«Marktfahren ist eine sehr schöne Arbeit, die einem viel zurückgibt», sagt Samuel Theiler. Der grösste Teil des Feedbacks sei positiv, «wenn man in den Grosshandel liefert, ist eher das Gegenteil der Fall», sagt der Biolandwirt aus Ins im Kanton Bern mit einem Schmunzeln.
Fünf Märkte
Sämtliche Produkte des Wäberhofs – und das sind zahlreiche, aber dazu später mehr – werden direkt vermarktet. Zweimal pro Woche ist das Team in Freiburg auf dem Markt, zweimal in La Chaux-de-Fonds, zweimal in Neuenburg, einmal in Bern und einmal in Bümpliz. Dazu kommt der Hofladen, der dreimal pro Woche offen ist, und der E-Shop. Die online bestellten Produkte können auf dem Markt, im Hofladen oder an drei Depots abgeholt worden.
50 Gemüsesorten
Begonnen hat alles mit dem Markt in Freiburg, der auch heute noch 50 Prozent des Markt-Umsatzes liefert. «Wir konnten damals den Marktstand eines Paars aus Courlevon übernehmen, das altershalber aufgehört hat», erinnert sich Samuel Theiler. Er übernahm 2004 mit seiner Ex-Frau deren elterlichen Hof. «Von Anfang an war uns klar, dass wir auf Bio umstellen und auf Direktvermarktung setzen wollten, um die Wertschöpfung auf dem Betrieb zu behalten.»
Damals war der Betrieb 17 ha gross, mittlerweile sind es 45 an drei Standorten (Ins, Coussiberlé FR und Liebistorf FR). 10 ha nimmt das Freilandgemüse in Anspruch, dazu kommen 0,5 ha gedeckter Anbau, 0,5 ha Beeren und 10 bis 12 ha der Ackerbau. 9 Prozent der Fläche sind Ökoausgleichsfläche, dazu kommen Weiden für die 16 Weiderinder. Die Kunstwiesen sind wichtig für die Fruchtfolge, er nutzt teilweise Graspellets als Dünger.
Tofu aus dem Seeland
Auf dem Betrieb werden rund 50 Gemüsesorten und diverse Getreide und Körner produziert (u. a. Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn, Mais, Hafer, Mohn, Sonnenblumen, Linsen). «Unser Getreide und Körner verarbeiten wir etwa zu Mehl, Müesli, Brot, Teigwaren, Risotto und gepufftem Getreide», sagt Samuel Theiler.
Aus dem eigenen Soja wird Tofu in diversen Geschmacksrichtungen. Im Oktober 2017 konnte der Betrieb die Tofu-Produktion der ehemaligen Partnerfirma «La petite graine» übernehmen. Derzeit wird zweimal pro Woche auf dem Betrieb verarbeitet, das Ziel seien 5 Tonnen pro Jahr, sagt der Sohn eines Architekten und der Leiterin einer Gemeindeverwaltung.
Kichererbsen sind zickig
Der Landwirt probiert gerne Neues aus: «Heuer bauen wir das erste Mal Ingwer an.» Auch den anspruchsvollen Kichererbsen gibt er eine letzte Chance: «Dreimal hat es nicht funktioniert, aber ich versuche es noch einmal.»
Der 41-Jährige mag nicht nur Experimente, er ist auch konsequent: «Beim Gemüse sind wir rein saisonal.» Darum bietet er im Winter unter anderem keinen Brokkoli und Blumenkohl mehr an, «obwohl das für viele Kunden typische Wintergemüse sind».
Natürlich habe es am Anfang Nachfragen gegeben, aber der Umsatz erholte sich rasch. «Man darf nicht immer nur den Konsumentinnen und Konsumenten Verantwortung zuschieben und sagen, diese möchten dieses oder jenes Produkt. Man hat auch als Anbieter eine Verantwortung», sagt der Vater dreier Kinder dezidiert.
«Eine bunte Truppe»
Klare Strukturen und eine gute Organisation braucht es auch bei einem derart vielfältigen Betrieb. 23 Vollzeitstellen sind es, «aber bei vielen Teilzeitpensen lassen wir pro Monat zwischen vierzig und fünfzig Lohausweise raus». Die Mitarbeitenden seien eine «bunte Truppe».
Gelernte Landwirte, zwei Lernende (1 Landwirt, 1 Gemüsegärtner), Schweizer(innen), aber auch langjährige Arbeitskräfte aus Polen. Auf den Märkten kommen viele Studentinnen und Studenten im Stundenlohn zum Einsatz. 70 Prozent des Teams sind Frauen. Wichtig sind gute Französischkenntnisse, etwa zwei Drittel der Kundschaft sind frankofon.
Pandemie forderte heraus
95 Prozent des Umsatzes kommt von den Märkten. Entsprechend bitter war der 15. März vor bald zwei Jahren, als diese wegen Corona plötzlich wegfielen. Theiler und sein Team experimentierten. In Coussiberlé wurde ein Hofladen eingerichtet, jener in Ins hatte viel mehr offen, der E-Shop wurde ausgebaut und mehr Abholdepots eingerichtet.
Sie hatten dann sogar mehr Umsatz als sonst, aber administrativ war es äusserst aufwendig. «Normalerweise haben wir Monatsrechnungen und ich drucke Ende Monat vier bis fünf A4-Seiten aus. Wir mussten wegen der Liquidität dann auf Einzelrechnung umstellen und ich stand plötzlich mit 160 Seiten da.»
«Sehr treue Kundschaft»
Samuel Theiler freut es, dass sich die Märkte gut von Corona erholt haben und mehr Kunden als vor der Pandemie in den Hofladen kommen. «Wir haben überhaupt eine sehr treue Kundschaft, die bei Sonne wie bei strömendem Regen auf den Markt kommt. Das ist schön.»
