Plötzliches Absterben der Kultur oder ein schleichender Ertragsrückgang ohne klare Symptome: Das kann laut dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) auf die Leguminosenmüdigkeit hinweisen.
«Durch vermehrten Anbau von Leguminosen kann sich die Dichte spezialisierter Bodenpathogene erhöhen und einen Pathogenkomplex verursachen, der bei allen Körnerleguminosen zu Wurzelfäule führen kann», beschreibt Sebastian Kussmann von der Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) das Phänomen. Diese Probleme seien bekannt und würden in der Praxis auftreten.
Gründe oft unbekannt
Doch Leguminosenmüdigkeit ist ein schwer fassbares Phänomen. «Oft wissen wir bei schlechtem oder fehlgeschlagenem Anbau im Nachhinein nicht, woran es gescheitert ist», so Sebastian Kussmann. Zudem sei das Auftreten jahresspezifisch: Kühle und feuchte Jahre, vor allem mit Staunässe, förderten Fusskrankheiten. «In der Regel sind die Pathogene im Boden vorhanden, und es kommt u. a. darauf an, ob die Bedingungen ihre Vermehrung und eine Infektion begünstigen», so der Pflanzenzüchter. Weiter könnten positive Mikroorganismen im Boden eine starke Ausprägung der Krankheit vermeiden. In diesem Zusammenhang forscht das FiBL an Beizungen mit förderlichen Mikroorganismen. Zudem seien einige Sorten anfälliger gegenüber bodenbürtigen Krankheiten als andere.
Via Fruchtfolge vorgehen
Mit der Warnung vor Leguminosenmüdigkeit wird zu langen Anbaupausen geraten. Doch sind zum Beispiel Erbsen und Bohnen in der Schweiz historisch gesehen alte Kulturen. Ob ermüdete Böden bereits in früheren Zeiten ein Thema waren, ist indes schwer abzuschätzen. «Wahrscheinlich waren die Fruchtfolgen damals sehr anders», meint Sebastian Kussmann. Mit Kleegras wiesen moderne Fruchtfolgen hierzulande einen hohen Leguminosenanteil auf. «Allerdings gibt es die Bodenmüdigkeit auch in Deutschland oder Polen, wo Kleegras nicht Teil der Fruchtfolge ist.» Weniger weite Fruchtfolgen dürften in dieser Hinsicht aber keinen positiven Einfluss haben.
Laut Kussmann tritt in Kanada aktuell vermehrt die Leguminosenmüdigkeit auf. Dort würden Körnerleguminosen verstärkt angebaut. Da Erbsen und Linsen in Kanada oder Australien eine enorme Bedeutung hätten, gebe es dort aber auch grosse Züchtungsprogramme zur Entwicklung resistenter Sorten.
Genotypen und Marker gefunden
Projekte des FiBL hätten hierzulande in einzelnen Genotypen aus internationalen Sammlungen Erbsen mit partiellen Resistenzen gefunden. Auch genetische Marker dafür gebe es. Die GZPK selbst hat resistente wilde Erbsen eingekreuzt, was wegen der miteingekreuzten unerwünschten Eigenschaften aber noch ein langer Weg bis zur marktfähigen, resistenten Sorte ist. Das FiBL, die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und die GZPK planen gemeinsame Aktivitäten zu resistenten Erbsen, und auch für Kichererbsen sei etwas vorgesehen, so Sebastian Kussmann.
Vor allem soll eine stark mit Pathogenen infizierte Versuchsfläche aufgebaut werden, um Kandidatensorten zu testen. «Höfe mit Leguminosenmüdigkeit haben das berechtigte Interesse, ihre Böden eher zu sanieren als der Züchtung zur Verfügung zu stellen», bemerkt Kussmann. Aktuell suche man nach Finanzierungsmöglichkeiten für diese Versuchsfläche.
