In Häggenschwil-Lömmenschwil sieht man weit herum schön gepflegte Hochstamm-Obstbäume. Das hat Tradition – und die wirtschaftliche Bedeutung ist in der Region nicht zu unterschätzen.
Tradition, Know-how, Mostereien
80 Prozent der Mostobsternte, die vom Schweizer Obstverband erfasst wird, stammen aus der Region Oberthurgau und den angrenzenden St. Galler Gebieten wie Lömmenschwil. Dass dies noch heute so ist, ist dem Know-how der Bauernfamilien zu verdanken, aber auch den grossen Mostereien Möhl (Arbon), Ramseier (Oberaach) und Holderhof (Sulgen). Sie sorgen für kurze Absatzwege und sind verlässliche Partner für die Mostobstproduzenten.
Einer der Mostobstproduzenten ist Philipp Hafner aus Lömmenschwil. Auf seinem Betrieb wachsen rund 1000 Hochstamm-Apfelbäume und auf 1 ha Niederstamm-Mostobst. Für Mostobst engagiert er sich sowohl kantonal als auch national. Er ist Präsident der Fachgruppe Mostobst des St. Galler Obstverbandes und seit 2024 Präsident des Produktzentrums Mostobst beim Schweizer Obstverband, das kürzlich die Ernteschätzung publiziert hat und von rund 82 000 t Mostäpfeln ausgeht. Die diesjährige Ernte werde im Vergleich zum vergangenen Jahr um ein Drittel tiefer ausfallen. Wobei Hafner anfügt: «2025 müssen die Produzenten nicht mit Abzügen für das Ernteausgleichssystem rechnen.»
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Von 300 auf 1000 Hochstämmer
Philipp Hafner selbst erwartet eine gute Ernte auf seinem Betrieb und geht von rund 300 t Mostäpfeln aus. «Wir sind etwas antizyklisch», merkt er an. Viele seiner Hochstammbäume pflanzte er, als er den Betrieb 2011 von seinen Eltern übernahm. Damals standen ca. 300 Hochstammbäume. Nach und nach kamen überall auf seinen Grünlandflächen Hochstamm-Feldobstbäume dazu. «Und nun kommen unsere ersten Neupflanzungen in den Vollertrag», hält er lächelnd fest.
Den Hauptanteil bilden die Bohnäpfel, wo die Sorten Sauergrauech und Glockenäpfel für die Befruchtung sorgen. Dazu kommen Boskoop, Schneideräpfel, Blauacher und Hordapfel. In der Niederstammanlage gedeihen die Frühsorten Remo und Rewena. Dabei handelt es sich um sogenannte RE-Sorten, die robust gegen Schorf, Mehltau und Feuerbrand sind. «Das passt auch in unsere Betriebsabläufe», sagt Philipp Hafner. Zuerst lesen sie die Zwetschgen ab, dann kommt die Ernte der Niederstammbäume. Danach ist Hafner mit seiner Baumschüttelmaschine auf rund 150 Betrieben unterwegs und zum Schluss werden bis Mitte November die eigenen Spätsorten geerntet.
Betriebsspiegel
Astrid und Philipp Hafner-Popp
Ort: Lömmenchswil
LN: 20 ha
Kulturen: rund 1000 Hochstämer,1 ha Niederstamm, 70 a Fellenberg Zwetschgen
Tierhaltung: Rindermast
Lohnarbeiten: Baumschüttel-Lohnarbeit
Leitäste anschneiden
Philipp Hafners Leidenschaft für Mostobst zeigt sich, wenn er über die Schnitttechnik spricht. Im Winter schneidet er die Bäume bis zu ihrem 15. Standjahr jährlich. Anschliessend je nach Wuchs und Erntemengen alle zwei bis drei Jahre. Das Anschneiden der Leitäste sei wichtig für eine stabile Baumkrone. Im Alter des Ertragseintritts bindet er die Leitäste mit Spanset-Band zusammen, so kann er auf Baumstützen verzichten. Ein angepasster Pflanzenschutz sowie die konsequente Mausbekämpfung seien bei der Erziehung von Jungbäumen unerlässlich. «Für die Mausbekämpfung ist vor allem mein Vater zuständig», fügt er anerkennend hinzu. Hafners Arbeitspensum ist im Herbst hoch. Dazu kommt in diesem Jahr auch noch der Umbau des Kälberstalls.
Vor fünf Jahren hörte er mit der Milchwirtschaft auf und stellte auf Rindermast um. Gruppenweise stallt er rund 30 Kälber ein, tränkt sie ab und gewöhnt sie rasch ans Fressen. Nach 60 Tagen kommen sie in den Rindermaststall, der etwas ausserhalb des Dorfes gelegen ist. «Alles sind weibliche F1-Kälber», sagt er und erklärt: «Rinder verwerten das Gras, das als Unternutzen zwischen den Hochstämmen heranwächst, besser als Muni.»
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Mechanisierung bringts
Mit der Kombination dieser Betriebszweige geht für ihn die Rechnung auf. Unterstützung auf dem Betrieb erhält er durch seine Eltern und Ehefrau Astrid. «Astrid ist aber auch als Schulratspräsidentin der Gemeinde Häggenschwil engagiert», sagt Philipp Hafner. Zum Glück seien sie auf dem Betrieb gut mechanisiert, sowohl im Mostobstanbau als auch im Stall, wo ein Futtermischer und Futterschieber für Effizienz sorgen.
«Ich stehe zum Ernteausgleich»
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Das Ernteausgleichssystem des Schweizer Obstverbandes wird seitens des Vereins Hochstammobstbau seit Jahren kritisiert. Philipp Hafner als Präsident des Fachzentrums Mostobst steht zum Ernteausgleich. Er sagt: «Wir verdanken dem Ernteausgleichssystem stabile Preise, die wir seit Jahren haben. Klar war es unschön, als in früheren Jahren bei Grossernten ein Ernteausgleichsbeitrag von Fr. 13.– vom Richtpreis von Fr. 33.– abgezogen wurde. Aber im darauffolgenden Jahr hatten wir wieder den Richtpreis.» Wäre der Preis auf Fr. 20.– gesunken, wäre eine Preiserhöhung von Fr. 13.– nicht zu realisieren gewesen, ist er überzeugt. «Ist der Preis einmal unten, dann ist der Weg zu höheren Preisen enorm schwierig», fügt er an. Der Ernteausgleich wird bei Grossernten dazu verwendet, Übermengen zu Saftkonzentrat zu verarbeiten und den Export oder die Essigproduktion zu stützen. Insgesamt sind 15 Mostereien beziehungsweise ihre Produzenten ins Ernteausgleichssystem eingebunden. Wichtigste Akteure darin sind Mosterei Möhl und die zur Fenaco gehörende Ramseier Suisse AG. «In Zukunft wird es vermehrt Vereinbarungen zwischen den Abnehmern und Produzenten geben. Die Mostereien sind interessiert an professionellen Mostobstproduzenten, die grosse und vor allem über die Jahre ausgeglichene Mengen liefern werden», sagt Hafner.