Man sagt, das Alprecht sei das stärkste Recht überhaupt. Es regelt nicht nur das Anrecht auf Nutzung, sondern auch das Anrecht auf Eigentum. Im Kanton St. Gallen gibt es seit drei Jahren eine neue Alpbuchverordnung. Sie löste die Verordnung über das Alpbuch vom 22. März 1951 ab. Doch auf der Internetseite des Kantons ist bereits wieder eine neue Fassung zu finden, die auf den 1. Januar 2023 in Kraft trat. Die Änderung betrifft Artikel 8 «Alpbuchblatt», Buchstabe e «die Art des Nutzungsrechts». Der Artikel 8e wurde ersatzlos gestrichen.
Nutzungsrecht kann Vieles beinhalten
Alexander Gulde, Leiter des zuständigen Amtes für Gemeinden und Bürgerrecht, erklärt auf Nachfrage: «Wir mussten feststellen, dass der Begriff ‹Art des Nutzungsrechts› zu Missverständnissen führte.» Die Verordnung über das Alpbuch regelt die Rechtsgeschäfte über selbstständige Anteilrechte an privatrechtlichen Korporationen und die Führung des Alpbuchs für Alpen und Weiden im Eigentum von Alpkorporationen.
«Der Absatz ‹Art des Nutzungsrechts› sollte genauer umschreiben, was ein Anteilsrecht an einer Alp alles umfasst.»
Alexander Gulde, Leiter Amt für Gemeinden und Bürgerrecht St. Gallen
Denn ein Nutzungsrecht kann ein Weide-, Streue-, Holz- oder Waldnutzungsrecht, aber auch ein Weg- oder Wassernutzungsrecht sein.
Alpbewirtschafter befürchteten Einschränkungen
Es habe vonseiten der Alpbewirtschafter Befürchtungen gegeben, das Weiderecht sei durch diese Bestimmung eingeschränkt worden. Gulde stellt klar: «Die Art des Nutzungsrechtes ist nur ein Teil eines selbstständigen Anteilsrechtes, das durch die Alpkorporation geregelt wird.» Einerseits sei die Nutzungsart nicht überall aus den Statuten der Alpkorporation ersichtlich. Andererseits habe die Erfahrung gezeigt, dass die Umschreibung der Nutzungsart im Grundbuch zu Missverständnissen führen könne.
Ernst Kurer ist Leiter der Grundbuchaufsicht St. Gallen. Er sagt: «In der Diskussion über die Alpgebäude stellten wir fest, dass einzelne Personen das Nutzungsrecht nicht als Teil des Alp-rechts bzw. Anteilsrechts verstanden, sondern alternativ in dem Sinne, dass einer Person entweder ein Nutzungsrecht oder ein Alprecht zusteht.»
Gilt für neue Alpbuchblätter ab 1.1.2023
Die St. Galler Regierung liess Artikel 8e darum ersatzlos streichen. Die Änderung wurde am 8. November 2022 erlassen, also zum gleichen Zeitpunkt, bis zu dem der Kanton die Frist für die Anpassung der Alpstatuten verlängert hatte. Im Wortlaut des Regierungsratsbeschlusses heisst es: «Mit der Eintragung der Nutzungsart im Alpbuch kann der falsche Eindruck erweckt werden, dass vom selbstständigen Anteilsrecht unabhängige oder erweiterte bzw. von den Statuten abweichende Rechte bestehen. Diese potenzielle Rechtsunsicherheit ist problematisch. Da die Eintragung der Art des Nutzungsrechtes keinen zusätzlichen Nutzen bringt, ist auf deren Erwähnung zu verzichten und Buchstabe e in Artikel 8 zu streichen.»
Die Beschreibung des Nutzungsrechtes muss folglich in der Beschreibung des Alprechts nicht mehr aufgeführt werden. Weil neue Bestimmungen keine Rückwirkung haben und keine Übergangsbestimmung erlassen wurde, betrifft die neue Bestimmung nur seit dem 1.1.2023 neu anzulegende Alpbuchblätter. Für auf den Zeitraum davor datierte Alpbuchblätter bleibt alles beim Alten, die Alpkorporationen müssen keine Anpassungen beim Grundbuchamt beantragen. Laut Ernst Kurer ist das aber auch nicht nötig.
«Massgebend für die Nutzung sind die Statuten, in denen die Alpkorporationen Rechte und Pflichten der Mitglieder festhalten.»
Ernst Kurer, Leiter Grundbuchaufsicht St. Gallen

