Wer in Bottighofen im Sommer aus dem Bus steigt, wähnt sich im Urlaub. Im Hafen der am Bodensee gelegenen Gemeinde legen Segel- und Motorschiffe an. Vom See her weht eine frische Brise und der asphaltierte Uferweg, mit dem sich der See umrunden lässt, wird rege von Velofahrern, Inlineskatern und Badigästen des Freibads «Rösli» genutzt.
Etwas weiter vom See entfernt, liegt die Seestrasse. Auf ihr stauen sich samstags um 9 Uhr bereits Autokolonnen, die jedoch nicht an den Badestrand, sondern zum Shopping ins grenznahe Konstanz rollen. Auffällig sind die zahlreichen Villen in Seenähe sowie Einfamilienhäuser mit Umschwung. Im Vergleich zu anderen Gemeinden im Thurgau weist Bottighofen einen tiefen Steuerfuss auf und gilt deshalb als kleines Steuerparadies.
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Kompost für Feld und Garten
«Es leben viele wohlhabende Menschen hier und die haben alle einen Gärtner, die regional Grüngut entsorgen und Kompost beziehen möchten», sagt Urs Rutishauser, Betriebsleiter des Lindenhofs.
Die Kompostherstellung ist eines der drei Standbeine des rund 40 Hektaren grossen Landwirtschaftsbetriebs. Als Ausgangsmaterial dient das Grün- und Schnittgut der umliegenden Gemeinden. Dieses wird gehäckselt, mit hofeigenem Mist vermischt und auf einem betonierten Kompostierplatz als Miete abgelegt. Ein selbstfahrender Kompostumsetzer wendet und durchmischt die Mieten nach Bedarf, bis die Kompostierung nach etwa drei Monaten abgeschlossen ist.
Anschliessend holen sich die Gärtner den Kompost auf dem Hof. Private Gartenbesitzer kaufen ihn an einem Selbstbedienungsstand direkt an der Hauptstrasse – «1 Franken pro Kübel kostet die Erde», sagt Rutishauser.
Oder aber, der Kompost kommt auf den eigenen Feldern des Betriebs zum Einsatz. Neben Silomais, Kunstwiesen und Weizen wachsen auf 10 Hektaren Kürbisse – ein Starkzehrer, der ein zentrales Standbein des Lindenhofs bildet.
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Butternuss ist der Beste
Über 80 verschiedene Sorten baut Urs Rutishauser an, darunter viele Zierkürbisse. Für Speisezwecke werden hauptsächlich fünf Sorten produziert. Seine Lieblingssorte? «Der Butternuss», sagt Urs Rutishauser. Dieser Kürbis, der mit seinem Aussehen einer riesigen Birne ähnle, könne nämlich mit dem Sparschäler geschält und zusammen mit Kartoffeln zu einem wunderbaren Gratin verarbeitet werden. Der Kürbisanbau sei an sich nicht schwierig:
Saatgut und Saat: Das Saatgut bezieht Rutishauser über den Kürbis-Club Basel. Mitte Mai sät er die Samen dann mit einer dreireihigen pneumatischen Sämaschine ins Feld.
Unkraut-Bekämpfung: Mit einer Bandspritzung zur Saat bekämpft Rutishauser das Unkraut im frühen Stadium. Die weitere Bekämpfung erfolgt mechanisch – zwischen den Reihen mit einem gezogenen Hackgerät und in den Reihen mit dem gezogenen, von Hand gesteuerten polnischen Hackgerät «Zuza» von der Firma Jagoda.
Düngung und Pflanzenschutz: Die Nährstoffe bekommen die Kürbisse via betriebseigenen Kompost sowie dem DAP-Dünger, dieser kommt gleich zur Saat mit rein. Bezüglich Pflanzenschutz sind Kürbisse anspruchslos, wenn die Fruchtfolge stimmt. «Maximal zweimal in fünf Jahren, lieber jedoch nur einmal auf der gleichen Fläche», sagt dazu Urs Rutishauser. Um das einzuhalten, tauscht er auch Flächen mit Nachbarn ab – durch die langen Anbaupausen braucht er weder Insektizide noch Fungizide.
