Die Tendenz der vergangenen Jahre ist unverkennbar: Längere Trockenperioden und Hitzetage im Sommer stehen heftigen Unwettern mit Überschwemmungen gegenüber. Schneearme Winter mindern die natürliche Wasserspeicherung und akzentuieren temporären Wassermangel. Mittendrin: die Landwirtschaft. Der von der Liebegg organisierte Tag der Spezialkulturen befasste sich mit den damit verbundenen Herausforderungen.

Kantonale Wasserstrategie im Aargau

Dass Wasser nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung steht, bedeute einen Paradigmenwechsel. Das betonte Norbert Kräuchi, Abteilungsleiter Landschaft und Gewässer. Im langjährigen Mittel gab es im Aargau elf Hitzetage mit über 30 Grad. Bis ins Jahr 2060 ist mit einem Anstieg auf 25 bis 45 Hitzetage zu rechnen. Das bedinge eine Verhaltensänderung bei allen Anspruchsgruppen. «Wir müssen uns an die neuen Verhältnisse anpassen, gemeinsam nach Lösungen suchen – zum Beispiel Regenwasser sammeln statt abführen.» Beim Hochwasserschutz habe man aus jedem Ereignis Schlüsse und Lehren gezogen. Einen analogen Lernprozess brauche es auch beim Umgang mit Wasserknappheit. [IMG 2]


«Der Boden ist voll von Leben und ein Wasserspeicher erster Güte.»

Die Entwässerung habe Schaden angerichtet, sagte Norbert Kräuchi, Abteilungsleiter Landschaft und Gewässer. 


Der Aargau reagiert mit einer kantonalen Wasserstrategie auf die Situation. Sie verfolgt drei Stossrichtungen: die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens erhöhen, den Wasserrückhalt in Siedlung und Landschaft verbessern sowie die Verteilung bei Wasserknappheit steuern. Es handelt sich um eine Verbundaufgabe, die alle drei Staatsebenen und sämtliche am Kreislauf Beteiligten und Nutzergruppen betrifft. «Mit der Wasserstrategie wollen wir in einem partizipativen Prozess den sparsamen Umgang mit der Ressource fördern.» Die Landwirtschaft sei in Trockenperioden auf Bewässerungsmöglichkeiten angewiesen. Aber auch angepasste Kulturen seien ins Auge zu fassen. «Letztlich geht es um eine faire Verteilung des knappen Gutes Wasser.»

Der Boden spiele eine zentrale Rolle im Wasserhaushalt, sagte Kräuchi. «Er ist voll von Leben und ein Wasserspeicher erster Güte. In den vergangenen 200 Jahren hat man ihn grossflächig entwässert und damit erheblichen Schaden angerichtet.» Feuchtflächen seien enorm wichtig für die Natur, Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Die verbliebenen Flächen reichten nicht mehr aus, diese Funktion zu gewährleisten.

Aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtete Johannes Koestel von Agroscope Aufbau und Beschaffenheit des Bodens. Massgebend für ein hohes Wasseraufnahmevermögen ist ein intaktes zusammenhängendes Porensystem. Wird es unterbrochen, vermindert sich die Speicherkapazität. Eine Hauptursache bildet die Bodenverdichtung: Das Wasser kann nur noch langsam versickern, fliesst oberflächlich ab und verursacht Erosionsschäden. Als weitere Folge wird der Boden unzureichend belüftet.

Möglichkeiten der Grundwassernutzung

Zwei weitere Referate befassten sich mit Möglichkeiten der Grundwassernutzung zur Bewässerung und der Bewilligungsfähigkeit von Tank- und Teichanlagen. Zwar wurden die Grundwasservorkommen in längeren Trockenperioden zeitweise spürbar reduziert, wie Christoph Mahr von der Abteilung für Umwelt ausführte. Beim Trinkwasser kam es bisher trotzdem kaum zu Versorgungsengpässen. Die Nutzung von Grundwasser zur Bewässerung ist bewilligungs- und gebührenpflichtig. Neue Grundwassernutzungen erfordern eine Standortabklärung und ein Baubewilligungsverfahren. Bewilligungen sind an fehlende Alternativen und effiziente Bewässerungssysteme geknüpft, und das Grundwasser darf nicht übernutzt werden. Weil die öffentliche Versorgung Vorrang hat, sind bei starker Trockenheit Einschränkungen möglich. Wie Mahr ergänzte, ist die Verfügbarkeit von Grundwasser im Vergleich mit Fliessgewässern deutlich limitiert.

Es gibt Beiträge von der öffentlichen Hand

Anlagen für Bewässerung und Frostschutz werden bewilligt, wenn sie betriebsnotwendig und zonenkonform sind, erklärte Peter Hänzi, Sektionsleiter Strukturverbesserungen und Raumnutzung. Ist die Bewässerungsbedürftigkeit, -würdigkeit und -machbarkeit gegeben, werden sie mit Beiträgen der öffentlichen Hand unterstützt. Zonenkonform sind Bewässerungsanlagen, sofern dem Standort keine überwiegenden Interessen entgegenstehen und sie die längerfristige Existenz des Betriebes sichern. Das gilt auch für Zusatzinstallationen wie Leitungen oder Pumpen. Unter Umständen ist die Bewilligung mit einer Beseitigungspflicht verbunden, wenn die Bedingungen nicht mehr erfüllt sind. Baugesuche müssen bei der Gemeinde eingereicht werden.

An grössere gemeinschaftliche Bewässerungsanlagen leisten Bund und Kanton einen Strukturverbesserungsbeitrag. Voraussetzung: Die Gemeinde muss mind. 15 Prozent der Kosten und das Bodenverbesserungswerk zu Eigentum und Unterhalt übernehmen.

Nicht alles bewässern
Im Jahr 2019 hatte der BVA eine Resolution verabschiedet mit der Forderung an Politik und Verwaltung, die Bewässerung für die Aar­gauer Landwirtschaft sicherzustellen. Nun hat der Vorstand eine sogenannte Bewässerungscharta verabschiedet. Wie der stellvertretende Geschäftsführer Fredi Siegrist erklärte, verpflichten sich die BVA-Mitglieder – im Gegenzug zur Resolutionsforderung – zu einem nachhaltigen Einsatz der Ressource Wasser. Die Bewässerung soll sich grundsätzlich auf bewässerungswürdige ­Kulturen (Spezialkulturen) beschränken und nur in Ausnahmefällen bewässerungsbedürftige einschlies­sen.