«Das Ziel ist, dass die Gründüngung im Idealfall innerhalb von vier Tagen nach der Weizenernte im Boden ist», lautet das Fazit von Bruno Sticher, Geschäftsführer der Samen Steffen AG. Denn bei einer zügigen Saat profitieren die Pflanzen von der Restfeuchte im Boden und entwickeln sich besser.
Bruno Sticher und weitere Fachexperten referierten im Rahmen der IP-Suisse-Produzententage an den Hofwochen in Märchligen. Diese wurden vom 2. Juni bis zum 15. Juni auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Walter Lüthi und Simone Barth durchgeführt.
Ein nackter Boden bekommt Fieber und stirbt ab
Es ging im Allgemeinen um die Bodenfruchtbarkeit, im Konkreten schaute man beim herbizidfreien Getreideanbau, bei der Saattechnik und bei den Gründüngungen genauer hin. Letztere seien gerade in den Sommermonaten ein wesentliches Element für den Erhalt der Bodenmikroorganismen, konstatierte Bruno Sticher. Denn ein nackter Ackerboden könne sich in einem heissen Sommer deutlich über 60 °C aufheizen. Sei er hingegen mit einer Gründüngung bewachsen, steige die Bodentemperatur nicht über 30 °C. Sei der Boden zu heiss, sei es wie beim Menschen, meinte Sticher; der Boden habe «Fieber» und die Mikroorganismen würden bis in eine Tiefe von 6 cm flächendeckend absterben.
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Eine Gründüngung wirke dem entgegen. Damit diese flächendeckend gut kommt, empfiehlt Sticher, Mischungen einzusetzen. Weil sie aus mehreren Pflanzenarten bestehen, können sie sich besser, sprich flexibler an die Umweltbedingungen anpassen. Bernhard Streit, Dozent für Verfahrenstechnik im Pflanzenbau von der Hochschule für Agrar-, Forst-, und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), stimmte dem zu.
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Gründüngung und Mechanisierung aufeinander abstimmen
Man setze, so Bernhard Streit, bei der Kulturwahl ja auch nicht alles auf eine Karte. Darum empfiehlt er ebenfalls Gründüngungsmischungen, diese müssen jedoch zur Fruchtfolge passen. Baue man etwa Raps an, sollten die angebauten Gründüngungen keine Kreuzblütler enthalten.
Der Zeitpunkt ist laut Bernhard Streit nun ideal, um die Mischung und den Maschineneinsatz zu planen. Dazu präsentierte er, neben den Maschinen vor Ort, eine Übersicht mit möglichen Saatverfahren und ihren entsprechenden Vor- und Nachteilen. «Wenn ich über eine Zinkenmaschine verfüge, dann ist der Fall klar: tief mähen und mulchen. Dann ist das Stroh kein Problem», sagte Streit und empfahl bei vielen Strohresten den Einsatz von Leguminosenmischungen, weil diese im Stroh besser kämen. Grundsätzlich sei die Gründüngung wegen ihrer Unkrautunterdrückung auch ein wichtiger Bestandteil des herbizidfreien Getreideanbaus.
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Eine gewisse Restverunkrautung wird es haben
[IMG 6] Vor Ort konnten die Teilnehmer eine Fläche mit herbizidfrei angebauten IP-Suisse-Weizen der Sorte Hanswin besichtigen. Reto Ryser, Mitarbeiter im Bereich Pflanzenbau bei IP-Suisse, lieferte dazu einige Fakten: «Es hat eine Restverunkrautung und darum mehr Insekten, es lebt mehr im Feld.» Eine höhere Biodiversität ist laut Ryser darum ein wesentliches Argument für dieses Anbausystem. Bei den Unkräutern gelte es, zwischen den weniger schädlichen, wie zum Beispiel Taubnessel oder Vogelmiere, und den absolut unerwünschten, wie zum Beispiel der Blacke, zu unterscheiden. Bei Letzterer werde jede Einzelpflanze bekämpft, bei den weniger schädlichen toleriere man eine gewisse Restverunkrautung. Dies sei am Anfang gewöhnungsbedürftig, aber je nach Schadschwelle wirtschaftlich verkraftbar.
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Die richtigen Flächen für das Anbausystem wählen
Wer sein Getreide nach den IP-Suisse-Regeln herbizidfrei anbauen möchte, sollte bei der Planung folgende Punkte mitberücksichtigen:
- Unkrautdruck: Bei hohem Unkrautdruck sollten die Flächen, etwa mit den entsprechenden mechanischen Verfahren, vorher saniert werden.
- Einzelstockbehandlungen: Sind beim pflanzenschutzfreien IP-Suisse-Getreide verboten.
- Saatgutbeizung: Die chemische Beizung ist ebenfalls verboten, es muss ungebeiztes oder nichtchemisch (z. B. Thermosem) behandeltes Saatgut verwendet werden.
- Klassenweise möglich: Auf demselben Betrieb kann zum Beispiel Top-Weizen herbizidfrei und Klasse-I-Weizen nach IP-Suisse-Extenso angebaut werden. Achtung, für die entsprechenden Bundesbeiträge müssen alle Flächen einer Kultur herbizidfrei angebaut werden.
