Waldrestholz, das zur Verbrennung nicht geeignet ist, gleichwohl zu einem Wertstoff verarbeiten, das ist das Ziel von Energy Ocean GmbH. Die Stadtluzerner Firma setzt auf klimapositive Energiekonzepte. In Hofstatt, Luthern, konnte sie nach langer Standortsuche mit ihrem Partner, der Zwyer AG, auf einem Gewerbeareal letzten Dezember ihre erste Anlage zur Produktion von Pflanzenkohle realisieren, wie Mitinhaber Benjamin Schmeisser erklärte. Die Gebrüder Zwyer betreiben ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen mit Maschinenbetrieb und produzieren auch Holzschnitzel. Und neu betreuen sie die Anlage in der Hofstatt. Diese läuft ganzjährig täglich rund um die Uhr.

70 m3 Schnitzel pro Woche

Abo Geschäftsführer Klaus Seiler (l.) und Betriebsleiter Tobias von Rotz begutachten die Qualität des Kompostes in den grossen Hallen der Naturaenergie AG in Kägiswil. Im Hintergrund die Lagerbehälter mit dem Biogas.  Biomasse Obwaldner Naturaenergie AG setzt auch auf die Pflanzenkohle Wednesday, 25. September 2024 Das Restholz kommt aus der Region von den Mitgliedern des Vereins Wald Luzerner Hinterland. Diese waren letzte Woche eingeladen, um in der Hofstatt zu besichtigen, wie die Anlage funktioniert, welches Rohmaterial erwartet wird und wofür Pflanzenkohle verwendet werden kann. Der Bedarf an Restholz ist beträchtlich, wöchentlich müssten rund 70 m3 Schnitzel angeliefert werden, ganzjährig. Das stelle an die Planung und Logistik schon einige Herausforderungen, betonte Martin Hafner von der Napfholz GmbH, welche im Auftrag der Waldeigentümer für die Waldpflege und Holzvermarktung sorgt.

Pflanzenkohle nach 20 Minuten 

Die Schnitzel stammen meist aus Durchforstungen, nutzbar sind sowohl Nadel- wie Laubholz, auch mit viel Astmaterial, nicht aber von Sträucherschnitten. Dabei sei das Ziel, auf mindere Ware zu setzen, welches für Holzschnitzelheizungen weniger geeignet sei. Die Schnitzel werden meist feucht angeliefert und dann im gedeckten Lager mit Schubboden mit der Abwärme aus der Pyrolyse (Holzverschwelung) auf unter 10 Prozent getrocknet. Weitere Abwärme wird für ein Fernwärmenetz genutzt, das nun laufend ausgebaut werden soll. Die getrockneten Schnitzel gelangen nach dem Abscheiden von Fremdstoffen in die Verschwelungstrommel, wo diese nach einer Verweildauer von rund 20 Minuten bei Temperaturen unter 700 Grad zu Pflanzenkohle werden. Die wird dann abgekühlt und abgefüllt. Täglich werden drei Big Bags hergestellt, die je rund 5 m³ Schnitzel benötigen. Ein grosser Teil der Pflanzenkohle wird über die Zuger Verora vermarktet. Die Gesellschaft von Zuger Bauern setzt auf die Herstellung und Vermarktung von Produkten aus Biomasse wie Kompost oder Pflanzenkohle.

Positiv für Tiere und Böden

Über den Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft informierte Fredy Abächerli vom Maschinenring Zuger Berggebiet. Diese wirke dank der grossen Oberfläche wie ein Schwamm, binde nicht nur Giftstoffe, sondern auch Wasser und hemme Fäulnis im Boden. Wichtig sei, auf die Qualität zu achten, vor allem in der Tierfütterung, und nur EBC-zertifizierte Kohle zu verwenden. Wirtschaftlich sei der Einsatz vor allem bei Mehrfachnutzung, so als Stalleinstreu, als Einzelfuttermittel und Silagezusatz, zur Behandlung von Gülle und Mist, als Zuschlagstoff in der Kompostierung, als Pflanzenkohledünger und als Bodenverbesserer für den Humusaufbau.

Jährliche Kosten von 40 bis 50 Franken pro GVE

Für die Rindviehfütterung empfiehlt Abächerli rund 15 Gramm pro 100 kg Lebendgewicht der Tiere. Ein Big Bag mit 1,3 m³ Inhalt, der rund 450 Franken kostet, reiche für 10 bis 15 GVE und verursache jährliche Kosten von 40 bis 50 Franken pro GVE. Mit den Mehrleistungen und der besseren Gesundheit der Tiere würden diese Kosten sicher überkompensiert, meinte Abächerli. Zum Einsatz von Pflanzenkohle gebe es trotz vielen Studien noch viele offene Fragen. Die Wirkung sei aber vorhanden, wie viele Praktiker bestätigen. Und damit könnten auch die Methan- und Stickstoffemissionen reduziert werden, was sinnvoller sei als teure technische Massnahmen.

Pflanzenkohle in Beton einbauen

Über die Möglichkeiten und das grosse Interesse der Bauwirtschaft für CO2-Senken orientierte Roland Christen, technischer Berater, Projektpartner von Energy Ocean und Lehrer an der Baufachschule Sursee. Der Einbau von Pyrolysekohle in Asphalt und Beton berge ein enormes Potenzial. Dies beschleunige die Aushärtung und verlängere die Lebensdauer solcher Bauten.