An der Biogemüsetagung vom Mittwoch, 18. Januar 2023 in Olten (Solothurn) gab es einiges zu diskutieren. «Das Thema Faire Handelsbeziehungen hat uns 2023 stark beschäftigt», sagte Christian Gerber in seinem Rückblick. Der Produzent aus Fehraltorf (Zürich) ist Präsident der Fachkommission Biogemüse des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP).
Für Unmut hatte etwa eine Jahresausschreibung von Migros Aare bei 15 Produkten gesorgt. Die Produzenten sollten für den nächsten Sommer offerieren, zu diesem Zeitpunkt seien viele «preisrelevante Faktoren» noch nicht abzuschätzen gewesen, hielt Gerber fest. Stichworte: steigende Energiekosten, Düngerpreise, Mindestlöhne. «Unter diesen Umständen halten wir das nicht für einen fairen Preisbildungsprozess.»
«Ein voller Erfolg»
Nur lobende Worte fanden die Produzenten dafür für die neuen Qualitätsnormen, für die man sich mit den Abnehmern an einen Tisch gesetzt hatte. «Ein voller Erfolg», bilanzierte Christian Gerber, erstmals seien auch äussere Qualitätsdefizite eingeschrieben und akzeptiert worden, so werden beim Kohlrabi «kleine Frassspuren am Laub als auch Ränder toleriert». Nicht ganz einfach sei die Auswahl der Fotos, an denen sich die Experten orientieren sollen, «wie gelb darf ein Blumenkohl sein?»
Kleine Eule macht Sorgen
Apropos Schäden, am Verarbeitungsgemüse tat sich 2023 derweil ein neues Untier gütlich, das den Produzenten die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Die Baumwoll-Kapseleule (Helicoverpa armigera) ist ein invasiver Schädling, welcher von den wärmer werdenden Temperaturen profitiert und sich in der Schweiz ausbreitet. Vergangenes Jahr wurden ab Juli bis Oktober Schäden z. B. an Bohnen, Erbsen, Tomaten, Paprika, Zuckermais und Salaten gemeldet, teilweise von beträchtlichem Ausmass oder, wie Produzent Simon Lüscher es formulierte, «in fast jeder Bohne Löcher».
Discounter wollen mehr Bio
Während der Wettbewerb im Detailhandel intensiv und die Margen unter Druck seien, würden die Discounter mehr Bio verlangen, hiess es von der Fachgruppe Biogemüse weiter mit Blick auf die Marktaussichten im neuen Jahr. So suche Aldi mit «Retour aux Sources» Ware. Obwohl generell wenig Wachstum möglich sei, sei die Anbaubereitschaft der Bioproduzenten weiter hoch, etwa bei den Karotten. Bei den Verarbeitungs- und Convenience-Produkten seien die Preise teilweise tief. «2024 wird eine Herausforderung», lautete der allgemeine Tenor.
Neue Strategie erarbeiten
Bio Suisse erarbeitet derzeit eine neue Verbandsstrategie mit dem Zeithorizont 2040. Im Frühjahr 2025 sollen die Delegierten darüber abstimmen, «hoffentlich mit grosser Mehrheit», wie Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli sagte.
2040 möge einem erst mal sehr weit entfernt vorkommen, «aber 15 Jahre sind für euch Bäuerinnen und Bauern entscheidend. Ihr müsst womöglich Investitionen tätigen, die sich über Jahre bis Jahrzehnte amortisieren müssen».
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«Die Knospe ist ein Meta-Label»
Bei der letzten grossen Schweizer Bewertung von Lebensmittel-Labels 2015 holte sich die Knospe das bestmögliche Prädikat: «Ausgezeichnet», u. a. neben Delinat, Natura-Beef und Naturaplan. Das müsse auch bei der nächsten Ausgabe wieder das Ziel sein.
Neben den klassischen Labels würden Meta-Labels wie Nutri-Score, Eco-Score oder M-Check immer mehr an Bedeutung gewinnen. «Ich sage immer: Die Knospe ist auch ein Meta-Label.» Brändli verwies auf Werte wie Gesamtbetrieblichkeit, Rückverfolgbarkeit, hohes Tierwohl, soziale Verantwortung usw.
Immer mehr Spannungsfelder
Gleichzeitig muss sich Bio Suisse mit zunehmenden Spannungsfeldern befassen, wie möglichst hohes Tierwohl vs. kleinstmöglicher Impakt auf die Umwelt, Erwartungen von Produzenten vs. Erwartungen von Konsumenten. Dazu übernehme die konventionelle Landwirtschaft immer mehr Praktiken aus dem Biolandbau, etwa den Striegel.
«Wenn die ganze Landwirtschaft nachhaltiger wird, kann man sich fragen, was die Knospe 2040 bieten muss, damit die Kunden bereit sind, einen Mehrpreis zu bezahlen», warf Urs Brändli einen Blick voraus.

