Die Bauernfamilien im Zürcher Unterland fürchten und bangen um ihr Kulturland: Der Flughafen soll weiter wachsen; die Revitalisierung, der Siedlungs- und Strassenbau brauchen zusätzliches Kulturland; der Naturschutz fordert ebenfalls seinen Tribut; und die Gemeinde Stadel steht im Fokus für ein Atommüll-Endlager.
Kulturland von allen Seiten unter Druck
Mitten drin liegt das grosse Naturschutzgebiet Neeracherried mit seinen Moor- und Riedflächen, die von internationaler Bedeutung sind. Hier plant die Zürcher Baudirektion Grosses. Für eine Strassenverlegung sollen beachtliche Fruchtfolgeflächen beansprucht werden. Es sind ausserdem umfassende Erweiterungen für prioritäre Potenzialflächen für Feuchtgebiete (PPF) vorgesehen.
Nachdem sich im Zürcher Oberland und im Zürcher Weinland mit Blick auf die PPF die IG Pro Kulturland formiert hat, zieht nun das Unterland mit der Gründung der IG ZüriNord nach. An deren Spitze steht Kantonsrat Hans Egli als Präsident. Des Weiteren ist jede der betroffenen Gemeinden mit einer Person im Vorstand vertreten.
Martin Streit vom Zürcher Bauernverband (ZBV) zeigte in einem Zusammenzug auf, dass in den acht betroffenen Gemeinden Dielsdorf, Niederhasli, Niederglatt, Höri, Hochfelden, Stadel, Neerach und Steinmaur in den letzten 30 Jahren über 122 ha wertvolles Kulturland der Produktion entzogen wurde. Weitere 456 ha gelten als gefährdet, wobei fast die Hälfte auf die PPF entfällt. Zudem droht der Verlust von weit über 80 ha Kulturland für Pufferzonen.
Wichtige Fragen sind ungeklärt
«Der heutige Aufmarsch zeigt, dass das Thema bewegt», hielt Bauernsekretär Ferdi Hodel fest. Er verwies auf eine kürzlich erfolgte Fachtagung, an der ein renommierter Fachexperte sich über den Artenschwund äusserte. Die Schuld werde heute einfach der Landwirtschaft zugeschoben. In Grönland, wo es keine Landwirtschaft gibt, habe die Artenvielfalt laut diesem Fachexperten ebenfalls abgenommen. «Damit zeigt sich, dass die Landwirtschaft nicht an allem Schuld ist», so Hodel.
Der aktuellen Strategie der Biodiversitätsförderung durch den Kanton Zürich erteilte er eine klare Absage, weil diese einzig und allein auf Quantität beruhe. Es fehlten die Antworten auf verschiedene Fragen, wie etwa was die bisherigen Vernetzungsprojekte den einzelnen Arten gebracht haben.
ZBV setzt auf Qualität statt Quantität
Ferdi Hodel verwies auf das Ziel des ZBV, mit möglichst wenig Fläche die bestmögliche Wirkung zu erreichen.
«Die Quantitätsstrategie muss durch eine Qualitätsstrategie abgelöst werden.»
Ferdi Hodel, Geschäftsführer Zürcher Bauernverband
Die ökologische Infrastruktur sei zu definieren. Darauf seien Schutzverordnungen aufzubauen. Mit Hotspots sei die Vernetzung sicherzustellen und es seien eigentümerverbindliche Projekte zu bearbeiten. «Die Zürcher Landwirtschaft ist bereit, unbedingt benötigte Flächen für die Biodiversität zur Verfügung zu stellen. Dies aber nach den Grundsatz ‹so wenig wie möglich, so viel wie nötig›.»
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Aufklärung mittels öffentlichen Aktionen
Ferdi Hodel hob die Unterstützung durch den ZBV hervor. «Wir stehen der IG administrativ und fachlich zur Seite und ermöglichen die Kontakte zu den kantonalen Behörden.» Die IG hat sich zum Ziel gesetzt, mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen die Leistungen der Landwirtschaft bezüglich Biodiversitätsförderung und Nahrungsmittelproduktion bekannt zu machen. Die Interessen sollen gebündelt nach aussen kommuniziert werden. Das Mitspracherecht in allen Belangen rund um das Kulturland wird gefordert.
Zum Abschluss machte IG-Präsident Hans Egli deutlich, dass befriedigende Lösungen nur mit konstruktivem Pragmatismus und frühzeitigen Einbezug aller Betroffenen gelingen. Egli forderte von den kantonalen Amtsstellen mit aller Deutlichkeit eine partnerschaftliche Verhandlungsbasis auf Augenhöhe. «Nur zusammen sind wir stark.» Man sei nicht gegen Naturschutz.
«Wir wollen Naturschutz mit den Menschen und nicht gegen die Menschen.»
Hans Egli, Präsident IG ZüriNord


