Peter Zahner steht in seinem Obstgarten in Qualitätsstufe II – wo man hinschaut, hängen reife Äpfel und Birnen, von gelb bis dunkelrot. Auf den 5 ha gedeihen über 100 verschiedene Sorten. «Ich wuchs auf einem Milchwirtschaftsbetrieb in der Linthebene auf», erzählt der 64-jährige Landwirt. Der Bauernhof lag am Dorfrand. «Mein Bruder, der auch Landwirt ist, konnte aussiedeln und mein Vater kaufte mir diesen Betrieb im Fürstenland», fährt er fort.

Eine glückliche Fügung

Für Peter Zahner war nach der Betriebsbesichtigung der Plan klar: Die Hochstämmer, die seine Vorgänger im Obstgarten gepflanzt hatten, werden gefällt. Dann einen rechten Traktor kaufen, den baufälligen Stall neu bauen und voll auf Milchproduktion setzen. Ihm sei damals, zu Zeiten der Milchkontingentierung, nur ein Zusatzkontingent von 1000 kg zugesprochen worden. So liess er die Bäume stehen und machte den Hochstamm-Mostobstanbau zu seinem rentablen Betriebszweig. Das war 1987.

«Ich kannte die wenigstens Apfelsorten», sagt Zahner. Das änderte sich, als der Wädenswiler Sortenexporte und Fructus-Begründer Karl Stoll auf den Hof kam und all die noch unbekannten Äpfel- und Birnensorten bestimmte. Sie entdeckten an einem 130-jährigen Hausbirnenbaum die fast ausgestorbene Birnensorte Schweizerhose.

Die kleinen gestreiften Birnen wachsen ganz oben am Baum, während auf den unteren Ästen vier Tafelbirnensorten gedeihen. «Die Entdeckung der ‹Schweizerhose› verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die internationalen Pomologen-Gesellschaften», erinnert sich der Obstbauer.

Aus aller Herren Ländern kamen Anfragen für Reiser. «Später verschickten wir die für Okulation gewonnenen Knospen», fährt er fort. Dadurch sei ihm erstmals richtig bewusst geworden, welchen Wert solche Obstgärten hätten.

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Faszination Fledermäuse

An vielen seiner Bäume hängen Vogel- oder Fledermauskästen. Tagsüber zwitschern die Vögel und nachts flattern die Fledermäuse umher. Er sei schon immer ein Hobby-Ornithologe gewesen, «aber bei den Fledermäusen ist mein Interesse gewachsen». Die Fledermäuse hatten sich im alten Stall mit dem morschen Gebälk angesiedelt. Als Peter Zahner neu baute, bot er den bedrohten Tieren mit den Fledermauskästen ein neues Zuhause. «Am verbreitetsten sind die Langohrfledermäuse, aber ich bin fasziniert vom Kleinen Abendsegler.»

Diese Zugfledermäuse überwintern in Frankreich und Spanien, machen im Frühling Zwischenhalt in Zahners Obstgarten und bringen ihre Jungen in Norddeutschland auf die Welt. Im Herbst, auf dem Weg in den Süden, begatten sie sich in Waldkirch. «Die Befruchtung findet erst im Frühjahr statt, da das Weibchen die Spermien bis dann speichert», erklärt der Landwirt. Mit der Fledermauspassion ist er in Waldkirch nicht allein. Inzwischen sind in sieben weiteren Obstgärten Fledermauskästen aufgehängt – was sicherlich dem Fledermausverein zu verdanken ist, in dessen Vorstand Zahner ist.

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Was für eine Wunderhecke

Selbstverständlich hat es auf dem Betrieb auch eine Hecke – und was für eine: 400 m lang und bis zu 20 m breit. Mitten hindurch fliesst ein Bach. Die eine Hälfte gehört dem Nachbarn, die andere Zahner. Hoch hinaus wachsen Eschen, Eichen, Buchen, Linden, Tannen und viele weitere Baumarten. An ihren Stämmen schlängeln sich wilder Hopfen oder Efeu empor. In der mittleren Ebene breiten sich Haselnüsse, Heckenkirschen, Wildrosen, Mispeln, Vogelbeeren, Schwarzdorn und mehr aus. Totholzhaufen im Untergrund bieten Wieseln Unterschlupf und im Krautsaum blühen der Pippau und die Witwenblume. Ein Hotspot der Biodiversität ist diese Wunderhecke.

Von süss bis sauer

Aber zurück zu den Äpfeln. «Man kann sich hier durchessen und erfährt die verschiedensten Geschmacksrichtungen», sagt Peter Zahner. Von süss bis sauer, von Himbeer-, Ananas- bis hin zu Bananenaromen. Die Sorte Citrönler schmecke sogar nach Elmer Citro. «Aber dafür muss man den Apfel beim Reinbeissen auf der Zunge zergehen lassen – ähnlich wie bei Weindegustationen», führt Zahner aus. Auch ist von gelb bis dunkelrot jeder Farbschlag zu finden. Die grössten Äpfel liefert die Sorte «Peasgoods Sondergleichen». Zu den kleinsten Früchten zählt die Sorte Waldhöfler.

«Nahezu 90 % der Menge sind Spezialsorten wie der Sauergrauech oder der Schneiderapfel. Sie sind für die Mostherstellung geeignet und werden auch besser bezahlt», sagt Zahner. Er schätzt, dass er dieses Jahr rund 60 t abliefern kann. Die Sammelstelle befindet sich in Waldkirch selbst. Sie wird nicht mehr von der Mosterei Möhl, sondern neu von der Ramseier Aachtal AG betrieben. Peter Zahners übrige Äpfel, insbesondere jene der seltenen Sorten, lässt er bei seinem Nachbar Willi Sager vermosten. Dieser Süssmost ist für seine Verwandten, Bekannten und den Eigenkonsum.

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Nächstes Jahr wird Peter Zahner 65 Jahre alt. «Bäume sind ein Generationenprojekt – ich war eigentlich nur der Betreuer auf Zeit», sagt er. Es hätte sich halt nie ergeben, eine eigene Familie zu gründen. Aber sein Coucousin werde den Betrieb pachten und im Nebenerwerb bewirtschaften. «Wenn er will, helfe ich mit. Ansonsten wird es mir bei all meinen Hobbys nicht langweilig werden», fügt er an. Dazu zählen Wandern und – wie könnte es anders sein – Vögel und Fledermäuse beobachten.

Hof Widenhueb, Bio

Peter Zahner

Ort: Waldkirch
LN: 10 ha, davon auf 5 ha Hochstamm Obstbäume
Tierhaltung: Aufzuchtrinder