Eine erhöhte Mykotoxin-Belastung von Getreide wird oft in einem Zug mit reduzierter Bodenbearbeitung genannt. Der Verzicht aufs Pflügen gilt – zusammen mit unzerkleinert überwinternden Ernterückständen von Mais oder Getreide auf der Bodenoberfläche – als infektionsfördernder Faktor. Nach Hanspeter Lauper ist es zu einfach, den Fusarien-Befall der Direktsaat zuzuordnen – im Gegenteil. Der Lohnunternehmer aus Wiler bei Seedorf BE hat sich mit seiner Landag AG in der Konservierenden Landwirtschaft einen Namen gemacht. Als Betreiber einer eigenen privaten Sammelstelle ist er aber auch stark für das Thema Mykotoxine sensibilisiert – und wehrt sich vehement, wenn Direktsaat als Hauptgrund für solche Qualitätsprobleme dargestellt wird.
Liesse sich nicht erklären
Zuletzt war dies in Wortmeldungen anlässlich der Generalversammlung des Verbands der Getreidesammelstellen Schweiz (VGS) der Fall . «Seit nun über 20 Jahren wird in der Schweiz sehr einseitig über das Thema Fusarien und Mykotoxine gesprochen», kritisiert Hanspeter Lauper. Swiss No-Till, die Gesellschaft für bodenschonende Landwirtschaft, habe das ernst genommen und sich an mehreren wissenschaftlichen Studien beteiligt. «Mit dem Resultat, dass die Thematik sehr vielschichtig ist und nicht einfach nur auf die Direktsaat reduziert werden kann», so Laupers Fazit. Angesichts des kleinen Anteils Direktsaat auf Schweizer Ackerflächen (im tiefen einstelligen Prozentbereich) liesse sich damit auch nicht erklären, warum die Mykotoxin-Belastung in manchen Jahren flächendeckend problematisch sei, gibt er weiter zu bedenken. «Fusarien-Jahre sind witterungsbedingt, weil sich die Pilzkrankheiten bei nassem Wetter während der Blütezeit ausbreiten», ist Lauper auch aus eigener Erfahrung überzeugt.
Teil eines Systems
Bei der Diskussion um Direktsaat als Mykotoxin-Faktor ist zu beachten, dass die reduzierte Bodenbearbeitung Teil eines Systems sein sollte: In der Konservierenden Landwirtschaft ist die Bodenruhe eines von drei Prinzipien, zusammen mit möglichst durchgehender Bodenbedeckung und maximaler Pflanzenarten-Vielfalt. Diese Ziele werden einerseits mittels Direktsaat und artenreichen Gründüngungen, andererseits durch eine weite, abwechslungsreiche Fruchtfolge erreicht. Letzteres empfehlen Fachleute wiederum als vorbeugende Massnahme gegen Fusarien. Hanspeter Lauper sieht sich mit einem konservierenden Anbausystem noch auf andere Art gegen Mykotoxine abgesichert: «Unsere Böden sind sehr aktiv», hält er fest. So würden Erntereste – und mit ihnen allfällige Pilzsporen – rasch unschädlich gemacht. In seiner Gerste nach Körnermais sei mittlerweile nichts mehr vom Maisstroh sichtbar, schildert er, «die Würmer haben alles abgeräumt».
«Seit 20 Jahren wird einseitig über dieses Thema gesprochen.»
Hanspeter Lauper, Lohnunternehmer und Sammelstellenbetreiber.
Im Fall von Fusarien bezeichnet Agridea in ihren Datenblättern Ackerbau bei Weizen die Phase ab Beginn der Getreideblüte und bei Gerste jene ab dem Ährenschieben als die infektionsgefährlichste Zeit. Dann könnten durch Regen oder Tautropfen Sporen aus Ernterückständen auf die Ähren verfrachtet werden. Nicht aber, wenn dank des Bodenlebens zu diesem Zeitpunkt bereits gar keine mehr vorhanden sind. «Es braucht einen aktiven Boden, sonst gibt es Probleme», betont Hanspeter Lauper. «Und die Konservierende Landwirtschaft ist etwas vom Besten, das man dafür machen kann.»
