Seit diesem Jahr muss nach Bio-Suisse-Richtlinie das Wiederkäuerfutter zu 90 Prozent, ab 2022 zu 100 Prozent aus Schweizer Produktion stammen. Um den erforderlichen Bedarf an Futtersoja zu decken, fehlen der Branche schätzungsweise mindestens 1000 Hektaren Anbaufläche. Innerhalb der letzten fünf Jahre konnte die Produktion bereits um knapp das Zehnfache erhöht werden. Der Anbau von Futtersoja ist aber nicht für Jedermann geeignet und kann zur Herausforderung werden, weiss Andreas Rohner, Leiter Ressort Bio-Rohprodukte bei der Fenaco.

Herr Rohner, Soja ist feucht-warme Wachstumsbedingungen gewohnt, wie sie im Ursprungsland China, Japan und Südostasien herrschen. Kann Soja so einfach in der Schweiz angebaut werden?

Andreas Rohner: Die Pflanze ist wärmebedürftig, sie braucht warme Temperaturen für eine rasche Entwicklung. Der Anbau hat dadurch sicherlich einige Herausforderungen, weil mit der Aussaat bis mindestens bis Anfang Mai zugewartet werden muss. Die grösste Herausforderung im Anbau stellt die Unkrautkontrolle dar. Bis zum ­Reihenschluss muss meist gestriegelt und gehackt werden. Zur Abreife hin verliert die Pflanze ihre Blätter und lässt im Frühherbst nochmals viel Licht für Spätverunkrautungen auf den Boden. Da Soja hier nicht heimisch ist, braucht sie für eine gute Ertragsbildung jeweils zur Aussaat auch eine Saatgutimpfung mit spezifischen Rhizobien, also Knöllchenbakterien.

In welchen Regionen ist der Anbau hierzulande möglich?

Grundsätzlich kann in Lagen bis 500 m. ü. M, wo erfolgreich Körnermais angebaut wird, auch Soja angebaut werden.

 

So funktioniert der Anbau 

Unterschied zum Anbau von Speisesoja: Speisesoja hat höchste Qualitätsanforderungen, je nach Abnehmer. Futtersoja nur die von Swiss Granum definierten. Es muss weniger auf Verunreinigungen (Sonnenblumen, Mais), Verfärbungen (Erde, Unkraut) und Tropanalkaloide (Stechapfel im Feld) geachtet werden.  

Fruchtfolge: Soja nur wenige Jahre nach einem Wiesenumbruch anbauen. Möglichst eine Parzelle mit geringem Unkrautdruck wählen. Unkrautdruck kann auch mit verschiedenen Massnahmen in der Fruchtfolge reduziert werden.

Düngung: Möglich, aber nicht notwendig ist Grünschnittkompost mit geringem Strickstoffgehalt oder kleine Mist- oder Mistkompostgaben. Keine stickstoffhaltigen Hofdünger einsetzen, da nur die Unkräuter davon profitieren. Düngung ist bei Soja in der Tat nicht wirklich ertragsrelevant. Es fördert das Biomassewachstum und kann zu Lagerung führen.  

Bodenbearbeitung: Mulchsaat ist möglich. Bei sehr hohem Unkrautsamenvorrat und bei wenig Erfahrung im Sojaanbau empfiehlt sich der Einsatz des Pfluges.  

Unkrautregulierung: Unkrautkur. Blindstriegeln 1 bis 3 Tage nach der Aussaat (Keimling anschauen), nicht auf der Saatreihe fahren (Striegel, Sternhacke oder Rollstriegel zu Beginn). Zwei bis drei Hackdurchgänge, idealerweise mit Fingerhacke.

Saat: Saattermin ungefähr 10. Mai. Bodentemperatur nicht unter 10°C. Bei kalten und nassen Bedingungen wächst nur das Unkraut. Saatgut Obelix (000 früh), Aurelina (000 früh) und Galice (00/000 mittelfrüh). Reihenabstand 30 bis 50 cm (ermöglicht Hacken). Saatdichte 70 bis 80 Körner/m². Angestrebte Pflanzendichte liegt bei 000 Sorten bei 60  bis 65 Pflanzen/m². Bei spätreiferen etwas weniger (sie verzweigen mehr). Verluste bei Striegeln und Hacken mit einplanen. Saattiefe 4 bis 5 cm. Gleichmässige Saattiefe ist ein Erfolgsfaktor.  

