«Es war immer dasselbe: Wer an einem Apéro keinen Prosecco oder Weisswein wollte, bekam halt einen Orangensaft», erinnerte sich Co-Gastgeberin Patricia Dähler vor einer Woche am ersten Agrofood-Treff, der bei der Firma Tröpfel GmbH in Mammern stattfand. «Damit lässt sich jedoch nicht stilvoll anstossen, man bleibt immer ein wenig ausgegrenzt.» Dass es keine würdigen Alternativen zu Alkohol gab, habe sie zunehmend gestört, sagte die Thurgauerin, die während vieler Jahre mit ihrem Mann das Ausflugsrestaurant Klingenzellerhof oberhalb von Mammern geführt hatte.
Die Perlage bleibt ihr Geheimnis
So begann die damalige Wirtin, eigenhändig zu tüfteln. Im Gegensatz zu Orangensaft sollte es etwas Einheimisches sein. Dabei besann sie sich auf die 150 Hochstamm-Apfelbäume auf ihrem Hof und weihte Esther Schaefer ein, die damals mit ihrem Mann im Gasthof Adler in Mammern wirtete. Diese hatte nicht nur Trauben beizusteuern, sondern auch den passenden Namen des neuen Getränks: «Tröpfel» – ein Wortkonstrukt aus «Trube» und «Öpfel».
Nach einem halben Jahr Ausprobieren war es im Herbst 2005 so weit: Die beiden Frauen hatten die erste Charge ihres alkoholfreien Schaumweins – bestehend zu zwei Dritteln aus Trauben und zu einem Drittel aus Äpfeln – hergestellt. Wie sie die feine Perlage (Schaumbildung) hinbekommen, bleibt bis heute ihr Geheimnis.
Niemand hatte auf die beiden Frauen gewartet
Die Suche nach einer Abfüllanlage gestaltete sich jedoch schwierig. «Niemand hatte auf uns gewartet», erzählt Esther Schaefer. «Überall hiess es, für 900 Flaschen lohne sich das Abfüllen nicht.» Schliesslich wurden sie beim Weinbauern Othmar Lampert im benachbarten Steckborn fündig. Dieser holte eine alte Abfüllanlage aus dem Keller, die sich als geeignet erwies.
Die 900 Flaschen Tröpfel – eigentlich für die Gastrobetriebe der beiden Gründerinnen gedacht – waren innert dreier Monate weg. Der alkoholfreie Schaumwein kam bei den Gästen an, die Nachfrage stieg. Ab dem darauffolgenden Jahr fuhren Dähler und Schaefer die Produktion hoch und begannen mit der Vermarktung via Läden, Restaurants und Hotels. Auf den Absatz über Grossverteiler verzichten sie: «Uns passt die selbstbestimmte Vermarktung ohne Preisdruck besser», so Esther Schaefer.
Tröpfel mit Schweizer Ingwer
Fünf Jahre später kreierten Dähler und Schaefer eine Variante ihres Schaumweins, den «Tröpfel der Zweite». Dieser ist etwas herber und weniger süss. Darauf folgten zwei weitere Tröpfel, ein roter mit Aroniabeeren und der «Kingwer», eine Variante mit Schweizer Ingwer. Später kam «Paes» dazu, ein alkoholfreier «Hugo», ebenfalls mit den Hauptzutaten Trauben und Apfel.
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Die neuste Kreation trägt den Namen «Sansbulle», ein sogenannter Essensbegleiter ohne Alkohol und Kohlensäure, der in einer weissen und einer roten Variante erhältlich ist. Die beiden Frauen blieben konsequent beim alkoholfreien Genuss: «Obwohl wir beide auch gerne ein Glas Wein trinken», betonte Schaefer.
Auf eine gewissen Säure kommt es an
«Alle unsere Zutaten stammen aus einheimischem Anbau», hielt Patricia Dähler fest. Für die Qualität sei es wichtig, gezielt auf Früchte erster Qualität zu setzen. Bei den Äpfeln kommen 24 bis 26 verschiedene Sorten zum Zug, darunter Sauergrauech, Tobiässler, Gravensteiner – allesamt Hochstämmer. «Es braucht eine gewisse Säure, daher kommt Tafelobst nicht infrage», ergänzte Dähler. Bei den Trauben werden vor allem Riesling und Johanniter verwendet.
Die beiden Unternehmerinnen arbeiten mit über 30 inländischen, zumeist regionalen Produzenten zusammen. «Ohne schriftlichen Vertrag, ein Handschlag reicht», so Dähler. Wichtig sei der persönliche Austausch auch unter dem Jahr. Dähler und Schaefer scheuen auch den Kontakt mit den Kunden nicht: Die Etikette jeder Flasche ist mit Porträts und Handynummern der beiden Gründerinnen versehen. Fragen sind willkommen, «was auch regelmässig genutzt wird», wie Schaefer verrät.
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Die zwei Thurgauerinnen sind ein bewährtes Zweierteam. Gemeinsam werden Lösungen gesucht und Entscheidungen gefällt. Seit einigen Jahren sind beide hauptberuflich für ihr Unternehmen tätig, das heute über 70 000 Flaschen Tröpfel pro Jahr produziert und an mehr als 350 Verkaufsstellen liefert.
Die letzten 19 Jahre waren kein Spaziergang
«Die letzten 19 Jahre waren kein Spaziergang», betonte Esther Schaefer. Beispielsweise seien sie mit ihren Ideen immer wieder vom Lebensmittelamt zurückgepfiffen worden. Wie geht es weiter? «Wir sind in der ganzen Schweiz angekommen und möchten unsere Marktpräsenz gerne festigen.»
Erster Agrofood-Treff
Der erste Agrofood-Treff stellte alkoholfreie Alternativen am Beispiel der Tröpfel GmbH vor. Die Firma sei ein erfolgreiches Beispiel für ein entsprechendes Angebot, sagte Simone May, Geschäftsleiterin von Agro Marketing Thurgau. «Dies passt zum Trend zum gemässigten Alkoholkonsum, der in den letzten Jahren aufgekommen ist.»
Der Agrofood-Treff wurde organisiert vom Kompetenznetzwerk Ernährung, Agro Marketing Thurgau sowie dem Schweizerischen Verband der Ingenieur Agronom(innen) und Lebensmittel-Ingenieur(innen) (SVIAL).
