Die Chemikalie Trifluoracetate (TFA) galt lange als unbedenklich. Eine neue, 2023 von Bayer durchgeführte Studie zeigte jedoch, dass TFA verheerende Auswirkungen auf Föten und die Reproduktion haben kann. 

Laufende Verfahren in der Europäischen Union

In der EU fordert Deutschland bereits seit 2020 eine Einstufung von TFA als reproduktionstoxische Chemikalie der Klasse 1B. Bisher hat die Europäische Chemikalienagentur noch nicht über die Einstufung entschieden. 

Eine Einstufung als reproduktionstoxische Chemikalie der Klasse 1B könnte unter anderem folgende Auswirkungen haben: 

  1. Stärkere Regulierung, Kennzeichnung oder gar Einschränkungen und Verbote von Produkten, die sich zu TFA abbauen. 
  2. Erfassung neuer Grenzwerte für TFA im Trinkwasser, Oberflächen- und Grundwasser. 
  3. Stärkere Überwachung von TFA in Lebensmitteln und Trinkwasser.

In der EU ist die Rede von 28 betroffenen Wirkstoffen, in einer Studie des Deutschen Umweltbundesamtes wurden diese auf ihre TFA-Emission untersucht. Je nach Wirkstoff fällt die Belastung der TFA unterschiedlich hoch aus.
Bisher ist das Ergebnis der Einstufung in der EU noch offen.

Situation in der Schweiz

Am 18. September 2024 hat Nationalrätin Martina Munz (SP) eine Interpellation eingereicht. Die Interpellation möchte unter anderem folgendes wissen:

  1. Woher die TFA Belastung in der Schweizer Umwelt stammt und welchen Anteil daran von den Pflanzenschutzmitteln stammt. 
  2. Ob es einen Zeitplan gibt, um die Bewilligung Wirkstoffen, die sich zu TFA abbauen, zu wiederrufen. Indirekt verlangt die Interpellation somit, die entsprechenden Wirkstoffe zu verbieten.
  3. Eine Veröffentlichung von Daten aus dem Monitoring-Programm des Bundes, in welchem 2022 die TFA-Konzentration im Grundwasser und in den Gewässern gemessen wurden.
  4. Mit welchen Massnahmen die Schweiz auf eine Einstufung in der EU, als reproduktionstoxisch in der Kategorie 1B, reagiert.
  5. Ob das Thema TFA in den Aktionsplan Pflanzenschutz aufgenommen wird.

Folgende Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel trifft es

In der Interpellation ist die Rede von 29 betroffenen Wirkstoffen. Welche das sind, wird nicht erwähnt. Eine Studie des deutschen Umweltbundesamtes verschafft etwas Klarheit in Bezug auf die Wirkstoffe, um die es sich handeln könnte. Laut der Studie stehen 28 Wirkstoffe in der EU im Fokus.

Je nach Wirkstoff fällt die Belastung durch TFA unterschiedlich hoch aus. Drei Wirkstoffe seien jedoch die grössten TFA-Quellen.

Wirkstoff Verwendung Beispielprodukt Eingesetzte Kulturen
Flufenacet Herbizid Artist Weizen, Gerste, Roggen, Triticale, Spargel, Kartoffeln, Sojabohnen
Diflufenican Herbizid Legacy Gerste, Weizen
Fluazinam Fungizid Ibiza SC Reben, Zwiebeln, Kartoffeln und Blumenkulturen und Blumenkulturen

Die weiteren untersuchten Wirkstoffe werden ebenfalls zu TFA abgebaut, jedoch weniger stark als die vorher erwähnten. Sie sind ebenfalls in der Schweiz zugelassen, zwei davon als Insektizid.

Wirkstoff Verwendung Beispielprodukt Eingesetzte Kulturen
Cyflufenamid Fungizid Pican Apfel, Birne, Reben, Gerste, Triticale, Weizen, Winterroggen
Flazasulfuron Herbizid Chikara 25 WG Reben
Fluopyram Fungizid Luna Privilege Erdbeere, Kernobst, Kirsche, Zwetschge, Pflaume, Aubergine, Bohnen, Gurken, Tomaten, Zucchini, Salate
Flonicamid Insektizid Teppeki Kernobst, Kirsche, Zwetschge, Pflaume, Aubergine
Fluazifop-P-butyl Herbizid Fusilade Max Erdbeere, Kernobst, Steinobst, Reben, Blumenkohl, Broccoli, Karotten, Lauch, Randen, Spargel, Kartoffeln, Tabak
Fluopicolide Fungizid Infinito Kartoffeln
Fluopyram Fungizid Luna Privilege Erdbeere, Kernobst, Kirsche, Steinobst, Zwetschge, Pflaume, zahlreiche Gemüsekulturen wie Aubergine, Gurken, Tomaten, Salate und Nüsslisalat
lambda-Cyhalothrin Insektizid Karate Zeon Erdbeere, Himbeere, Aprikose, Birne, zahlreiche Gemüsearten wie z.B. Auberginen, Paprika, Tomaten, Karotten, Sellerie, div. Kohlarten
Isoxaflutole Herbizid Adengo Mais
Penoxsulam Herbizid Falkon Gerste, Dinkel, Roggen, Triticale, Weizen
Pyroxsulam Herbizid Talis Dinkel, Triticale, Weizen, Winterroggen
Tembotrione Herbizid Laudis Mais, Mohn
Trifloxystrobin Fungizid Flint Brombeere, Erdbeere, Heidelbeere, Himbeere, Mini-Kiwi, Rote und schwarze Johannisbeere, Kirsche, Reben, div. Kohlarten, Lauch, Chicorée, Kartoffeln
Triflusulfuron-methyl Herbizid Debut Chicorée, Randen, Zuckerrüben
Tritosulfuron Herbizid Arrat Mais, Sorghum

So geht es weiter

Nun muss der Bundesrat auf die Fragen in der Interpellation antworten. Offen bleibt ebenfalls, ob die europäische Chemikalienagentur TFAs als reproduktionstoxische Chemikalie der Klasse 1B einteilt. Gewiss ist, eine Einordnung in diese Klasse, hätte auch auf die Schweiz Auswirkungen. 

Abo Michael Gugger (l.) von der Versuchsstation Gemüsebau Ins BE und Martina Keller von Agroscope Extension Gemüsebau erläutern ihre Ergebnisse zur Spätverunkrautung bei den Zwiebeln. Gemüsebau Wegfallende Pflanzenschutzmittel: «Es wird nicht einfacher» Friday, 13. September 2024