«Wir Bauern müssen zusammenstehen, sonst gehen wir unter», sagt Landwirt Martin Hübscher aus Illnau im Kanton Zürich – dies angesichts der massiven Ein- und Übergriffe des Kantons auf das landwirtschaftliche Kulturland. So plant das Amt für Landschaft und Natur ALN des Kantons Zürich, rund 1300 ha Kulturland in Feuchtgebiete zu überführen. Damit will das Amt den Biodiversitätsverlust stoppen und laut dem aktuellen Richtplan auch die CO2-Ziele erreichen, da im Moorboden, der sich durch die Vernässung bildet, CO2 gebunden wird.
Ackerbau wird kaum mehr möglich sein
Die Bedeutung dieser «Prioritären Potenzialflächen für Feuchtgebiete» (PPF) erkannte als Erstes Martin Hübschers Ehefrau Bettina Hübscher. Als Geografin mit vertieften Kenntnissen in Bodenkunde und Geologie wusste sie sofort, dass, wenn von Feuchtgebieten die Rede ist, Ackerbau längerfristig kaum mehr möglich sein wird. Hübschers fanden prompt im GIS-Browser eine blau schraffierte Fläche auf einer ihrer Parzellen, die als PPF ausgeschieden war. Wie ihnen ging es unzähligen Landwirten im Kanton Zürich.
Eigentümer und Gemeinden nicht informiert
Keiner sei vom Amt direkt informiert worden. Über die Köpfe hinweg seien am Schreibtisch und Computer einfach so PPF ausgeschieden worden, erzählt Martin Hübscher. Klar hätten sie die Fachstelle für Naturschutz kontaktiert und ihren Sachverhalt erläutert, denn sie hätten eine Aufwertung der Parzelle geplant. Aber man werde einfach nicht ernst genommen. «Abgeschmettert mit ‹das ist jetzt einfach so›», sagt Hübscher. Diese Erfahrung machten auch andere, sodass die Landwirte im September die IG Pro Kulturland gründeten und beschlossen, sich gemeinsam gegen diese PPF-Einträge zu wehren. [IMG 2]
Hübschers leisten ihren Beitrag zur Biodiversität und machen Ökoausgleich. Aber die als PPF ausgeschiedene Fläche ist wertvolles Ackerland. Dieses möchten sei weiterhin als solches nutzen.
Mit Humus aufwerten, dann abwerten und wegführen?
«Aufgrund der Topografie macht eine Vernässung in unseren Augen auch keinen Sinn», sagt Martin Hübscher und zeigt auf die Parzelle. «Auf dem mittleren Teil dieser Parzelle führten wir 2016 auf 6100 m² eine Bodenaufwertung durch», sagt Martin Hübscher. Es ergab sich dann eine weitere Gelegenheit, aus der Region Humus zu erhalten, so beschlossen sie 2020, auch die restliche Fläche der Parzelle aufzuwerten.
Im April 2021 hatten sie alle Vorarbeiten wie Bodensondierungen unter bodenkundlicher Begleitung gemacht, was sie rund Fr. 15 000.– kostete, und reichten das Baugesuch für die Aufwertung ein. «Wir hatten keinen Grund, zu befürchten, dass die Aufwertung abgelehnt würde, da ein Teil der Parzelle ja schon erfolgreich aufgewertet wurde», sagt Bettina Hübscher.
Kein Ortstermin, trotzdem Bauverweigerung
Die definitive Bauverweigerung für die Aufwertung traf im Oktober 2022 ein. Sie hätten einen Ortstermin verlangt, sodass die vom Amt die Gegebenheiten vor Ort zur Kenntnis nehmen können. So sei eine Vernetzung mit dem Örmis-Naturschutzgebiet nicht möglich, weil die Strasse von Illnau nach Bisikon eine klare Grenze setze. Auch seien ihre Ackerböden nicht abgesackt, sondern ihre Parzelle sei rund 2 m höher als das Örmis-Biotop. Natürlich sei niemand vom Amt vorbeigekommen.
Neben den Grundeigentümern seien auch die Gemeinden nicht informiert worden, erzählt Martin Hübscher. Die Gemeinde sei nämlich aus allen Wolken gefallen, als er diesbezüglich anrief. Was diese natürlich auch ärgerte, hatten sie doch einen Radweg von Illnau nach Bisikon geplant. Dieser ist nun auch auf Eis gelegt.
Eigentlich laufe ein solches Vorgehen und das Wiedervernässen auf eine schleichende Enteignung hinaus, findet Martin Hübscher. Für eine aktive Vernässung bleibt es nämlich nicht nur bei Nutzungseinschränkungen, sondern es wird häufig auch Humus abgetragen. Artenreiche Feuchtgebiete entstehen ja nicht einfach so, weil die Drainagen nicht mehr erneuert werden.
Treffen mit Amtschef
Das von der IG verlangte Treffen mit dem Amt für Landwirtschaft und Natur fand am 8. Dezember statt. Laut Bettina Hübscher, die zum Leitungsteam der IG Pro Kulturland gehört, sei das Gespräch gut gelaufen. «Wir hatten das Gefühl, dass uns endlich mal jemand seitens des Amts ernst nimmt, und konnten unsere Forderungen erstmals direkt beim Amtschef platzieren.»
Abhumisierung
Drainagen nicht zu erneuern, heisst nicht, dass automatisch ein artenreiches Biotop entsteht. Das zeigt das Beispiel des Moorgebiets Wildert in Illnau-Effretikon. Dort werden rund 2,8 ha ehemalige Riedflächen, die bereits als Naturschutzzone und als Pufferzone festgelegt sind, wiederhergestellt. Trotz der extensiven Bewirtschaftung während rund 30 Jahren sind die Flächen artenarm geblieben.
Laut der Medienstelle der Baudirektion ist Bodenabtrag bisher die einzig bekannte Methode, die in der erforderlichen Zeit Wirkung erzielt, kommt der Humus weg. Das sind rund 6500 m³ Oberboden. Mit dem Abtrag soll die Fläche in den Schwankungsbereich des Grundwassers abgetieft und Nährstoffe entfernt werden. Ein Teil des Bodens wird vor Ort für die Überdeckung einer Spundwand und eines Damms verwendet. Das übrige Material wird abgeführt und je nach Belastung wiederverwertet oder aufbereitet.Auch in Regensdorf wird auf einer Fläche von rund 22 a eine alte Aufschüttung am Rand eines nationalen Flachmoores entfernt und das ursprüngliche Terrain wiederhergestellt. Dabei wird rund 850 m³ Ober- und Unterboden abgetragen.
Die Trockenlegung der Moore war in den 1930er- und 1940er-Jahren eine Herkulesaufgabe. «Das verdient Respekt», sagt Martin Hübscher. Jetzt diese Flächen in kürzester Zeit durch Brachialmethoden wiederzuvernässen, sei alles andere als nachhaltig. Zumal auch die Abfuhr des Bodenmaterials durch die Lastwagenfahrten Emissionen verursache und dabei hohe Entsorgungs- und Verwertungsgebühren entstünden. Ein ökonomischer und ökologischer Unsinn, finden Hübschers.

