«Früher haben wir Saatgetreide angebaut und intensiv gearbeitet», schildert Marc Bolli. Das Problem sei aber gewesen, dass er die nötigen Erträge nicht erreichen konnte, die eine intensive Bewirtschaftung rentabel gemacht hätten. «Beim Dreschen habe ich gesehen, dass extensiv Arbeitende nur wenig tiefere Erträge hatten», so der IP-Landwirt und Lohnunternehmer. Die Pflanzenschutzmittel entfalteten einfach nicht die gewünschte Wirkung, also verzichtete Bolli darauf und setzte auf Extenso.

Einen guten Striegel

Der nächste Schritt war die Teilnahme an einer Studie von IP-Suisse zum Herbizidverzicht. Der damit verbundene Beitrag ermöglichte Marc Bolli, in Maschinen zu investieren. «Ich brauchte einen Striegel und wollte nicht irgendeinen, sondern einen guten», erinnert sich der Landwirt. Ihm war wichtig, die Aggressivität vom Traktor aus regeln zu können, und er entschied sich für einen Treffler-Striegel für Fr. 25 000.–. Ein Miet-/Kaufvertrag gab Bolli im ersten Jahr Sicherheit – er hätte das Gerät zurückgeben können. Fünf Jahre später steht der Striegel immer noch auf der Määhfarm und der Schaffhauser ist einige Erfahrungen reicher.

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Abo Über den Saatzeitpunkt kann man es einrichten, dass die Bedingungen während der Bestockung des Getreides eher eine Unkrautkur zulassen. Umsetzung des Herbizidverzichts Das Erfolgsrezept für Herbizidfrei ist bekannt – so gehts Friday, 6. October 2023 So hat es sich bewährt, dass sein Striegel von der Fahrerkabine einstellbar ist. «Wenn ich übers Feld fahre, justiere ich ständig nach», sagt der Landwirt. Dank GPS-Steuerung kann er sich ganz auf das konzentrieren, was hinter dem Traktor passiert, und striegelt «nach Aussicht». Man sehe dem Weizen an, wie viel Aggressivität es brauche. Zwar kennt er den Spruch, mit dem Pflug werde der ganze Boden-Haushalt auf den Kopf gestellt, und hat dessen Einsatz reduziert. «Es kommt aber auf den Boden an», findet Marc Bolli. Seine tonhaltigen Böden seien nach Regen betonhart und dann brauche es den Pflug, allerdings flach geführt. Ein Flachgrubber gehört neben Pflug und Striegel ebenso zu seinem Maschinenpark wie eine Kulturegge. Das Striegeln oder oberflächliche Grubbern sei für seine schweren Böden wie eine Erholung, da so wieder Luft ins verschlämmte Erdreich komme. Ausserdem werden damit Unkrautsamen für die mechanische Bekämpfung zum Keimen angeregt.

Bewusste Sortenwahl

Herbizidfrei fängt aber vor der Unkrautkur an, z. B. bei der Sortenwahl. Marc Bolli hat verschiedene Getreidesorten ausprobiert, denn nicht alle würden das Striegeln gleich gut wegstecken. Runal und Piznair bewährten sich und damit lasse sich auch eine Topqualität erreichen. «Das macht zwar nur rund Fr. 1.50 pro 100 kg aus, aber auf alles gerechnet ist es ein Batzen an unsere Skiferien», bemerkt Bolli schmunzelnd.

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Übliche Saatmenge

Die Saatdichte hatte der Schaffhauser anfangs erhöht, weil es entsprechende Empfehlungen gibt. Aber der Weizen sei schnell dicht geworden und daher sät Bolli nun wieder die übliche Menge, dafür aber relativ früh. «Die schweren Böden auf dieser Höhe trocknen sonst nicht mehr im Herbst und so kann ich noch mal vor dem Winter striegeln.» Bei der Saattiefe ist man für Herbizidfrei in einer Zwickmühle: Tief gesät braucht das Getreide länger nach oben und das Unkraut kann sich länger konkurrenzlos entwickeln, dafür bleibt das Saatgut aber beim Blindstriegeln eher unbeschädigt. Marc Bolli rät, etwas tiefer zu säen als üblich. Dafür nutzt er eine Sämaschine mit Scheibensäscharen und Tiefenführungsrollen, die ein exaktes Ablegen in vier Zentimetern Tiefe erlaubt.

Neben Striegelmodell und Aggressivität ist die Fahrgeschwindigkeit ein weiterer Faktor für die Unkrautkur. Empfohlen werden 3 bis 6 km/h, darüber steige der Maschinenverschleiss. «Als Faustregel sagt man, dass 70 Prozent des Unkrauts verschüttet werden und 30 Prozent ausgerissen», so Marc Bolli. Je schneller der Striegel übers Feld gezogen wird, desto mehr wird verschüttet. Wichtig ist laut dem Schaffhauser, nach dem Dreschen im Herbst möglichst bald eine flache Bodenbearbeitung zu machen und dann je nach Wetter idealerweise 3- bis 5-mal gegen das Unkraut vorzugehen. Eine früh gesäte und gut entwickelte Gründüngung hält das Unkraut ebenfalls in Schach und stellt für den Herbizidverzicht kein Problem dar, solange sie abfriert. «Und wenn mal etwas übrig bleibt – Phacelia oder einige Büschel Raigras –, so ist das trotzdem nicht mit einem Ackerunkraut zu vergleichen», ergänzt Bolli. Und die Gründüngungen hätten den Boden verbessert, so seine Beobachtung.