Finanzierungsanträge der GZPK zur Anwendung der Resistenzmarker des FiBL seien bisher abgelehnt worden. Die ökonomische Bedeutung von Erbsensorten in der Schweiz ist laut Kussmann zu klein, als dass sich solche Investitionen in die Züchtung über Saatgutverkäufe finanzieren liessen. «Das gilt auch für grosse Kulturen wie Weizen – die Schweizer Züchtung ist auf staatliche Finanzierung angewiesen.» Aktuell arbeite die GZPK im kleinen Rahmen im regulären Züchtungsprogramm an resistenten Erbsensorten.
Eine offene Frage in Sachen Bodenmüdigkeit und Fruchtfolge ist der Einfluss von Gründüngungen. Mischungen mit Leguminosen sind wegen ihres Düngeeffekts beliebt.
«Es fehlt das Wissen»
«Wir raten Schweizer Bauern immer zu leguminosenfreien Gründüngungen», erklärt Sebastian Kussmann. Systematische Untersuchungen zum Effekt leguminosenhaltiger Mischungen gebe es aber seines Wissens nicht. «Übrigens auch nicht zur allgemeinen Kombinierbarkeit von Leguminosen in der Fruchtfolge – hier fehlt ganz viel Wissen aus und für die Praxis.»
Den Gemengeanbau nennt die GZPK als mögliche präventive Massnahme gegen Leguminosenmüdigkeit, da das eine günstigere Bodenmikrobiologie fördere. In einem Merkblatt hält das FiBL fest, Kompost könne der Bodenmüdigkeit «im Anfangsstadium entgegenwirken». Vorbeugend sollten nach Klee mindestens zwei Jahre lang keine Erbsen angebaut werden, so das FiBL.
Eine Anleitung für einen Bodentest auf Leguminosenmüdigkeit finden Sie im Merkblatt des FiBL
Bisher nicht festgestellt
Bei gut abgetrockneten Böden können Sommer-Eiweisserbsen ab Mitte Februar gesät werden. Sie gelten als gutes, proteinhaltiges Futtermittel.
Ab Mitte März erfolgt, geplant von den Vertragsfirmen, die Saat von Konservenerbsen. Konservenerbsen-Pflanzer seien gesucht, sagt Andreas Messerli von der Hilcona AG auf Anfrage. Man stelle bisher keine Mengen- oder Qualitätsprobleme aufgrund von Leguminosenmüdigkeit fest. «Die Anbaupausen sind bei Erbsen mit acht Jahren sehr lange», gibt Messerli zu bedenken. «Und auch bei Bohnen ist eine vernünftige Fruchtfolge möglich.» Eher zu schaffen machten die Folgen des Klimawandels in Form neuer Schädlinge und Krankheiten.
Auch die Aargauer Louis Ditzler AG sucht noch Erbsenproduzenten. Bei Bohnen laufe die Anbauplanung noch, Neuproduzenten seien aber eher nicht gesucht. «Wir halten uns an die Fruchtfolge», sagt Massimo Granata, Leiter Supply Chain, in Bezug auf die Leguminosenmüdigkeit. Er erinnert an die Vorgaben nach Suisse Garantie (mindestens acht Jahre Anbaupause bei Erbsen, drei bei Bohnen). Mengen- oder Qualitätsprobleme wegen ermüdeter Böden sind der Ditzler AG nicht bekannt.
Da man langjährige Beziehungen zu Produzent(innen) pflege, seien derzeit Neuproduzenten im kleinen Rahmen willkommen, schreibt Frigemo. Dies, um natürliche Fluktuationen oder fruchtfolgebedingte Anbaupausen auszugleichen. «Die qualitativen und quantitativen Schwankungen in den letzten Jahren sind nach unserer Einschätzung vor allem auf anspruchsvolle Witterungsbedingungen zurückzuführen», so Brand-Manager Yves Lagrebi. Gesicherte Angaben zum Einfluss der Bodenqualität könne man als Verarbeiter aber nicht machen.

