Es ist frisch. Der kühl temperierte Sitzungsraum von Fredy’s in Baden AG bietet einen starken Kontrast zur heissen Backstube. Auf dem grosszügigen Tisch steht eine reiche Auswahl an Backwaren. Gipfeli, verschiedene Brote – darunter auch aus Emmer und Einkorn –, Süssgebäck und sogar eine kunstvolle Abschlussarbeit einer Lernenden, die den Tisch dekoriert. Alle diese Backwaren haben etwas gemeinsam: Sie sind aus pestizidfrei angebautem Getreide hergestellt, denn Fredy’s hat sich genau das auf die Fahne geschrieben.

Volg lobt pestizidfrei aus - die anderen (noch) nicht

Abo . Herbizidverzicht Pestizidfreier Weizen: «Anspruchsvoll», aber trotz Nässe nicht am Anschlag Saturday, 20. July 2024 Ein wichtiges Gesicht von Fredy’s ist Peter Kasimow. Der Betreuer von Grosskunden ist sicher: Pestizidfreies Brot dürfte der neue Standard werden. Noch sei Volg zwar das einzige Unternehmen, das «pestizidfrei» auf seine Brotsäcke schreibe, so Kasimow, was er als ein klares Zeichen für deren Engagement bezeichnet. 

Auch Marc Schnyder, Leiter Verkauf, sitzt bei unserem Besuch am Tisch. Er erklärt, dass der Mehrwert von pestizidfreien Produkten gerade in der Gastronomie schwer zu kommunizieren sei, «doch wenn man es den Konsumenten näherbringt, sind sie begeistert».

Es läuft ähnlich wie bei den Eiern

Fredy’s steht also für pestizidfreie Produkte und Schweizer Qualität und sei auch bekannt für seine hohe Rohstoffqualität. Marc Schnyder unterstreicht, dass Konsumenten Schweizer Produkte bevorzugen würden und eigentlich keine Eier aus Polen kaufen möchten. Das sei beim Brot nicht anders. Er betont, dass die Geschichte hinter dem Brot aber entscheidend sei. «Der Weg, den das Brot nimmt, ähnelt jenem der Eier: Einst war Bodenhaltung der Standard, heute bevorzugen die Leute Freilandhaltung», erklärt Schnyder, der hier sogar eine gewisse Normalität ortet.

Noch wächst zu wenig herbizidfreies Getreide für alle

Was das herbizidfreie Getreide angeht, ist klar: Es hat zu wenig. IP-Suisse könnte am Markt die doppelte Menge absetzen, wenn diese produziert würde. Ja, wenn. Und Jahre wie dieses geben den Produzenten nicht überschüssiges Vertrauen in das gänzliche Verschliessen ihres Pflanzenschutzmittelschranks. Peter Kasimow, der erste Schweizer Brotsommelier, dessen Herz fest für Urgetreide schlägt, dreht den Spiess im Gespräch mit der BauernZeitung um und fragt alsbald, wie denn junge Bauern motiviert werden könnten, pestizidfreies Getreide anzubauen.

[IMG 2] Die Mitarbeitenden von Fredy’s machen sich nicht nur Gedanken zum Absatz, sondern auch zur Produktion bis hin zum Feld. Sie sind dazwischen, im Sandwich quasi, und wissen, wie Angebot und Nachfrage funktionieren. So berichtet Marc Schnyder auch von einer hohen Nachfrage seitens der Bäckereien, die sich mit pestizidfreien Produkten gegenüber dem Detailhandel profilieren möchten. Aber was ist mit den Kosten?

5 Franken ist beim Brot die Schmerzgrenze

Das teuerste Brot von Fredy’s kostet 5 Franken – die Schmerzgrenze für viele Konsumenten, wie Bojan Cepon, Produktionsgeschäftsführer bei Fredy’s, am Tisch erklärt. Entscheidend bei solchen Produkten, die nicht nur in der Verarbeitung, sondern auch beim Bauern höhere Kosten verursachen, sind laut Cepon die Geschichten, die hinter ihnen stehen: «Wenn ein Produkt lanciert wird, muss gleichzeitig dazu die Geschichte erzählt werden, so wie es beispielsweise bei Urdinkel erfolgreich praktiziert wurde und immer noch wird», sagt Cepon.

Viele Kunden würden sich immer noch am Preis eines Produkts orientieren, doch eine stark wachsende Käufergruppe lese sich in die Thematik ein und erhalte so eine hohe Affinität zu Lebensmitteln. «Auch wenn die Nachfrage nach billigen Produkten zunimmt, ist es wichtig, den Endkonsumenten aufzuklären», ist Cepon sicher. Und Peter Kasimow ergänzt, dass Bio im Grunde einfach zu erklären sei, «geht es jedoch um die Unterschiede zwischen Bio, IP-Suisse und Demeter, dann sind diese oft schwer zu vermitteln.» Oft fehle der Platz auf dem Produkt, um die Vorteile des Inhalts auszuloben.

Corona hat die Schweizer zu Bäckern gemacht

Peter Kasimow ist sicher: «Am Ende ist es die emotionale Verbindung, die zählt.» Ein Ziel, das bei der ganzen Belegschaft von Fredy’s ganz weit oben steht. Und manchmal würde auch die Geschichte das Ihre dazu beitragen. So habe während der Coronapandemie die halbe Schweiz begonnen zu backen, was die Brotkultur belebt hat. Das half dem Brot. «Denn wenn man weiss, was hinter einem Produkt steckt, entwickelt man eine andere Beziehung dazu», schliesst Kasimow.

Zur Geschichte der Bäckereien Hiestand und Fredy’s

1967: Fredy Hiestand gründet sein eigenes Unternehmen in Zürich-Wipkingen mit 5000 Franken und gebrauchten Maschinen.
1975: Nach acht Jahren erzielt er erste Erfolge mit tiefgekühlten Gipfelteiglingen.
1988: Fredy Hiestand revolutioniert die Bäckerwelt mit dem «Turbogipfel» und wird als «Gipfelikönig» bekannt.
1997: Sein Unternehmen wächst zu einem internationalen Konzern und geht erfolgreich an die Börse.
2003: Fredy gründet die Fredy’s AG in Baden AG, fokussiert auf hochwertige, natürliche Backwaren.
2010: Er erhält den Eberhard-Paech-Preis, den «Oscar der Bäckerwelt».
Heute: Als erste Bäckerei der Schweiz setzt sie in ihren Produktionsstätten in Baden und Birmenstorf nur noch IP-Suisse-Getreide aus pestizidfreiem Anbau und Verarbeitung als Mindeststandard ein. Ebenfalls wurde im Bereich der Tiefkühlbackwaren die Demeter-Zertifizierung realisiert.