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Vielfalt wirkt nachweislich
Dass Vielfalt auf dem Acker die Mykotoxin-Belastung in pfluglosen Mais-Weizen-Fruchtfolgen reduzieren kann, hat Agroscope 2021 nachgewiesen: Mais-Untersaaten zeigten ebenso eine Wirkung wie der Anbau von Zwischenfrüchten. Bei moderatem Krankheitsdruck liess sich etwa mit Weissem Senf im Mais die Belastung mit Deoxynivalenol (DON) bzw. Zearalenon (ZEN) im nachfolgenden Winterweizen um 58 Prozent respektive 47 Prozent senken. Zwischenfrüchte in einer Silomais-Sommerweizen-Fruchtfolge reduzierten den DON-Gehalt in den Versuchen von Agroscope sogar um 72 Prozent und erhöhten zusätzlich den Körnerertrag des Sommerweizens.[IMG 3]
Saat und Düngung anpassen
2023 blieben die Schweizer Getreideproduzenten generell von hohen Mykotoxin-Werten verschont. Das beobachtete auch Hanspeter Lauper in seiner Sammelstelle, in der regionales Getreide aus allen Anbaumethoden abgeliefert wird. «Wenn das Wetter allerdings so weitergeht, können Mykotoxine heuer eher ein Thema werden – aber für alle Anbausysteme», hält er fest. Das Wetter lässt sich nicht beeinflussen, wohl aber die Sortenwahl (auf Fusarien-Anfälligkeit achten) und die Fruchtfolge. Weiter empfiehlt die Branchenorganisation Swiss Granum, zur Vermeidung eines feuchten Mikroklimas nicht zu dicht zu säen und das Getreide bedarfsgerecht zu düngen.
In falscher Sicherheit
[IMG 4]Weil seit Februar 2024 strengere Höchstwerte für Mutterkorn gelten, gibt diese Pilzkrankheit in letzter Zeit vermehrt zu reden. Die neuen Maximalgehalte beziehen sich sowohl auf Mutterkorn-Sklerotien (die grossen, schwarzen, vom Pilz befallenen Ähren) als auch auf Ergotalkaloide, die Giftstoffe des Mutterkorns. «Mit der Verbreitung von Mutterkorn hat die Direktsaat als modernes Phänomen nur sehr wenig zu tun», hält Bernhard Streit fest. Mutterkorn gebe es schon seit den Anfängen des Getreidebaus, v. a. in Roggen und Triticale, seltener bei Gerste und Weizen, sagt der Pflanzenbau-Dozent an der HAFL.
Nicht in Ernterückständen
Auch bei Fusarien handelt es sich um krankheitserregende Pilze; festgelegt sind Höchstwerte für deren Giftstoffe Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEN). «Im Gegensatz zu Fusarien überdauert Mutterkorn nicht in Ernterückständen, sondern in Form der Sklerotien», erklärt Bernhard Streit. Daraus keimen Sporen, die mit Wind und Wasser auf blühende Ähren verteilt werden. Die Voraussetzung dafür sei, dass die Sklerotien an der Bodenoberfläche sind. Deren raschen Abbau könnten Konservierende Anbausysteme, biologisch aktive Böden, Gründünungen usw. entscheidend unterstützen, «aber dazu fehlen robuste Daten», so Streit. Ähnlich wie bei Fusarien wird zur Mutterkorn-Prävention das Pflügen oder eine Bodenbearbeitung tiefer als 5 cm empfohlen. «Ja, das einmalige, tiefe Unterpflügen kann bei einem Erstbefall dafür sorgen, dass die Sklerotien bei der Blüte einer allfälligen Folge-kultur nicht in Oberflächennähe sind», bestätigt der HAFL-Dozent.
Nicht im Profil verteilen
Man sollte sich nach einem Pflugdurchgang nicht in falscher Sicherheit wiegen, denn Mutterkorn bleibe im Boden ein bis drei Jahre überlebensfähig. «Achtung», warnt Bernhard Streit, «beim zweiten Mal Pflügen sind die Sklerotien dann sicher wieder an der Bodenoberfläche – daher gibt es Mutterkorn auch schon seit ewig.» Bei Konservierenden Anbausystemen mit Direktsaat sei immerhin sichergestellt, dass Mutterkorn nicht im ganzen Profil des Oberbodens verteilt und damit immer wieder an die Oberfläche geholt werde, was die zeitliche Verschleppung der Pilzkrankheit deutlich reduziere. Statt sich auf den Pflug zu verlassen, rät Streit zur Vermeidung von Mutterkorn-Befall zur Bekämpfung von Wirtspflanzen wie Un- oder Futtergräser am Feldrand, zum Verzicht auf eine anfällige Kultur während einem bis drei Jahren nach Roggen und zu einer Optimierung der Pflanzenernährung. «Es gibt Hinweise, dass insbesondere auf die Bor- und Kupferversorgung via Bodenanalysen und Blattdüngungen zu achten ist.

