Es wurden bereits die ersten Flächen siliert. Zu früh, findet Hanspeter Hug. Der Futterbauexperte vom Strickhof rät davon ab, jetzt schon zu mähen. «Ein Schnitt bedeutet für den Bestand Stress», gibt er zu bedenken. Der kumuliere sich in der aktuellen Wetterlage mit Stress durch Trockenheit und morgendliche Kälte.
«Unsere Versuche zeigen eindeutig: Je früher der erste Schnitt erfolgt, desto schneller kommt der zweite Schnitt ins Schieben», erläutert Hug. So zeichne sich der zweite Schnitt durch einen mengenmässig grösseren Ertrag, aber eine geringere Qualität aus. «Das ist eine botanische Gesetzmässigkeit, die man mit keiner Schnittstrategie umgehen kann und die sowohl auf Ökotypen wie auf Zuchtsorten zutrifft.»
Gras wächst schlecht
Wer jetzt bereits den ersten Siloschnitt tätige, ernte kleine Mengen von 10 bis 15 kg TS, schätzt Hanspeter Hug. «Das Gras wächst momentan nicht gut, und für Wiederkäuer fehlt es ihm auch noch an Struktur und Rohfasern.» Allfällige Düngergaben können nicht wirken, da sie auf der Bodenoberfläche bleiben und nicht eingewaschen werden. Die Situation sei im Futterbau derzeit nicht besorgniserregend, aber sollte es einen trockenen Sommer geben, sei ein gut gesetzter erster Schnitt umso wichtiger. «Dieses Gras füllt die Heustöcke oder Futtersilos mit Menge und Qualität», gibt er zu bedenken.
Das Argument, die Gräser seien doch am Schieben und der richtige Mähzeitpunkt daher gekommen, lässt der Fachmann nicht gelten. Was jetzt schiebe, seien Rispengras und gemeine Trespe, die durch Vielschnittigkeit gefördert werden und nicht als gute Futtergräser gelten. «Im Moment ist noch nichts passiert, und der erste Schnitt wird viel weniger schnell alt, als man denkt», ergänzt Hanspeter Hug. Solange kein Regen absehbar ist, sollte seiner Meinung nach das Mähwerk im Schopf bleiben.
Hirtentäschel füllt die Lücken
Wie bereits im letzten Jahr fällt auch heuer massenhaft Hirtentäschel auf den Wiesen auf. «Der ölig-klebrige Samen dieser Pflanze wird durch Traktoren und Tiere verbreitet», erläutert Hanspeter Hug. Die Tiere fressen Hirtentäschel auf der Weide nicht, sondern stampfen seine Samen in den Boden, wo sie locker 30 Jahre keimfähig bleiben. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich der Kreuzblütler auch heuer verbreitet zeigt. Ein zweiter Faktor dafür ist die Eigenschaft des Hirtentäschels als Lückenfüller. «Viele Flächen wurden 2024 verkarrt oder verweidet», sagt Hug.
Die beschädigte Grasnarbe lässt viel Platz für Hirtentäschel, das im Übrigen nicht ganz unproblematisch im Futter sei. «Ab 5 Prozent Hirtentäschel in der Ration gilt es als leicht giftig.» Zwar brauche es einiges, diese Menge zu erreichen, aber man sollte das Pflänzchen nicht unterschätzen. Bleibt die Frage, wie man es wieder loswird. Da helfe, es nicht absamen zu lassen, empfiehlt Hug. Um sogleich zu relativieren, dass das kaum möglich sei, da die Pflanze gleichzeitig keimfähige Samen und Blüten trägt.
«Am besten schützt eine geschlossene Grasnarbe, ein dichter Bestand», hält er fest. Bei hohem Hirtentäschelanteil sollte eine Wiese gemäht werden, bevor die ersten (untersten) Samen abgereift sind. «Das dauert sicher noch vierzehn Tage», schätzt Hug. Somit ist das mit der Empfehlung kompatibel, mit dem ersten Schnitt noch zuzuwarten.
