bei der Verwendung als Viehfutter und schliesslich eine verbesserte direkte Verwendung von Sojabohnen für die menschliche Ernährung. Diese Themen wurden in über 30 wissenschaftlichen Sitzungen, Plenarsitzungen, Workshops und Posterausstellungen am Weltkongress behandelt. 

Soja spielt grosse Rolle für die Zukunft

Auch Matthias Krön hebt die internationale Wichtigkeit der Konferenz hervor: «Soja ist der weltweit wichtigste Eiweisslieferant für die direkte Nahrungsmittelproduktion und als Futtermittel.» Wie diese Kultur angebaut, verarbeitet, gehandelt und verwendet wird, spiele eine grosse Rolle für die Zukunft der Menscheit, betont er.

2012 habe man in Europa noch 5 Millionen Tonnen Soja angebaut. Seitdem zeige sich eine starke Zunahme in der Produktion. In Europa werde nur GVO-freier Soja (gentechnisch nicht veränderter Soja) angebaut, da der Markt hierfür sehr gross ist und die Konsumenten es so fordern.

Ziel sei es gemäss Krön, die Produktion bis 2030 auf 15 Millionen Tonnen in Europa aufzustocken. So viel Soja brauche es, weil die Konsumenten sich entschieden haben, weniger Fleisch zu essen. Das führe dazu, dass mehr Soja importiert werden muss. Aber auch in der Tierernährung spiele Soja weiterhin eine grosse Rolle – etwa 75 % der weltweiten Anbaufläche sind für die Tierernährung bestimmt.

Zusammen diskutieren und arbeiten

Donau Soja will als Europäische Soja-Organisation in Wien mit Wissenschaftlern aus aller Welt, den wichtigsten Produzenten und Verarbeitern und auch NGOs gemeinsam diskutieren und Lösungen finden, sagt Matthias Krön. «Wir wollen zudem wesentliche Impulse in die Welt schicken, wie Soja zu einer globalen Kraft des Guten werden kann, Europa die Eiweiswende schafft und Wissenschaft zu einer nachhaltigen Welt beitragen kann.»

Der Weltkongress sei deshalb ein guter Weg, um über die globalen Herausforderungen gemeinsam zu diskutieren und zusammenzuarbeiten.

Die Organisation Donau Soja setzt sich für eine nachhaltige, zuverlässige und Europäische Proteinversorgung ein. 

Derzeit werden 36 Millionen Tonnen Soja in Form von eiweissreichem Schrot als Eiweissergänzung im Viehfutter verbraucht. Die gestiegene Nachfrage an Pflanzenprotein in Europa in den letzten 60 Jahren ist grossteils auf die verstärkte Produktion und den verstärkten Verbrauch von Fleisch– und Milchprodukten zurückzuführen. 

Nach China ist die Europäische Union inzwischen der zweitgrösste Importeur von Soja aus Südamerika, heisst es bei Donau Soja. Das landwirtschaftliche System der Europäischen Union versorgt sich zu 71 % mit handelbarem Pflanzenprotein selbst. 86 % der verbleibenden Lücke von 29 % an Pflanzenprotein werden in Form von Soja importiert. 

Dieses Proteindefizit ist gemäss Donau Soja die entscheidende Herausforderung für die Resilienz, Akzeptanz und Leistungsfähigkeit der europäischen Landwirtschaftssysteme. Dies sei die Protein-Herausforderung Europas.

Produktionssysteme optimieren und mimimieren

Jingyuan Xia von der FAO präsentierte neue Konzepte für eine nachhaltige Soja-Wertschöpfungskette: Um die wichtigsten bestehenden und aufkommenden Herausforderungen zu bewältigen schlägt er einen strategischen Ansatz vor: Die positiven Aspekte der Sojaproduktion sollen optimiert und die negativen minimiert werden.

Dazu gehören:

  1. Steigerung der Effizienz der Ressourcennutzung, insbesondere von Wasser und Düngemitteln.
  2. Aufbau widerstandsfähigerer und vielfältigerer Sojaanbausysteme, die biotischen und abiotischen Belastungen standhalten.
  3. Förderung der Anwendung innovativer Technologien wie Alternativen zu Mineraldüngern.
  4. Förderung landwirtschaftlicher Beratungsdienste.
  5. Schaffung eines förderlichen Umfelds, das nationale Rahmenbedingungen und Strategien, relevante internationale Verhaltenskodizes, Standards für gute landwirtschaftliche Praktiken, Anreizmechanismen und finanzielle Unterstützung umfasst.

Zudem müssten die Sorten sowie die Produktion und Lieferung von qualitativ hochwertigem Saatgut verbessert werden, sagt Jingyuan Xia.

Diese Verbesserung der Sojaproduktion könne dazu beitragen, die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen und die internationale Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren zu fördern.

Österreich ist einer der fünf grössten Sojaproduzenten

Der österreichische Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig ging auf die Sojaproduktion in Österreich und Europa ein. Als kleines Land besitze Österreich eine Gesamtanbaufläche von rund 1,3 Millionen Hektar. Dennoch zähle es zu den fünf grössten Sojaproduktionsländern in der EU. Er begrüsst es, dass sich die globale Soja-Wissenschaftsgemeinschaft in Wien treffe, um globale wissenschaftliche Fragen zu diskutieren und einen Beitrag zur Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit zu leisten. 

Die Steigerung des Selbstversorgungsgrades sei prioritär. Das könne durch den Ausbau der Anbauflächen oder aber durch die effiziente Nutzung der Proteinressourcen erreicht werden. Österreich habe bereits eine nationale Eiweisstrategie veröffentlicht und setze sich auf EU-Ebene gemeinsam mit weiteren Mitgliedsstaaten für eine EU-Eiweisstrategie ein.

Mit der Eiweissstrategie will die EU den Anbau von Eiweisspflanzen innerhalb der EU und in den Nachbarländern fördern und damit die Einfuhr von zu viel Soja aus Drittländern stoppen. Zudem soll die Unabhängigkeit von gentechnisch veränderte Futtermitteln gewahrt werden.