Fröhlich grunzen Cäsar und Ferdinand seinem Besitzer Dieter Weber entgegen. Die beiden schwarzgefleckten Schweine der seltenen kroatischen Rasse Turopolje hat Weber vor drei Jahren einem Züchter abgekauft. «Der Zoo Schönbrunn in Wien hatte 1994 die noch letzten 25 Sauen aus dem Balkan gerettet und die Population wieder aufgebaut. Gab es vor dem Balkankrieg noch 60 000 von ihnen, die bei den kroatischen Bauern halbwild lebten, wurden sie im Krieg wegen Nahrungsknappheit und als lebende Zielscheiben abgeschossen», erzählt der 55-jährige Baselbieter bewegt. Bei dem Biobauern leben Cäsar und Ferdinand ein unbesorgtes Leben. «Sie sind kastriert und werden nur als Hobby und unsere Resteverwerter gehalten.»

[IMG 2]

Vor allem Ende August bis Mitte November erhalten die beiden Eber eine besondere Köstlichkeit: Denn auf der Oberen Wanne bauen Dieter Weber und Nadia Graber über 100 verschiede Bio-Kürbissorten für den Direktverkauf an. «Der Anbau von Kürbis ist neben unserer Gärtnerei, die meine Frau Nadia betreibt, unser wichtigstes Standbein. Wir profitieren vom Umstand, dass Basel nur 10 Minuten entfernt ist und täglich über 20 000 Autos an unserem Hof vorbeifahren», so der Landwirt.

Ein grosser Visonär

Zusammen mit den Eltern Hansruedi und Rosmarie Weber und den vier Kindern bewirtschaften Dieter Weber und Nadia Graber das Hofgut Obere Wanne in Liestal BL bereits in 7. Generation – ihr Vorfahre erwarb den Hof um 1780.

[IMG 4]

Seit Dieter Weber den Betrieb vor 27 Jahren von seinem Vater übernahm, war die Hühnerhaltung nebst dem Kürbis- und dem Blumenanbau das wichtigste Standbein. «Wir hatten einst 2500 Bio-Legehennen, waren aber mit der Produktion für den Handel zunehmend unzufrieden. Ganz im Gegensatz zu den Bio-Kürbissen – einer Kultur, die im Grunde nichts weiter braucht ausser Wasser und gesundem, lebendigem Boden», ist Weber überzeugt. Die Legehennen wurden diesen Frühling auf 500 Stück reduziert und damit der gesamte Hof auf den Direktverkauf ausgerichtet. «Ich habe es gern, wenn ich am Morgen aufstehen und sagen kann ‹ich mach jetzt etwas Neues›, ohne vom Handel abhängig sein zu müssen.»

So ist es nicht ungewöhnlich, dass Weber an verschiedenen Anbaumöglichkeiten von Kürbissen experimentiert. Sein oberstes Ziel: Weg von der Mulch-Folie, und die perfekte Untersaat finden.

Betriebsspiegel Hofgut Obere Wanne

Name: Dieter Weber und Nadia Graber
Ort: Liestal BL
Betriebsfläche: 25 ha – davon 4 ha Speisekürbis (100 Sorten), 1 ha BLumen, 0,5 ha Kartoffeln (ProSpecieRara Sorten), 2 ha Maislabyrinth, Dinkel, Körnermais, Speisehirse, Ökoflächen, Kunstwiese, 20 Are Himbeeren zum Selbstpflücken, Gärtnerei mit Jungpflanzen- und Setzlingsverkauf
Viehbestand: 500 Legehennen, zwei Turopolje-Eber
Betriebsform: Bio Suisse und regenerative Landwirtschaft
Weiteres: Kürbisland – Verkauf ab Hof jeweils Ende August bis Ende Oktober

Boden ganzjährig bedecken

Im Bioanbau wird für gewöhnlich Mulchfolie eingesetzt. Diese bringt den Vorteil, weniger jäten zu müssen und ermöglicht einen Erntevorsprung von bis zu einer Woche, da die Feuchtigkeit länger im Boden bleibt und sich die Erde unter der Folie mehr erwärmt. Dieter Weber setzt Mulchfolie auf Stärkebasis ein. «Sie ist extrem dünn und wird bis Ende Oktober bereits von den Bodenorganismen zersetzt», sagt er.

Zwischen den Reihen legt der Biobauer eine Untersaat der Mischung DSV M2 (Deutsche Saatveredelung) an. Diese beinhaltet neben Weissklee auch Englisches Raigras (Rasentyp), welches im ersten Jahr keine Halme bildet, bodennah wächst und nicht zur Konkurrenz für die Kultur wird. «Das ist die perfekte Variante, um den Boden bedeckt zu halten – bei uns wächst keine Kultur ohne Unter- oder Begleitsaat», erklärt Weber.

[IMG 5]

Futter für die Mikroben

Gräser besitzen noch einen weiteren Vorteil: «Wie alle Pflanzen scheiden sie Wurzelexsudate, also Zuckerverbindungen, in den Boden aus. Allerdings ist der Anteil bei Gräsern weitaus höher als beispielsweise bei Leguminosen und kann bis zu 70 Prozent der produzierten Assimilate betragen», weiss Dieter Weber. Von den Wurzelexsudaten ernähren sich Mikroorganismen, die nicht die Möglichkeit haben Zucker selbst zu produzieren. Im Gegenzug lösen sie Nährstoffe im Boden und stellen diese den Pflanzen zur Verfügung.