Bewässerung: «Wir können bewässern, müssen aber nicht – Kürbisse vertragen die Sommertrockenheit sehr gut», sagt Rutishauser. Dank langjährigem Einsatz von Kompost verfügen seine tiefgründigen Böden zusätzlich über ein sehr gutes Wasserspeichervermögen. Allgemein mögen es die Kürbisse nicht, wenn sie «nasse Füsse» bekommen. Das verregnete Vorjahr sei ihnen darum schlecht bekommen.
Ernte und Vermarktung: Bei früh gesetzten und unter Vlies angebauten Kürbissen beginnt die Ernte Anfang September und zieht sich bis Mitte Oktober. Hierbei zeige sich auch, ob man die Kultur wirklich möge. «Man muss sich gerne bücken, um die Kürbisse aufzulesen», sagt Rutishauser. Bis zum Einsetzen der ersten Bodenfröste müssen die Kürbisse von den Feldern kommen. Rutishauser verkauft einen Teil von ihnen im Verkaufsstand an der Hauptstrasse. Den grössten Teil liefert er in Grosskisten an die Jucker Farm ins Rafzerfeld, die sie unter dem eigenen Label an den Detailhandel verkauft.
Rindermast war erst ein Versuch
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Etwa gleichzeitig wie mit den Kürbissen fing Urs Rutishauser auch mit der Rindermast an. 2006 übernahm er mit seiner Frau Simone den elterlichen Betrieb, dessen Hauptzweig damals noch die Milchwirtschaft war. «Während der Meisterprüfung rechnete ich dann aus, wie viel ich pro Stunde verdiene und da kam ich auf 7.50 Franken», sagt Rutishauser. Als er 2013 den Stall umbauen musste, sei darum für ihn klar gewesen, dass er mit der Milchwirtschaft aufhöre. Ins «Blaue hinein» kaufte er versuchsweise 20 Fresser, richtete eine Weide für sie ein und mästete sie aus. Nach Abschluss dieses Versuchs baute er den Stall zu einem Rindermaststall mit 178 Plätzen aus.
Hohe Eiweissversorgung
Mit einem Alter von etwa 45 Tagen kommen die jungen Rinder zu ihm auf den Betrieb, wo sie in Gruppen nach den BTS- und Raus-Vorschriften gehalten werden. In der Anfangsphase erhalten sie Milchpulver, später Silage aus Gras und Mais von den eigenen Flächen. «Eine der Herausforderungen der Rindermast besteht darin, die Tiere möglichst schnell ausuzumästen, ohne dass sie verfetten», sagt Urs Rutishauser. Um das zu erreichen, legt er bei der Fütterung Wert auf eine hohe Eiweissversorgung. Diese erreicht er beim Grundfutter mit einer dreijährigen UFA-Helvetia-Mischung, die er mit einem Kilo Mattenklee pro Hektar ergänzt. Diese kleereichen Kunstwiesen schneidet Rutishauser dann sechs- bis siebenmal im Jahr.
Eigene Futtermühle
Neben dem Grundfutter erhalten die Tiere auch energiereiches Ergänzungsfutter, das auf dem Hof mit der eigenen Mühle hergestellt wird. Urs Rutishauser bezieht dafür Futterweizen, Körnermais und Gerste bei der Getreidemühle Mittelthurgau und vermahlt sie selbst.
Ziel ist eine durchschnittliche Tageszunahme von 1000 bis 1100 Gramm. Mehr sei bei Rindern kaum erreichbar – im Gegensatz zu Munis, die bis zu 1500 Gramm zulegen könnten. Dennoch zieht Rutishauser das Rind vor: «Es ist friedlicher als der Muni und passt besser zu meiner Betriebsphilosophie.» Diese sei: Möglichst unabhängig vom Staat leben, den Boden gesund erhalten, sich in der Region integrieren und für die Familie und die Lernenden ein sicherer Wert sein.
Betriebsspiegel Lindenhof
Familie Rutishauser
Ort: Bottighofen TG
LN: 40 ha, angebaut werden Weizen, Mais und Kunstwiese sowie 10 ha Mais.
Arbeitskräfte: Urs Rutishauser, zwei Lehrlinge sowie ein Angestellter (ab Sommer 2025)