«Der Pfirsich wächst bei uns wie Unkraut. Weil er aber für 70 Rappen das Kilo über die Grenze kommt, produziert ihn bei uns fast keiner», sagt Ruedi Brugger, Landwirt aus Rickenbach.
Brugger macht diese Aussage hinter seinem Marktstand in Winterthur, neben ihm stehen Ifco-Kisten mit Pfirsichen, Preis: 6 Franken das Kilo. Die Pfirsiche sowie das weitere Obst am Stand kommen alle von seinem Landwirtschaftsbetrieb aus Rickenbach ZH.
Bewusste Konsumenten kaufen auf dem Markt ein
Ruedi Brugger ist ein bekanntes Gesicht des zweimal in der Woche stattfindenden Winterthurer Wochenmarktes. Jeweils am Dienstag- und Freitagvormittag können die Winterthurer sich in der Steinberggasse, einem der Hauptplätze der Altstadt, mit frischen Waren wie zum Beispiel, Gemüse, Käse, Brot, aber auch Obst wie Pfirsichen eindecken.
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Das Angebot wird von der Stadtbevölkerung rege genutzt. Eingeweihte ziehen jeweils frühmorgens los, dann ist die Vielfalt noch am grössten. Besonders im Sommer bei schönem Wetter bilden sich nämlich vor den Ständen jeweils lange Warteschlangen und manche Ware ist dann bereits ausverkauft.
«Wir bedienen hier am Markt die 10 Prozent der Konsumenten, die bewusst einkaufen gehen», meint er zu dem regen Treiben vor seinem Marktstand. Mit dem «Wir» verweist Brugger, der ebenfalls seit 20 Jahren als Präsident der Marktfahrervereinigung tätig ist, auf die 60 weiteren Marktfahrerstände vor Ort. Rund die Hälfte davon seien Landwirte wie er. Die Anzahl der Stände sei früher gar noch grösser gewesen. Wegen der Corona-Massnahmen haben jedoch einige aufgehört, jetzt laufe es aber wieder gut. Die Winterthurer würden zu ihrem Markt halten.
Eine gute Zusammenarbeit mit den Behörden
Ebenfalls lobende Worte hat Ruedi Brugger für die Behörden. Die Zusammenarbeit mit ihnen laufe sehr gut und er sei persönlich froh, dass man in Winterthur gegenüber dem Markt eine andere Einstellung habe als etwa in der 20 km entfernten Stadt Zürich. Wegen Umbaus des Bürkliplatzes falle dort nämlich der Markt in den nächsten eineinhalb Jahren komplett aus.
«Wegen der kommenden Musikfestwochen sind wir zwar im August für ein paar Wochen auf dem nahen Neumarktplatz, aber das ist halt so», sagt Brugger und zuckt mit den Schultern.
«Jetzt ist das Angebot gross»
Die Kunden würden auch dorthin kommen, denn aktuell sei das Angebot gross und dann werde gekauft. Es ist Dienstagvormittag und am Marktstand herrscht Hochbetrieb. Im Angebot stehen heute neben den Pfirsichen auch Nektarinen, Zwetschgen, Kirschen, Aprikosen, Birnen und Erdbeeren. Mit Letzteren locke und binde man im Frühjahr die Kunden an den Stand.
Berühmt ist Brugger auch für seine grosse Vielfalt an Tafeläpfeln. «Wir bauen 30 verschiedene Sorten an. Die Äpfel sind sowieso das Beste», kommentiert er sein Angebot.
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«Ich musste im Gala jede Woche fahren»
Sein persönlicher Favorit sei die Sorte Topaz. Diese und weitere Sorten, wie zum Beispiel Bonita, Rubelit und Mira, seien schorfresistente Züchtungen. «Ich habe Kunden, die sehr ökologisch denken und extra wegen dieser Apfelsorten zu mir an den Stand kommen», beschreibt er einen der weiteren Vorteile. Heuer seien die Resistenzen wegen der nassen Witterung besonders wichtig gewesen. «Ich musste im Gala jede Woche fahren. Das ist drei- bis viermal mehr als bei einer Resistenten. Ich habe darum beschlossen, dass ich Gala im übernächsten Jahr ausreisse und durch Schorfresistente ersetze. Die Leute, die Gala wollen, können die auch im Supermarkt holen», kommentiert Brugger seinen Entscheid.
Ernte bei zunehmend wärmeren Temperaturen
Die Zukunft sieht Ruedi Brugger gelassen. Den Klimawandel merke er vor allem, weil er die Äpfel bei zunehmend hohen Temperaturen ernten und entsprechend rasch herunterkühlen müsse. Für die Lagerung teilt er sich mit vier weiteren Obstbauern ein CA-Lager, wo die Äpfel gekühlt und in einer kontrollierten Atmosphäre gelagert werden.
Betriebsnachfolge ist in Sicht
Sonst hofft er, dass es den Markt noch lange in dieser Form geben werde. Er, der seine Früchte einzig über den Markt und den Hofladen verkaufe, sei darauf angewiesen. Und später werde irgendwann sein Sohn Tobias übernehmen. Dieser sei bereits heute regelmässig auf dem Markt und auf dem Betrieb im Einsatz. Als Nächstes gehe aber erst mal die Nektarinensaison los – zu kaufen gibt es die Früchte natürlich auf dem Winterthurer Markt.
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Brugger Obst- und Weinbau
Name: Ruedi Brugger und Klara Brugger-Wirth
Ort: Hinter Grüt 10, 8545 Rickenbach
LN: 5 ha diverse Spezialkulturen, 3 ha Reben
Mitarbeiter: Zwei Mitarbeiter auf dem Betrieb und zahlreiche Marktfrauen