«Würde ich nun keine Untersaat aussäen, würden meine Kürbisse mit der Ausscheidung von Wurzelexsudaten aufhören, sobald das vegetative Wachstum in das generative Wachstum übergeht.» Denn in diesem Stadium ist die Pflanze nicht mehr auf die Nährstofffreisetzung durch die Bodenlebewesen angewiesen. Sie fokussiert sich nur noch auf die Arterhaltung, also Körner- bzw. Samenproduktion. Für die Bodenorganismen bedeute dies für drei Monate kein Futter bis schliesslich nach der Kürbisernte im November die Gründüngung erfolgt: Ein No-Go für Dieter Weber.

Prinzip der regenerativen Landwirtschaft

Mit dem Anlegen einer Untersaat verfolgt Dieter Weber das Prinzip der regenerativen Landwirtschaft – deren allgemeines Ziel: den Boden dauerhaft und vielfältig zu bedecken, die Bodenmikroorganismen zu ernähren und die Bodenfruchtbarkeit wiederherzustellen. «Obwohl Kürbisse den Boden regelrecht aussaugen, benötige ich keinen Dünger. Die gesamte Pflanzenernährung erfolgt über die Gründüngung vor der Hauptkultur und der permanenten Bodenbedeckung», so Weber. Zudem hat die Untersaat vor allem in diesem regnerischen Jahr weitere Vorteile gebracht: Das Wasser wurde aufgesogen, Staunässe sowie Bodenerosion gab es keine.

Der Gemüsebauer legt die Untersaat etwa vier Wochen nach dem Setzen der drei Wochen alten Kürbispflanzen an. Voraussetzung für ein Gelingen ist die Verfügbarkeit von Wasser.

Biodiversität auch unterirdisch sichern

Weber möchte noch einen Schritt weiter gehen: «Ich möchte die vielfältigen Bedürfnisse der Mikroorganismen im Boden noch besser abdecken und teste darum aktuell eigene Mischungen, die nicht nur die Biodiversität oberirdisch, sondern auch unterirdisch sichern.» Dabei sei eine Kombination von Arten zu finden, die für den Kürbis nicht zur Konkurrenz werden könnten. «Die Lösung liegt in der Züchtung von Arten, die ein langsameres, lang andauerndes vegetatives Wachstum besitzen», denkt Weber nach.

Matratze aus Wick-Roggen statt Mulchfolie

Zudem möchte Dieter Weber zukünftig die Mulchfolie weglassen. «In diesem Jahr habe ich in einem Versuchsblock erstmals das rolling-crimping-Verfahren einer Wick-Roggen-Mischung getestet.» Die Idee ist, dass die Mischung im September ausgesät und im Juni kurz nach dem Erreichen der Roggenblüte flachgewalzt und dann direkt hinein gepflanzt wird (siehe Bild). «Das Abwarten bis zur Blüte ist wichtig, damit der Roggen nicht wieder aufsteht. Um eine ausreichend dicke Matratze zu erhalten, muss die Saatmenge von 70 auf über 120 kg/ha erhöht werden.»

[IMG 3]

Bechersetzmaschine funktioniert nicht mit Matratze

In diesem Jahr hat der Versuch nicht vollends funktioniert: «Die Kunstwiese vom letzten Jahr ist durchgewachsen. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich werde deshalb eine andere Vorkultur als Luzerne machen müssen», überlegt Weber. Als zweites Problem hat sich das Setzen der Kürbispflanzen gezeigt: «Wir arbeiten normalerweise mit einer für bearbeiteten Boden konzipierten Bechersetzmaschine, wo das Pflanzloch automatisch mit Erde zugeschüttet wird. Dies gelingt mit der Direktpflanzung in Wick-Roggen nicht. Es bleibt ein offenes Pflanzloch, dass sich mit Wasser füllt, sobald es regnet.»

Kooperation mit Landwirten führt zu Lösungen

Der unermüdliche Gemüsebauer hat jedoch auch für dieses Problem bereits die Lösung: «Ich werde mir fürs kommende Jahr den MulchTech Planter bei Stefan Brunner ausleihen.» Stefan Brunner, Gemüse- und Ackerbauproduzent in Aarberg BE, hat seinen Betrieb ebenfalls auf die regenerative Landwirtschaft umgestellt. Mit dem MulchTech Planter, vom deutschen Gemüsegärtner Johannes Storch, soll das maschinelle Pflanzen der Setzlinge in eine Mulchdecke kein Problem mehr darstellen. «Dieses System sollte perfekt sein. Allerdings nur für späte Sorten wie Halloweenkürbisse, da man abwarten muss, bis der Roggen blüht.» Für frühe Sorten sei der Zeitpunkt dann zu spät, so Weber.

Immer einen Schritt voraus

Mit der regenerativen Anbaumethode erzeugt Dieter Weber bisher bei seinen Bio-Kürbissen Top-Erträge, die mit dem konventionellen Anbau vergleichbar sind, sagt er. Sobald sein Untersaatprojekt erfolgreich ist, wird er sich dem Problem des Wasserbedarfs annehmen: «Mit dem Klimawandel wird das Wasser in Zukunft knapper werden. Dafür muss ich jetzt schon eine Lösung finden», blickt der innovative Landwirt voraus.