Das Ernteausgleichssystem zur Überschussverwertung von Mostobst kam im vergangenen Jahr immer mehr unter Beschuss und war Gegenstand der Versammlungen in der Ostschweiz des Mostobstrings und des Vereins Hochstammobstbau, die in den vergangenen Wochen stattfanden. Auch verabschieden sich immer mehr Verarbeiter aus dem Ernteausgleichssystem. Die Diskussionen machen nicht halt vor dem Schweizer Obstverband, denn dieser verwaltet treuhänderisch den Mostobstfonds.
Im Jahresbericht des Schweizer Obstverbands heisst es, dass Sie einen «Ausschuss Ernteausgleich» gegründet haben. Was macht dieser Ausschuss?
Edi Holliger: Der Ausschuss Ernteausgleich besteht aus Akteuren, die weiterhin am Ernteausgleichssystem partizipieren. Es sind dies vier Produzenten und vier Vertreter von der Ramseier Suisse AG und der Mosterei Möhl im Bereich Suisse Garantie sowie zwei Produzenten und je ein Vertreter von Ramseier und Möhl im Bereich Bio. Im Ausschuss werden sämtliche Themen besprochen, die einen Einfluss auf das Ernteausgleichsbeitragssystem haben. Das betrifft die Lagerbestände, den Absatz, die Ernteschätzung, die Höhe des Ernteausgleichsbeitrags und die zweckgebundene Verwendung der Gelder im Mostobstfonds.
Es wird schon länger gefordert, dass man das jetzige Ernteausgleichssystem ändert. Packt der Schweizer Obstverband eine Änderung des Systems an?
Das Ernteausgleichssystem ist freiwillig und steht allen Akteuren offen, die daran teilhaben wollen. Der Vorteil des Systems ist es, dass sowohl Mostereien als auch Produzenten davon profitieren, aber auch ihren Beitrag zum Funktionieren leisten: Die Mostereien haben die Garantie, dass sie jederzeit über genügend Schweizer Rohstoffe verfügen. Dafür stellen sie ausreichend Lagerkapazitäten zur Verfügung. Die Produzenten, die am System teilhaben, haben die Gewissheit, dass sie ihr Mostobst auch bei Grossernten vollständig verkaufen können. Allfällige Änderungen des Systems werden auf Basis der Erfahrungen, die im ersten Jahr gemacht wurden, beschlossen. Genau dafür ist der Ausschuss geschaffen worden.
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Die Abnahmegarantie gilt nicht vollumfänglich. Laut den Mitteilungen von der Ramseier Suisse AG und der Mosterei Möhl an ihre Produzenten vor einem Jahr, nehmen sie kein Mostobst von Produzenten an, die ausserhalb des Ernteausgleichs liefern.
Das stimmt. Ramseier und Möhl arbeiten ausschliesslich mit Produzenten zusammen, die vollumfänglich am Ernteausgleichssystem partizipieren. Das ist ihre Strategie und darauf haben wir als Verband keinen Einfluss.
Eine Alternative zum jetzigen System wäre, dass man beispielsweise bei Grossernten 60 Prozent zum Normalpreis abnimmt und den Rest zu tieferen Preisen. Eine Art Preissegmentierung nach Menge und Qualität.
Dieser Vorschlag und andere mehr sind Gegenstand der Diskussionen, die im Ausschuss diskutiert werden. Die Kommunikation erfolgt zeitnah über die gefällten Beschlüsse.
Im Jahr 2021 wurden rund 10 Mio. Franken für die Konzentratherstellung aus dem Mostobstfonds Mostäpfel entnommen, für Mostbirnenkonzentrat waren es rund Fr. 740 000.–. Im Schlussbericht zur Ernte 2022 fehlen die Angaben zur Mittelverwendung des Mostobstfonds gänzlich. Wie viel wurde ausbezahlt?
Gegenüber 2021 hat sich die Situation im Jahr 2022 grundlegend verändert. So haben einzelne Mostereien das Ernteausgleichssystem verlassen und mit dem Fruchtverarbeitungszentrum Holderhof ist ein weiterer Akteur aktiv geworden. Diese Tatsachen führten zu Anpassungen im Schlussbericht 2022. An der nächsten Sitzung des Ausschusses Ernteausgleich legt der Ausschuss Ernteausgleich fest, welche Zahlen zukünftig publiziert werden; im Sinne einer Optimierung und als Beitrag zur Transparenz.
In der Politik nimmt man rein strategisch die Opposition in Arbeitsgruppen auf. War das für Sie keine Option, Kritiker in den Ernteausschuss aufzunehmen?
Sowohl das Produktzentrum Mostobst als auch der Ausschuss Ernteausgleich ist breit abgestützt mit Vertretern aus Verarbeitung und Produktion. Konstruktive Vorschläge können weiterhin in beide Gremien eingebracht werden.
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