Pflanzenschutz: Kontrolle von sporadisch auftretenden Distelfalterraupen (selten Ertragseinbussen) im Biolandbau nicht möglich, Nerven behalten. In feuchten Jahren Schnecken- sowie Sklerotinia-Befall (selten nennenswerte Schäden). Taubenschäden nach dem Auflauf möglich.

Beratungsmaterial: Viele Beratungsmaterialien sind im FiBL-Merkblatt auf dem FiBL Video-Kanal oder auf Bioaktuell.ch erhältlich. Die Webseite www.Sojafoerderring.de ist eine wertvolle Ressource.

 

Bis 2021 sollen für eine ­ausreichende Versorgung nochmals 1750 Tonnen mehr geerntet werden als in diesem Jahr. Ist das zu schaffen?

Eine solche Steigerung wäre aus Sicht des Gesamtmarkts Bio-Futtergetreide wünschenswert. Es wäre theoretisch möglich, würde aber bedingen, dass zahlreiche Betriebe für 2021 Soja in ihre Fruchtfolge aufnehmen. Die Flächen würden auf Kosten anderer Frühjahrskulturen wie etwa Mais eingesetzt.

Ich kann mir vorstellen, dass ein Wechsel so manchem schwerfällt. Gibt es Anreize?

Im Moment fördert die BioSuisse durch Umlagerung von Beiträgen der Futtergetreideproduzenten den Anbau von Soja und Lupinen. Für beide Kulturen erhalten die Produzentinnen und Produzenten nebst dem Marktpreis noch einen Förderbeitrag aus der Bio-Suisse-Kasse, der momentan 35 Fr./100 kg ausmacht. Die Flächenrentabilität von Futtersoja ist nicht ganz so hoch wie bei Körnermais. Aber Soja erhält einen Einzelkulturbeitrag von 1000 Franken pro Hektare. Unterdessen sind auch etwas ertragsstärkere Sorten aus Bio-Vermehrung verfügbar. 

 

Lohnt sich ein Wechsel für mich? Hier ein Vergleich:

  Mais Speisesoja Futtersoja
Ertrag dt/ha 80 dt 25 dt 27,5 dt
Preis pro dt 84.- 210.- 140.-
Erlös in Franken 6560.- 5250.- 3850.-
Basisbeitrag 900.- 900.- 900.-
Beitrag off. AF 400.- 400.- 400.-
Biobeitrag 1200.- 1200.- 1200.-
Einzelkultur - 1000.- 1000.-
Total pro ha (ohne Kosten) 9060.- 8750.-

7350.-

 

5 Fakten zu Schweizer Futtersoja

  1. Im Schweizer Ackerbau spielt Soja erst seit Ende der 1980er Jahre eine Rolle. Seit 1981 bemüht sich die Eidgenössische Forschungsanstalt Agroscope um die Züchtung von GVO-freien, klimatisch angepassten Sojasorten. Zahlreiche frühreife Sorten, die ertragreich sind und während der Blütezeit kühlere Temperaturen tolerieren, stehen den Landwirten im In- und Ausland zur Verfügung.
  2. Im Jahr 2019 wurden auf einer Fläche von rund 1750 Hektaren etwa 5350 Tonnen Sojabohnen (Quelle: Swiss Granum) nach den Vorgaben des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) produziert.
  3. Im Biolandbau waren dies rund 400 Hektaren Sojabohnen 2019. Wobei der Grossteil davon im Rahmen von Anbauverträgen für die Bio- Lebensmittelverarbeitung angebaut worden war.
  4. Nur etwa 370 Tonnen, also etwa 150 von den 400 Hektaren gelangten als Bio-Futtersojabohnen in den Markt (Quelle: Bio Suisse).
  5. Abnehmer von Bio-Futtersoja sind fast ausschliesslich die Bio-Mischfutterhersteller. Eine Verwendung im eigenen Betrieb durch die Tierhalter ist eher selten, weil Soja thermisch («getoastet») behandelt werden muss, um als Futtermittel breit Einsatz zu finden.