Von Blauäugigkeit mag niemand reden. Dennoch ist es nicht vom Tisch zu wischen. Der Markt für Bioschweinefleisch ist überfüllt. Auch im Bereich der Milch bestehen Wartelisten.

Gesättigte Märkte

"Es ist einfach eine Gratwanderung", erklärt Kathrin Schneider, Präsidentin der Bärner Bio Bure gegenüber der BauernZeitung und spricht damit die Sättigung der beiden Kanäle an. Im Gegenzug dürfe es aber auch kein fehlendes Angebot geben, wenn denn eine Nachfrage bestehe, so Schneider. Und die sei in ganz vielen Bereichen des Biomarkts in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.

Coop liess jüngst gar verlauten, dass im Jahr 2025 25 Prozent aller Produkte in den Gestellen des Detailhändlers aus der biologischen Produktion stammen sollen. "Wenn wir das nicht in der Schweiz produzieren, dann kommt es aus dem Ausland", weiss Schneider, die für sich persönlich in der Bio-Produktion einen Marktanteil von rund 20 Prozent anstrebt. Die Produktion in der Schweiz gänzlich auf Bio umzustellen, erachtet sie allerdings als Illusion und mit Blick auf jene, die beim Kauf weder auf Produktionsform noch Herkunft achten, als nicht praktikabel. "Was machen wir denn mit den Leuten, die billig einkaufen wollen?", fragt sie.

Danach geht es weiter

Auf der einen Seite steht der Konsument, auf der andern der Landwirt. Und der sollte keinesfalls nur des Geldes wegen auf die Biolandwirtschaft umsatteln, ist Schneider der Ansicht. Denn mit Durststrecken sei auch hier zu rechen, wie es sich derzeit im Bereich der Milch und des Schweinefleisches zeige. Auf das neue Jahr haben im Kanton Bern 67 Betriebe auf Bio umgesattelt. Das nicht zuletzt aufgrund der Berner Bio Offensive, die von verschiedenen Partnern getragen wird.

Das quantitative Ziel der Offensive, dass bis ins Jahr 2020 jährlich mindestens 50 Betriebe umstellen, ist also mehr als erreicht. Doch was ist danach? "Geht es weiter", erklärt Andreas Wyss, Geschäftsführer des Berner Bauernverbands. Auch er sitzt am Tisch, wenn es um die Planung rund um die Fortsetzung der Berner Bio Offensive geht. Wie sich das Folgeprojekt, das Berner Bio Offensive 2024 heissen soll, präsentiert, sei derzeit Gegenstand der Erarbeitung.

Mit welchen Geldern?

Wenn schon von Blauäugigkeit die Rede sein muss, dann wohl im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die laufende Offensive ohne zusätzliche finanzielle Mittel ausgestattet war. Eine Offensive ohne Geld? Wie die BauernZeitung in Erfahrung brachte, haben insbesondere Mitarbeiter des Inforama das Engagement zur Umsetzung der Offensive, im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Kanton ausüben müssen, ohne, dass dafür zusätzliche Kapazitäten geschaffen wurden. Das soll ändern.

Zudem wird man auch den Markt noch stärker einbeziehen, wie Andreas Wyss im Gespräch verlauten lässt. "Wir haben im Bio-Bereich ein Marktpotenzial. Das Ziel ist, es jenen zugänglich zu machen, die das wollen", erklärt Wyss. Die Offensive hat für ihn unter anderem die Aufgabe, den Produzenten den Zugang zur Umstellung zu erleichtert. Dabei dürfe aber nicht die Anzahl der umgestellten Betriebe im Vordergrund stehen. "Die Zielsetzung muss sein, sich am Markt zu orientieren", erklärt er. Gerade im Schweinesektor dürfte die Nachfrage auch künftig nicht steigen.

"Man hat das kommen sehen", sagt Kathrin Schneider zur Situation auf dem Bio-Schweinemarkt. Das sei ein sehr kleiner Markt. Da brauche es nur einzelne Grossbetriebe, die umstellen, damit das Angebot die Nachfrage übersteigt.

Die Herausforderungen

Die Gesamtbetrieblichkeit in der biologischen Landwirtschaft, der riesige Aufwand im Bereich der Ackerkulturen und die breite Abstützung auf die tierische Produktion im Kanton Bern dürften also auch weiterhin die Hürde zur Erhöhung der Anzahl Bio-Betriebe bedeuten. Zudem gibt Kathrin Schneider zu bedenken, dass die Berner Bauern keine homogene Gruppe sind. In keinem anderen Kanton sei eine derart grosse Vielfalt in der Produktion zu finden. Das erschwere alles zusätzlich, "weil es langsamer vorwärtsgeht." Dennoch ist sie sicher, dass Veränderungen stattfinden. Die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt. Das Interesse, diese direkt ab Hof zu beziehen sei sogar im Gastro-Kanal angelangt, weiss sie. Immer wieder würden bei den Bärner Bio Bure Anfragen reinkommen, wonach Küchenchefs regional und biologisch produzierte Produkte nachfragen.

Zusätzliche Mittel

An der Berner Bio Offensive ist auch der Kanton beteiligt. Wie Markus Wildisen, Inforama-Direktor, auf Anfrage ausführt, werden im nächsten Jahr die Erfahrungen mit der aktuellen Offensive auszuwerten und zu analysieren sein, "damit die richtigen Schlussfolgerungen für die Fortsetzung gezogen werden können." Fest stehe aber jetzt schon, dass die Wertschöpfung auf den Betrieben eines der Themenfelder belegen wird. Der Herausforderung der knappen personellen Ressourcen soll nach Möglichkeit mit einer auf die Projektdauer zeitlich befristeten Stelle begegnet werden.

Auf die Frage, welche Betriebe im Rahmen der Umstellung denn "gesucht seien", sagt Wildisen: "Vor dem Hintergrund des hohen Importanteils bei Ackerfrüchten haben wir den Fokus des Umstellungswunsches vor allem auf den Ackerbau und die Spezialkulturen gelegt. Dies aus der Überlegung heraus, dass die Importe durch im Kanton Bern produzierte Bioprodukte ersetzt werden und damit die Wertschöpfung der einheimischen Berner Land- und Ernährungswirtschaft gestärkt wird."