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«Momentan noch nicht kritisch»
Der Traktor auf dem Feld zieht nicht nur eine Egge, sondern auch eine grosse Staubwolke hinter sich her. Auf einer Wiese vertrocknen die berüchtigten Güllemadli aus dem Schleppschlauch. Nach einem feuchten Start ins Jahr hat das Wetter umgeschlagen. «In den oberen Schichten sind die Böden schon trocken, da sie derzeit weniger Wasser als sonst im April üblich enthalten», schildert Anna Brugger, Leiterin Pflanzenbau und Agrartechnik beim Strickhof. Der Blick aufs Bodenmessnetz zeigt zwar noch einige Punkte mit feuchten oder gar nassen Verhältnissen, aber sie werden weniger. Der fehlende Regen und das sonnige Wetter mit Bise zeigen Wirkung.
Getreide ohne Symptome
Trotzdem: «Momentan ist die Situation noch nicht kritisch», hält Anna Brugger fest. Noch würden die Getreidebestände keine Symptome von Trockenstress zeigen. «Sollten wir nach Ostern keinen Regen haben, kann sich die Situation aber ändern», fährt sie fort. Die Wettervorhersagen stimmen die Fachfrau jedoch optimistisch, dass es nach den Feiertagen Regen geben wird.
Dass die aktuelle Trockenheit die Herbstsaaten noch nicht stresst, gelte auch für Raps. «Die Bedingungen sind nicht optimal, aber auch noch nicht besorgniserregend», so Bruggers Einschätzung. Schwierig dürfte es für den Raps erst werden, wenn die nächsten Wochen trocken bleiben. Leider lässt der zügige Biswind den Rapsglanzkäfer kalt, erschwert aber die Insektizidbehandlung, die in möglichst windstillen Stunden ausgeführt werden sollte.
Den Boden aufwärmen lassen
Vorteilhaft ist die Wetterlage für den Kartoffelbau. Momentan biete sich ein langer Zeitraum mit guten Bedingungen fürs Pflanzen, sagt Anna Brugger. «Das ist auch mal etwas Positives.» Beim Mais könne man gut noch etwas abwarten, findet die Beraterin. Zwar seien die ersten Parzellen bereits gesät worden. «Die trockenen Bedingungen reizen viele zur Saat, da der Boden gut befahrbar ist», weiss Brugger.
Da grössere Regenmengen bis Ostern nicht angekündigt sind, bleiben aber die guten Saatbedingungen noch eine Weile erhalten – es bleibt Zeit, den Boden noch etwas aufwärmen zu lassen. Nicht zuletzt verspricht das ein rascheres Auflaufen und gibt dem Mais die Möglichkeit, schneller aus dem für Krähenfrass empfindlichen Stadium herauszuwachsen.
Tiefe Pegelstände schwer aufzuholen
Die Abfluss- und Wasserstandskarte des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) zeigt für zahlreiche Gewässer tiefe bis sehr tiefe Werte. Fachleute machen dafür ein Schmelzwasserdefizit verantwortlich: «Der Winter 2024/25 war sehr mild, mit wenig Schnee, insbesondere in den mittleren Lagen – dort, wo normalerweise ein grosser Teil des Schmelzwassers herkommt», erklärt Michèle Oberhänsli, Hydrologin beim Bafu.
«Idealer Wasserspender»
Es sei sehr wahrscheinlich, dass auch den Sommer hindurch weniger Schmelzwasser in die Gewässer fliessen werde.
«Durchschnittliche Regenmengen reichen nicht aus, um das Schmelzwasserdefizit vollständig zu kompensieren», fährt Michèle Oberhänsli fort. Da es über längere Zeit stetig abfliesst, sei Schmelzwasser ein idealer Wasserspender über Wochen hinweg. Der dürfte heuer demnach fehlen. «Wenn der Frühling und Sommer trocken bleiben, ist mit anhaltend tiefen Wasserständen und Abflüssen in den Schweizer Gewässern zu rechnen», so die Expertin.
Mehrere Wochen viel Regen
Um die aktuelle Ebbe in Flüssen und Seen auf ein normales Niveau zu korrigieren, bräuchte es laut Oberhänsli mehrere Wochen mit überdurchschnittlich viel Regen. «Schweizweit, flächendeckend und möglichst gleichmässig in allen Regionen verteilt.» Ob sich die Lage zuspitzt oder entspannt, entscheidet das Wetter der nächsten Wochen.
Potenziell wird es heuer mit einer allfälligen Bewässerung also schwierig.