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Nicht blitzblank

Ein übles Unkraut auf Marc Bollis Flächen ist hingegen der Ackerfuchsschwanz. Mit drei Jahren Kunstwiese sei die Pflanze in den Griff zu bekommen, sagt er. Nach einer Gründüngung sollen im Frühling dann Zuckerrüben folgen, da in dieser Blattfrucht die Bekämpfung von Ungräsern einfacher sei als im Getreide. «Mit Herbizid haben wir den Ackerfuchsschwanz auch nie ganz weggekriegt», gibt der Landwirt zu bedenken. «Und die Disteln muss man eh von Hand ausreissen.» Blitzblank müsse es nicht sein auf dem Feld, die Konkurrenz für die Kultur nur ausreichend tief. «Warum soll ich Spritzmittel zahlen und den Aufwand fürs Ausbringen auf mich nehmen, wenn es doch nicht mehr nützt?», fragt Bolli rhetorisch. Lieber geht er striegeln oder leistet Handarbeit und bekommt dafür den Beitrag für Herbizidverzicht. Für ihn geht die Rechnung auf: «Grundsätzlich ist es machbar und ich war von Anfang an überrascht, wie gut das geht.»

«Warum soll ich für Spritzmittel bezahlen?»

Landwirt Marc Bolli findet den Verzicht sinnvoller, wenn die Wirkung eh begrenzt ist.

Sicher sei der Zeitaufwand gegenüber der konventionellen Bewirtschaftung grösser, sagt Marc Bolli. Ausserdem muss das Wetter passen. Er habe oft schwierige Entscheidungen treffen müssen in den letzten Jahren und sich gefragt: «Soll ich, oder soll ich nicht?» Der Zeitpunkt, sprich das Entwicklungsstadium von Kultur und Unkraut sei zwar entscheidend für den Erfolg, meist bestimme aber das Wetter bzw. die Befahrbarkeit, was überhaupt möglich ist. Das lässt den Ertrag schwanken, um 10 bis 15 kg/a schätzt Bolli. «Ich schaue die Ernte über alle Parzellen hinweg an, etwa den Mittelwert von 20 ha Weizen», erklärt er. So erzielt der Schaffhauser 50 bis 60 kg/a herbizidfreien Weizen.

Man bekommt etwas dafür

In seiner Gegend rechne man mit 70 bis 80 kg/a Weizen als Normwert bei intensiver Bewirtschaftung, erläutert Marc Bolli. Das habe er nie erreicht, auch nicht, wenn er «voll durchgespritzt» habe. «Ja, Herbizidfrei ist ein Mehraufwand, aber man bekommt auch mehr dafür», erinnert der Landwirt an die Prämie von IP-Suisse und den Bundesbeitrag für den Herbizidverzicht. Diesen Anreiz brauche es. «Aber es kann sein, dass wir bald überhaupt nicht mehr spritzen dürfen», meint Bolli, «So habe ich immerhin schon Erfahrungen damit sammeln können.» Er sieht sich nicht als politisch grün. «Wir müssen dafür kämpfen, dass ein Minimum zu spritzen erlaubt bleibt, um den Selbstversorgungsgrad zu stabilisieren und wünschenswerterweise zu steigern.» Dabei wäre es ihm lieber, wenige, dafür wirksame Mittel zur Verfügung zu haben. Da Bolli direkt an der Grenze wohnt, sieht er bei seinen deutschen Kollegen die gute Wirkung von hier verbotenen Mitteln im Raps.

Mancher Landwirt wäre für den Herbizidverzicht zu gewinnen, schätzt Marc Bolli, «aber parzellenweise und nicht für alle Flächen einer Kultur.» IP-Suisse hat einen Antrag eingereicht, damit der Bundesbeitrag entsprechend abgeändert wird. Die Labelorganisation ermöglicht bereits den parzellen- bzw. klassenweisen Verzicht. Bei beiden Programmen ist im Notfall eine Abmeldung möglich. «In den fünf Jahren Herbizidfrei mussten wir das noch nie machen», sagt Marc Bolli. Es sei wegen des Wetters immer wieder eine Herausforderung, trotzdem möchte der Landwirt nicht zurück: «Für uns passt das so, das muss ich sagen.»

Betriebsspiegel Bollis Määhfarm

Ort: Opfertshofen SH
LN: 100 ha (etwa 60 ha davon ennet der deutschen Grenze)
Kulturen: 22 ha Weizen (herbizidfrei), 6 ha Roggen (herbizidfrei), 7,5 ha Urdinkel (herbizidfrei), 12 ha Gerste, 14 ha Raps (Suisse Garantie), 4 ha Sonnenblumen (Suisse Garantie), 6 ha Zuckerrüben (IP-Suisse), Kunst- und Naturwiesen
Tiere: 185 Mutterschafe und rund 150 Lämmer (Schwarzbraunes Bergschaf), 15 Mutterkühe (Hinterwälder Pro Specie Rara)
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Mutter, ein Mitarbeiter ganzjährig, drei sehr gute Freunde fürs Dreschen und für Arbeitsspitzen
Maschinen: Treffler-Striegel, Grubber, Kulturegge
Weiteres: Lohnunternehmen, Direktvermarktung und Hofladen

www.määhfarm.ch