Der DOK-Versuch gilt mit seinen 47 Jahren als der älteste Systemvergleich der Welt. «Diese Ausdauer braucht es, denn das System aus Boden und Pflanze reagiert langsam», gibt Else Bünemann vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zu bedenken. Was 1978 mit der Frage nach der Umsetzbarkeit des Bio-Anbaus gestartet ist, zeigt heute, wie sich eine biologisch-dynamische (D), biologisch-organische (O) und konventionelle (K) Bewirtschaftungsweisen langfristig auswirken.
Zielkonflikte entschärfen
«Produktivität und Nachhaltigkeit, Klimawandel, Biodiversität, Bodenqualität und Wasserhaushalt sind Zukunftsthemen, die uns heute beschäftigen», erklärte Agroscope-Forscher Jochen Mayer anlässlich eines Medienbesuchs auf dem Versuchsgelände. Er leitet den DOK gemeinsam mit Hans-Martin Krause, FiBL. Man sei angesichts zahlreicher Zielkonflikte auf der Suche nach einem Weg, an einer dieser Schrauben zu drehen, ohne die anderen Aspekte stark zu verschlechtern.
Denn was der DOK-Versuch mit Langzeitdaten untermauert, ist ein Dilemma des Bio-Anbaus: Das System ist zwar erwiesenermassen positiv für die Biodiversität und effizient, denn es erwirtschaftet – mit relativ grossen Unterschieden je nach Kultur – im Schnitt 85 Prozent der Erträge aus konventionellem Anbau mit nur 8 Prozent des dortigen Pflanzenschutzmitteleinsatzes und 35 Prozent weniger Stickstoffdünger. Aber die Erträge liegen eben durchschnittlich 15 Prozent tiefer. Obwohl die Lücke zum konventionellen System im DOK eher klein ist, weil Letzteres einem typischen Schweizer Mischbetrieb nachempfunden und damit im internationalen Vergleich eher extensiv ist.
Kritisch für Regionalität
Die Bio-Erträge schwanken allerdings auch deutlich stärker. Diese um 40 Prozent tiefere Ertragsstabilität führt Jochen Mayer in erster Linie auf den biologischen Pflanzenschutz zurück, während die Stickstoffdüngung die Höhe der Erträge bestimme. Hohe Anteile an Food Waste und Futterproduktion auf Schweizer Ackerflächen können die Bio-Ertragslücke relativieren. «Aber die geringere Stabilität ist eine kritische Frage für die regionale Ernährungssicherheit», so Mayer.
Beim DOK stehen jedoch neben klassischen Ertragsparametern vor allem auch Messungen des Systems im Vordergrund. Hans-Martin Krause erläuterte die Erkenntnisse hinsichtlich Bodengesundheit und Klimawirkung, wobei sich die Zufuhr von Hofdüngern als entscheidend erwies: Alle Verfahren mit 0,7 DGVE/ha und die rein mineralisch gedüngte Variante verloren an Bodenkohlenstoff. Gemischte Systeme mit 1,7 DGVE/ha halten das Niveau stabil, eine Anreicherung von Bodenkohlenstoff gab es einzig im Bio-dynamischen Anbau. Starkregenereignisse zeigen eindrücklich, wie verschieden die ursprünglich einheitlichen Flächen in Therwil durch die jahrelang unterschiedliche Bewirtschaftungsweise geworden sind. Konventionell verschlämmt bei starkem Regenfall oberflächlich, der Bio-dynamische Anbau hinterliess regenfeste, stabile Krümel.
Generell nehme der Bodenkohlenstoff in der Schweiz ab, so Hans-Martin Krause. Bodenbearbeitung und steigende Temperaturen begünstigen diesen Trend. Doch die Resultate aus dem DOK zeigten, dass man etwas tun könne: «Wir brauchen eine gewisse Besatzdichte für stabile Bodenkohlenstoffwerte. D. h. wir brauchen die Tierhaltung.»
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Mist ist nicht gleich Mist
Ein grosser Unterschied zwischen den in DOK verglichenen Systemen liegt in der Form des verwendenden Düngers. Bei Konventionell werden Hofdünger (Stapelmist) mit Mineraldünger ergänzt, bei Bio handelt es sich um Rottemist (plus geringe Mengen mineralisches Kali) und die Bio-dynamische Bewirtschaftung schreibt die Kompostierung des Mists vor. «Beim Kompostieren geht während der Hofdüngeraufbereitung mehr Kohlenstoff verloren», sagt Krause, «aber was dann mit dem Kompost in den Boden kommt, ist stabiler.» Der FiBL-Forscher spricht allerdings angesichts gestiegener Bodenkohlenstoffvorräte auf den Bio-dynamischen Flächen nicht von C-Sequestrierung, da vorherige Verluste nicht eingerechnet seien. «Da muss man vorsichtig sein und differenzieren.» Ausserdem ist der im Boden gespeicherte Kohlenstoff «schneller, als einem lieb ist», wieder verloren, wie Jochen Mayer sagt.
