Die Jungbäume auf der Agroforstparzelle des Biohofes Husmatt präsentieren sich in der Entwicklung aktuell noch etwas bescheiden. Ganz im Gegensatz zum Enthusiasmus von Betriebsleiter Meinrad Betschart. Er zeigt sich begeistert vom System des dynamischen Agroforsts. Der Schwyzer Biolandwirt interessiert sich schon länger für alternative Bewirtschaftungssysteme und besuchte dazu Weiterbildungen im Bereich Permakultur.
Abschlussarbeit des Sohnes
Meinrad Betschart stellte aber fest, dass dieses Produktionssystem – trotz all der Vorzüge – infolge des hohen Arbeitsaufwandes auf seinem Betrieb aktuell nicht realisierbar sei. Vor zwei Jahren dann machte sein Sohn Ramon Betschart im Rahmen seiner Ausbildung zum Agrotechniker eine Abschlussarbeit zum Thema Agroforst. Mittels Lektüre informierte und begeisterte sich auch der Seniorchef über dieses Anbausystem. «So eine Abschlussarbeit ist ja gut und recht, aber wenn beide Generationen schon so davon überzeugt sind, sollte ein Projekt auch zeitnah umgesetzt werden», erinnert sich Meinrad Betschart zurück. Anfang 2022 wurden die ersten Planungsarbeiten in Angriff genommen, zwei Monate später bereits die ersten Bäume gepflanzt. [IMG 2]
Grosse Diversität bei Bäumen
Für dieses Projekt «opferte» Familie Betschart ihre schönste Parzelle. In einem ersten Schritt wurden auf rund einer Hektare drei Reihen Bäume und Begleitpflanzen in ostwestlicher Richtung gepflanzt. Der Reihenabstand beträgt 14 Meter, wovon 12 Meter für die Kulturen und 2 Meter für die Baumreihen selber benötigt werden. Als Kulturen wurden bisher verschiedene Getreide angebaut, die Untersaat wurde mehrheitlich geweidet. Bei der Auswahl der Bäume und Sträucher wurde auf eine möglichst grosse Diversität geachtet, maximal vier Bäume pro Sorten wurden gepflanzt. Die wichtigsten Auswahlkriterien waren Robustheit, Schorf- und Feuerbrandresistenz und dass die Sorten auf der Pro-Specie-Rara-Liste aufgeführt waren.
Kein Pflanzenschutz geplant
Auch Nutzholzbäume und Futterheckenpflanzen wurden gesetzt. Dadurch erhofft sich die Familie Betschart ein möglichst positives Schädlings-Nützlings-Gleichgewicht, denn auf Pflanzenschutz möchte sie auch zukünftig verzichten.
Um die Jungpflanzen zu schützen, wurden gegen Mäusefrass Knoblauch und Meerrettich gepflanzt, Rotwildschäden werden durch den Einsatz von Schafsfett vermindert. Die rund 50 Hochstammbäume, 20 Nutzholzbäume und die grosse Anzahl Sträucher hätten gegen 12'000 Franken gekostet. Ein schöner Teil davon wurde über die Landschaftsqualitätsbeiträge abgegolten.[IMG 3]
Viel Handarbeit
Auch für die Pflege der Bäume könnten zukünftig Unterstützungsgelder ausgelöst werden. Da die erforderlichen Zurechnungsflächen vorhanden sind, gilt die Agroforstfläche auch als Obstgarten.Für die Pflege der Baumstreifen wird das Gras gemäht und liegengelassen. Das führe zu einer schönen Mulchschicht, welche sich positiv auf den Wasserhaushalt auswirke. Es gab auch schon Rückschläge: Die Grauerlen gingen infolge des hohen Wasserbedarfs alle kaputt, auch der Sanddorn sei mehrheitlich verdorrt. Nicht zu unterschätzen sei die Handarbeit, welche trotz Investition in einen schmalen Motormäher beträchtlich sei.
Noch viel Potenzial
Für die Zukunft sieht Meinrad Betschart neben der baldigen flächenmässigen Vergrösserung der Anlage noch viel Potenzial in seiner Agroforstanlage. «Vor allem die Zwischenräume in den Baumreihen möchten wir noch besser nutzen.» Dafür würden sich Pflanzungen wie Beeren, Blumenwiese, Kartoffeln oder mehrjähriges Gemüse anbieten.
Biohof Husmatt
Betriebsleiter: Eva und Meinrad Betschart-Waser
Fläche: 20 ha LN, davon 8 ha BFF und 4 ha Ackerflächen (Dinkel, Weizen, Hafer, Roggen und Polentamais), 180 Hochstammbäume, 750 Meter Trockenmauern, 400 Laufmeter Hecken
Viehbestand: 15 Milchkühe plus Nachzucht
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Sohn Ramon Betschart in Teilpensum, Praktikanten
Pro-Bio-Fachanlass
«Klimaschonende Landwirtschaft – Agroforstsysteme» war der Titel des Pro-Bio-Fachanlasses auf dem Biohof Husmatt in Rickenbach. Dieser wurde von Bio Schwyz, Silvocultura und Bio Suisse organisiert. Neben dem Betriebsleiter Meinrad Betschart referierte auch Mareike Jäger von Silvocultura. Insbesondere in ausgeräumten Landschaften wie im deutschen Brandenburg oder in Niederösterreich würde das Agroforstsystem grosse Vorteile bringen. Dadurch könnten die vorhandenen Wasserressourcen besser genutzt werden. Aber auch die Fotosynthese-Leistung nehme infolge der enormen Grünmasse auf mehreren Etagen zu. Zudem sei das Bodenwurzelvolumen in diesen Systemen eindrücklich. Trotz der noch bescheidenen Erfahrungen mit dem Agroforstsystem seien aber auch grössere Herausforderungen zu erkennen. Die Jungbaumentwicklung sei entscheidend, infolge des extensiven Untergrunds würde sich schadenstiftende Mäuse sehr wohl fühlen. Mindestens so wichtig für den Erfolg sei auch die Ausdauer der Initianten. «Agroforstsysteme sind Generationenprojekte, welche von den Bewirtschaftern viel Ausdauer verlangen.»
Agroforst
Der Begriff Agroforst bezeichnet die Kombination von Obst- und Nutzholzbäumen oder mehrjährigen verholzenden Strukturen mit landwirtschaftlichen Unterkulturen auf derselben Fläche.
Gerade in der Schweiz kennt man diese Landnutzung im Doppelpack bereits seit Jahrhunderten – in Form der Waldweiden im Jura, Kastanienselven im Tessin oder den klassischen Hochstamm-Obstgärten, die vielerorts die Kulturlandschaft prägen.
Bei Agroforstsystemen wird unterschieden zwischen der Unternutzung mit Wiesen und Weidehaltung mit Vieh oder mit verschiedensten Feldkulturen. Die Agroforstsysteme in Kombination mit Tierhaltung werden «sylvopastoral» genannt. Agroforstsysteme in Kombination mit Feldkulturen heissen «sylvoarabel». Quelle: www.agroforst.ch