Biogasanlagen liefern Strom und Wärme und mit der richtigen Einrichtung zur Aufbereitung besteht auch die Möglichkeit, Gas ins Netz einzuspeisen (oder es als Treibstoff zu nutzen). Ein wichtiger Punkt vor allem für landwirtschaftliche Betreiber ist das, was neben Gas bei der Vergärung auch noch entsteht: der Dünger.
Anders als rohe Gülle
Der anaerobe Prozess in einem Fermenter ergibt als flüssiges Endprodukt Gärgülle (oder flüssiges Gärgut), die sich mehrfach vom Ausgangsmaterial unterscheidet, wie Ökostrom Schweiz aufzählt:
- Verbesserte Stickstoff- und Ertragswirkung: höherer Anteil anorganischem, schnell verfügbarem Stickstoff; bedarfsgerechtere Pflanzenernährung möglich.
- Bessere Fliessfähigkeit und weniger Verätzung: Die Vergärung senkt den Trockensubstanzgehalt und baut Säuren ab; homogenere Flüssigkeit mit kleinerem Risiko für Verstopfung und Futterverschmutzung.
- Geringere Geruchsemissionen: Weil die Gärgülle schneller einsickert, und weil Geruchskomponenten abgebaut sind.
- Weniger Unkraut- und Pathogendruck: Samen sind weniger keimfähig nach der Fermentation; je nach Temperatur werden Krankheitserreger abgetötet.
- Bessere Kalkulierbarkeit im Düngemanagement: Für Vergärungsprodukte sind jährliche Analysen vorgeschrieben, die Abnehmern Aufschluss geben über die Nährstoffgehalte.
Gärgülle kann durch Separation weiter aufgetrennt werden in Gärdünngülle und Gärmist. Erstere enthält im Gegensatz zur Gärgülle kaum mehr organische Feststoffe und infiltriert daher noch schneller in den Boden.
Gemäss Ökostrom Schweiz kommt in der Praxis oft eine Mischung aus Gärgülle und Gärdünngülle zum Einsatz (nur ein Teil der Gülle wird separiert). Gärmist zeichnet sich durch einen hohen Anteil organisch gebundener Nährstoffe auf, die langsamer freigesetzt werden. Ab mehr als 20 Prozent Co-Substrat nicht-landwirtschaftlicher Herkunft als Ausgangsmaterial spricht man nicht von Hof-, sondern von Recyclingdünger.
[IMG 2]
Aufpassen wegen Verlusten
Die Vorteile von Gärgülle bestätigt Jacques Fuchs, der am FiBL forscht und zum Thema Gärgut und Kompost berät. «Die Nährstoffgehalte des Gärguts pro Kubikmeter hängen vom Ausgangsmaterial, aber vor allem vom TS-Gehalt ab», erklärt er.
Gärgülle sei weniger aggressiv und fördere Regenwürmer. «Aber man muss aufpassen», hält er fest: «Sie enthält mehr Ammonium-Stickstoff und hat einen höheren pH, daher ist es besonders wichtig, die Gärgülle schonend auszubringen.»
Das bedeutet, mit der richtigen Technik (z. B. Schleppschlauch oder -schuh), aber auch zum richtigen Zeitpunkt (nicht zu hohe Temperatur oder Sonneneinstrahlung, Stadium der Kultur). Auch sollte man laut Fuchs besser mehrere kleinere Gaben ausbringen statt viel Gärgülle auf einmal.
Mineraldünger ersetzen
«Mit rund 70 Prozent Ammonium-N geht Gärgülle, was die Verfügbarkeit von Stickstoff angeht, schon in Richtung Mineraldünger», sagt Jacques Fuchs. Wichtig für den Erfolg bei Gärprodukten sei deren fachgerechte Produktion und Anwendung, betont er.
Dieses Jahr ist das Ressourcenprojekt «Mineraldünger-Stickstoff durch Hof- und Recyclingdünger ersetzen» gestartet. Darin bereiten die beteiligten Kompostier- und Vergärungsanlagen ihre Produkte gezielt auf, um Mineraldünger ersetzen zu können.
Insgesamt soll damit die N-Ausnutzung von Hof- und Recyclingdüngern dank organisatorisch-struktureller und technischer Massnahmen steigen. Weiter verspricht man sich davon, Nährstoffkreisläufe zu schliessen, die Bodenfruchtbarkeit zu fördern und das Risko für Stoffausträge in die Umwelt zu senken. Das Projekt läuft bis 2030.j
