An der Medienkonferenz vom Freitag, 12. Januar 2024, hatte Verwaltungsratspräsident Carlo Croci keine guten Nachrichten für den Kanton Tessin. Mit der Schliessung der Molkerei Lati SA gehe ein Stück Tessiner Milchgeschichte zu Ende, heisst es in einer Medienmitteilung.
Rettungsaktion vor fünf Jahren
Vor fünf Jahren befand sich die Firma in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Eine Rettungsaktion wurde gestartet. Das neue Aktionariat konnte den Konkurs abwenden. Zwischenzeitlich wurden mehrere Stabilisierungsmassnahmen umgesetzt.
Nun ist Mitte Jahr dennoch Schluss, denn «die Umsätze haben sich nicht wie geplant entwickelt und ab Herbst 2022 haben sich die Zahlen nochmals signifikant verschlechtert.»
Zudem wäre es laut dem Verwaltungsrat zwingend gewesen, dass «Lati»-Produkte auch in der Deutschschweiz Fuss gefasst hätten. Trotz aller Anstrengungen sei dies nicht gelungen.
Hohe Transportkosten - im Sommer fehlt Milch
Neben den unbefriedigenden Umsätzen belasten hohe Strukturkosten die Bilanz. Zum einen sind es das Areal mit den grossen Gebäudevolumen (mit vergleichsweise sehr kleiner Milchverarbeitung von rund 4 Mio. kg Milch), zum anderen steht der Standort S. Antonino nicht im Zentrum der Tessiner Milchproduktion, was schon seit jeher hohe Transportkosten generiert hat.
«Weiter fehlt der Lati SA während den Sommermonaten genügend Milch, da die Tessiner Milchbauern traditionsgemäss mit ihren Kühen auf den Alpen sind und Alpprodukte mit hoher Wertschöpfung herstellen.»
Alternativen zum Standort S. Antonino geprüft
Die Schliessung des Standorts S. Antonino musste wegen der strukturellen Probleme und der hohen Strukturkosten zwingend diskutiert werden. Seit Frühjahr 2023 war der Verwaltungsrat mit Hochdruck daran, verschiedene Möglichkeiten zu prüfen. Auch der Kanton Tessin und die Aktionäre wurden in die Gespräche eingebunden.
Zum Beispiel sei eine vollständige Produktionsverlagerung zur Caseificio dimostrativo del Gottardo SA in Airolo geprüft worden. Es habe sich allerdings rasch gezeigt, dass sehr hohe Investitionen von CHF 7 bis 8 Mio. (ohne Handel) für ein derartiges Unterfangen hätten getätigt werden müssen.
Was nun?
Der Handel und die Konfektionierung, unterer anderem auch von Tessiner Alpkäse, werden zur Cetra Alimentari SA in Mezzovico transferiert. Dafür sind dort Investitionen von 600`000 bis 800`000 Franken notwendig.
Die Herstellung der geschmierten «Lati»-Halbhartkäse Merlottino, Fontella, Sole del Ticino und der Formagella werden künftig durch die Caseificio dimostrativo del Gottardo SA in Airolo übernommen. Die Produktion von «Lati»-Büscion ist ebenfalls in der Caseificio Airolo geplant. Dies betrifft ein Volumen von zirka 1.6 Mio. kg Milch oder 140 Tonnen Käse.
Für die «Lati»-Weichkäse Brioso, Robiola/Tomino, Gorello, Quadratino und Formagini von insgesamt 90 Tonnen (1.1 Mio. kg Milch) und die Trinkmilch (Pastmilch) von rund 1.3 Mio. kg Milch wird der Transfer zu anderen Milchverarbeitern respektive Käsereien innerhalb des Tessins geprüft. Die Verarbeitung dieser Produkte sei zum heutigen Zeitpunkt noch nicht gesichert.
10 bis 12 Stellen gehen verloren
Die Standortschliessung in S. Antonino sei leider auch mit einem Stellenabbau verbunden. Die LATI SA beschäftigt heute 21 Personaleinheiten (PE) und zwei Lernende.
Ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die beiden Lernenden werden von Cetra Alimentari SA (6 PE und 1 Lernender) und Caseificio dimostrativo del Gottardo SA (2 PE und 1 Lernender) übernommen. 10 bis 12 Mitarbeitenden gegenüber müsse die Kündigung ausgesprochen werden. Für diese Mitarbeitenden werde ein Sozialplan erstellt.
Marke bleibt bestehen
Die Marke «Lati» sei im Kanton Tessin gut und emotional verankert. Die Milch dafür muss aus dem Tessin stammen und auch dort verarbeitet werden. Sie gehört der Lati SA und soll wieder an ihren ursprünglichen Besitzer, den Tessiner Milchverband respektive die Federazione Ticinese Produttori di Latte (FTPL), übertragen werden. «Lati» habe das Potenzial für eine starke regionale Marke im Tessin.
ZMP übernimmt restliche Milch
Die Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) garantiere dem Tessiner Milchverband FTPL respektive den Tessiner Milchbauern die Abnahme sämtlicher Milch, welche nicht im Tessin verarbeitet werden kann, heisst es weiter. Die ZMP übernehme diese zu den marktüblichen Milchpreisen.
Für die Tessiner Milchproduzenten gebe es keine Veränderung. Sie bleiben nach wie vor Mitglied bei FTPL. Die Logistik wird zusammen mit FTPL aufgegleist. Die Gespräche hierzu laufen laut Mitteilung bereits.