Man habe den Erreger der Zuckerrüben-Krankheit Syndrome Basses Richesses (SBR) auch bei Zwiebeln gefunden, hat das deutsche Julius-Kühn-Institut (JKI) Ende Juni mitgeteilt. Die Meldung klingt plausibel, schliesslich steht SBR auch im Verdacht, mit Qualitätsproblemen in Kartoffeln im Zusammenhang zu stehen (wir berichteten). Entsprechend häufig haben landwirtschaftliche Medien in Deutschland das Thema aufgenommen. Doch die Resultate des JKI müssten noch bestätigt werden, betont Christophe Debonneville aus der Forschungsgruppe Virologie, Bakteriologie und Phytoplasmologie von Agroscope.

Aus einem SBR-Gebiet

Abo Krankheit greift um sich Die Kartoffelbranche geht die Ursachen schlechter Backtests an Wednesday, 6. December 2023 Das gelte einerseits für die Entdeckung von Zwiebeln als potenzielle neue Wirtspflanze für den SBR-Erreger Candidatus Arsenophonus als auch für das Auftreten des Vektors (die Schilf-Glasflügelzikade) in dieser Kultur. Das JKI untersuchte rote Zwiebeln von einem Feld in Hessen, die bei der Ernte gesund schienen, dann aber im Lager zu faulen begannen. Zuerst seien sie glasig geworden und zeigten später Symptome von Weichfäule, die sich keiner bekannten Krankheit hätten zuordnen lassen, so das JKI. Da die Zwiebeln aus einem Gebiet mit grosser Verbreitung der Glasflügelzikade stammten, suchten die Forschenden mit genetischen Methoden nach dem bakteriellen SBR-Erreger Ca. Arsenophonus. Fünf von 69 verdächtigen Zwiebel-Proben fielen positiv aus, wobei zwei dieser fünf noch gesund ausgesehen hätten.

Infektion und Vektor nachweisen

Der SBR-Erreger war demnach auf einigen der faulenden Zwiebeln vorhanden. Mehr lässt sich aus dieser Studie aber eigentlich nicht lesen. «Es ist essenziell, die Infektion von Zwiebeln mit Ca. Arsenophonus im Feld nachzuweisen», sagt Christophe Debonneville. Falls diese bestätigt würde, wäre weiter die Häufigkeit einer solchen Infektion zu messen, um in einem nächsten Schritt die Rolle der Zwiebel als potenzielles Reservoir für SBR zu beurteilen. Auch müsste die Glasflügelzikade als Vektor auf dem Zwiebelfeld nachgewiesen werden. Der Agroscope-Forscher relativiert daher die Studienresultate des JKI: «Wenn die Beobachtungen dieser Veröffentlichung korrekt sind, scheinen die Zwiebeln bei der Ernte nicht symptomatisch gewesen zu sein und das Vorhandensein des Pathogens wird auch nicht mit Fäulnis in Verbindung gebracht.» Ausserdem sei der Vektor nie auf Zwiebeln oder anderen Lauchgewächsen gemeldet worden.

Unspezifische Symptome

Müssten sich jetzt nicht nur Zwiebel-, sondern auch Rüben- und Kartoffelbauern Sorgen machen, sollten der SBR-Erreger und die Glasflügelzikade neu tatsächlich auch Lauchgewächse befallen? Es gebe in der Studie keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem SBR-Vektor auf Rüben und der Situation im Zwiebellager, bemerkt Christophe Debonneville. Auch seien die von JKI beschriebenen Fäulnis-Symptome bei den Zwiebeln unspezifisch gewesen. «Man könnte sie mit allen möglichen Problemen in Verbindung bringen, einschliesslich nicht-infektiösen.»

Nur hypothetische Verbindung

Aus entomologischer Sicht sei es möglich, dass sich SBR-Erreger und -Vektor an eine neue Kultur anpassen, sagt der Agroscope-Forscher. «Ohne das mögliche Vorkommen dieses Pathogens in Zwiebeln infrage zu stellen, sind diese Ergebnisse vorläufig und müssen noch bestätigt werden», hält Christophe Debonneville aber fest. Auch habe das JKI auf den fraglichen Zwiebelparzellen keine Insektenproben genommen. Somit sei die Verbindung zum Überträgerinsekt in Rüben (und möglicherweise Kartoffeln) nur hypothetisch und kein Fakt. «Derzeit können wir noch nicht abschätzen, ob die Krankheitssymptome, die wir an den Zwiebeln beobachten, tatsächlich auf das nachgewiesene Bakterium zurückzuführen sind», heisst es auch beim JKI. Dennoch sind die Studienautoren überzeugt, dass man die Schilf-Glasflügelzikade als SBR-Überträgerin speziell dort im Blick behalten müsse, wo Zwiebeln, Kartoffeln und Zuckerrüben in der Fruchtfolge stehen.

In der Schweiz läuft derzeit ein Monitoring der HAFL auf 12 Betrieben im Mittelland, das Einflug und Entwicklung der Glasflügelzikade in Kartoffelfeldern untersucht (wir berichteten). Dies mit dem Ziel, der Ursache für ungenügende Backtests auf den Grund zu gehen und praktikable Massnahmen dagegen abzuleiten.