Der Frühlings-Bodentag der VTL-Kommission «Zukunft Landwirtschaft» sei nicht nur eine Bioveranstaltung, sagte Vorstandsmitglied und Biolandwirt Peter Haldemann in der Fäschtschüür in Müllheim. Aber darauf lief es hinaus.
Hauptreferentin war Andrea Beste. Die Bodenexpertin betreibt ein Büro für Bodenschutz und ökologische Agrarkultur in Mainz (D). Gegen die Verschärfung der Wetterextreme könne man nichts machen, sagte sie. Vielmehr gehe es um Risikominimierung und Anpassung an den Klimawandel.
Biologische Aktivität fördern
Für gesunde Ernährungssysteme brauche es gesunde Böden. Was bei den meisten Ackerböden europaweit nicht der Fall sei. Ein gesunder, lebendiger Boden kann Wasser aufnehmen, speichern und filtern (Grundwasser). Zur Aufrechterhaltung dieser Bodenfunktionen ist eine hohe biologische Aktivität wichtig.
«Regenwürmer sind noch kein Gradmesser für eine gute Bodenstruktur», sagte Andrea Beste. Dafür brauche es die allerkleinsten Bodenmikroorganismen. Sie sorgen dafür, dass sogenannte Mittelporen entstehen, die Wasser speichern und den Pflanzen zur Verfügung stellen. Es gibt die Grobporen im Boden, wo das Wasser einfach hindurchfliesst, und die Feinporen in verdichteten Böden, wo Wasser für die Pflanzen nicht verfügbar sei.
«Enge Fruchtfolgen, intensive Düngung und ein hoher Pflanzenschutzmitteleinsatz sowie das Fehlen von organischem Material führen zu einer Verschlechterung der biologischen Vielfalt im Boden», sagte sie. Die Folgen seien Humusschwund, Verdichtung und Erosion. Das vermindere die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens sowie die Erntesicherheit und verstärke die Hochwassergefahr.
Der einzige richtige Weg sei Biolandwirtschaft (siehe Box), Permakultur und Agroforst. Biologisch bewirtschaftete Böden könnten mehr als doppelt so viel Wasser aufnehmen als konventionelle. Bio benötige zudem ein Drittel weniger fossile Energie pro Hektare und zeige eine höhere N-Effizienz. Auch werde durchschnittlich zweimal so viel CO2 im Boden gespeichert und weniger Lachgas emittiert. Dazu kämen die Einsparung hoher Kosten für die Nachsorge in Boden- und Trinkwasserschutz, im Klimaschutz, in der Tiergesundheit, der Gesundheit der Landwirte und beim Schutz der Biodiversität.
Nein zu Zertifikathandel
Dabei brach Andrea Beste eine Lanze für Bodenbearbeitung und insbesondere den Pflugeinsatz. Dadurch würde der Boden beziehungsweise der Humus bloss verlagert, während bei Direktsaat und Glyphosat-Anwendungen die Bodenmikroorganismen geschädigt würden.
Auch müsse der Boden richtig gefüttert werden. Sie plädierte für aus vielen Arten bestehende Gründüngungen und Zwischenfrüchte sowie Kompostwirtschaft. Massnahmen zu einer nachhaltigen Humuswirtschaft sollten durch den Bund angemessen abgegolten werden. Als ein Teilnehmer nachfragte, ob nicht zielorientierte Fördermethoden besser wären, gab es seitens Beste ein absolutes Nein, sowohl was zielorientierte Förderung betraf als auch den Zertifikathandel. Sie sagte, dass sich Humuszuwachs oder auch Biodiversität nicht verlässlich messen lasse.
Man müsse sich bewusst sein, dass Humusaufbau nur langsam möglich und über die Zeit abnehmend sei. Durch zielorientierte Förderung bekämen Betriebe, die schon lange Humuswirtschaft betreiben würden, die zuvor erfolgte Leistung nicht angemessen vergütet. Während Betriebe, die den Humusaufbau vernachlässigt hätten, zu den Gewinnern gehören würden. Es sei im Übrigen auch eine Frage der Gerechtigkeit.
Bio sei die Lösung, sagte Andrea Beste am Bodentag. Was sagen ÖLN-Landwirte dazu?
[IMG 2] Andreas Kappeler: Es kommt nicht darauf an, ob Bio oder ÖLN. Das Label sagt wenig aus, wie sich ein Betrieb um seinen Boden kümmert. Biobauern sind häufig einen Schritt weiter, weil sie weniger Nährstoffe zur Verfügung haben. Die konventionellen werden in nächster Zeit aufholen – in Richtung regenerativ und Humuswirtschaft. Der Druck ist da.
Der Mineraldüngereinsatz wird in den nächsten Jahren sinken. Die Bodengesundheit wird mehr im Fokus sein. Wir haben viele ÖLN-Kunden, die mit weniger Input gleichwohl produzieren. Das ist effizient. Solche Veranstaltungen sind super. Bedauerlich ist, dass meist nur jene teilnehmen, die schon viel wissen und umsetzen. Diesbezüglich sollten die Beratungen aktiver werden.
[IMG 3] Rolf Kuhn: Vieles, was Andrea Beste erzählt hat, können wir auch im ÖLN umsetzen. Bio kommt für mich aufgrund unserer Betriebsstruktur nicht infrage. Inhaltlich war das Referat nicht neu für mich, aber es bestätigte meine Beobachtungen auf dem Feld, beispielsweise beim Zwiebelanbau. Nicht durch den Maschineneinsatz beim Säen oder Ernten vermindern wir die Bodenqualität, sondern durch Spritzmittel.
Ich versuche denn auch, den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren. Wenn der Handel bessere Preise bringen würde, könnten wir auch mit weniger Erträgen kostendeckend arbeiten.
[IMG 4] Ralph Gilg: Mir wurde einmal mehr bewusst, dass Bodenmikroben zentral für den Boden und den Wasserhaushalt sind. Dass Pflanzenschutzmittel Schäden an den Mikroorganismen im Boden verursachen können, war mir zu wenig bekannt. Als Obstproduzent habe ich aufgrund der Qualitätsanforderungen keinen grossen Spielraum. Der Boden ist während mindestens 15 Jahren durch Bäume besetzt. Da kommt es auch nicht infrage, Gründüngungen oder Leguminosen dazwischen anzusäen. Wegen der Stickstoffkonkurrenz fehlt die Begrünung unter den Bäumen in der ersten Vegetationshälfte. In der zweiten lassen wir es unter den Bäumen grünen, versuchen das Bodenleben mit Kompost und Hühnermist zu stimulieren.