«Die Stabilität ist eine kritische Frage.»
Jochen Meyer über schwankende Bio-Erträge und die regionale Versorgung.
Pro Fläche oder pro Produkt
Dafür weist das kompostgedüngte System die höchste Bodengesundheit auf, die anhand verschiedener Parameter gemessen wurde. Jedes Verfahren hat ein individuelles Bodenmikrobiom, inklusive unterschiedlicher funktioneller Eigenschaften hinsichtlich Nährstoffkreisläufen. «Durch die Art und Weise, wie gedüngt wird, kann man Bodenprozesse beeinflussen», so Krauses Fazit. Die Klimawirkung des Bodens bestimmten in erster Linie die Lachgasemissionen, sprich das Level der N-Düngung. «Hier haben wir einen Zielkonflikt, weil Stickstoff auch der Haupttreiber ist für die Erträge», bemerkt er. Pro Fläche schneidet Bio in der Klimawirkung daher besser ab, pro Produkt sei sie insgesamt ähnlich wie im konventionellen Anbau.
Die Resultate zu den beiden Düngungsstufen (0,7 versus 1,4 DGVE/ha) machen klar, dass alle Systeme eine ausreichende Zufuhr von Nährstoffen brauchen.
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Für Kunstwiesen und Berge
Was den Viehbesatz angeht, sehen Jochen Mayer und Else Bünemann die Zukunft aber eher bei 0,7 DGVE/ha. «Damit wir die Kunstwiesen in der Fruchtfolge sinnvoll nutzen und das Berggebiet bestossen können», sagt die FiBL-Forscherin. Gleichzeitig bleibe so Raum für die vermehrte Nutzung von Ackerflächen für die menschliche Ernährung statt zu Futterzwecken. Um trotzdem genügend Nährstoffe ins System zu bringen, müssten nach Meinung von Mayer Kreisläufe geschlossen werden. Was bisher landwirtschaftlich ungenutzt im Abwasser oder in kommunalen Kompostabfuhren verschwindet, sollte zurück aufs Feld. «Das brächte auch das bisschen Nährstoffe obendrauf, um die Ertragslücke bei Bio zu schliessen», so Mayer. Die Mischung nicht nur aus Stickstoff, sondern auch Phosphor und Schwefel würde ausserdem gegen den P-Mangel helfen, der biologischen Systemen langfristig durch die reduzierte Düngung droht.
Die Rolle der Sorten
Für stabilere Bio-Erträge braucht es einen besseren Pflanzenschutz. Hier hofft Jochen Mayer vor allem auf robustere Sorten. Im DOK-Versuch werden zwar jährlich auf allen Flächen jeweils dieselben Sorten angebaut, im Wechsel aber entweder konventionelle oder Bio-Züchtungen. Heuer steht der Bioweizen Wiwa in Therwil, und die biologisch geführten Teilflächen sehen besser aus als die konventionellen. Bei denen scheinen die Wachstumsregulatoren nicht richtig gewirkt zu haben und das Getreide lagert. Bei Biostimulanzien ist Mayer hingegen skeptisch. «Ich denke, der Nutzen wird überschätzt», meint der Agroscope-Forscher. Ein kleiner, positiver Effekt sei möglich, aber das helfe kaum gegen hohen Krankheits- oder Schädlingsdruck. Neben dem Schliessen von Kreisläufen empfiehlt er Diversifizierungsstrategien im Pflanzenbau, etwa mit Mischkulturen, Untersaaten oder Streifenanbau, «im besten Fall mit mehrjährigen Kulturen».
Blick auf Weizen
Der DOK-Versuch förderte keine Unterschiede zwischen den Anbausystemen zutage, was die Mykotoxin-Belastung von Weizen angeht. Bio erreichte 79 % der konventionellen Weizenerträge und schnitt bei der Qualität schlechter ab. Die höhere Düngungsstufe (1,4 DGVE/ha) verbesserte die Bio-Rohproteingehaltenicht signifikant. Hingegen wurde bei Bio eine starke Wirkung der Vorfrucht auf Ertrag und Qualität beobachtet: Bei Kartoffeln vor Weizen lag beides höher. Dieser Effekt trat im konventionellen System nicht auf. Bei Mikronährstoffen, Aminosäuregehalt und Backqualität fand man keine relevanten systembedingten Einflüsse.