André Ançay liebt Himbeeren und kann allen Sorten etwas abgewinnen, insbesondere den neuen Sorten, die im Versuchsanbau sind. Ançay ist vom Agroscope-Forschungszentrum Conthey VS angereist und steht vor dem Himbeerversuch in Güttingen. Dabei präsentiert er neue Himbeersorten, die Agroscope auf Zuckergehalt, Festigkeit, Ertrag, Fruchtkaliber, Haltbarkeit und viele weitere Eigenschaften prüft.

Clarita mit Potenzial

[IMG 2] Gut schneidet die Sorte Clarita ab. Sie hätte im Versuch das höchste Produktionspotenzial gezeigt und die Früchte seien am grössten gewesen, sagt André Ançay. Clarita ist eine Züchtung von Berryplant, ebenso wie die Sorte Optima. Diese bezeichnet Ançay als interessant, will heissen, dass sie einen gewissen Makel habe, und zwar Dornen, was das Pflücken erschwere.

Aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Beeri-Höcks machen sich selbst ein Bild. Sie flanieren zwischen den Reihen und probieren links und rechts die 20 Himbeersorten im Anbau. Bei den Diskussionen zwischen Ançay und den Teilnehmern kommt die Rede auch auf den Verkauf – insbesondere über die Kundschaft im Detailhandel. Oft in den grossen Läden unterwegs, beobachtet André Ançay, wie die Kunden eine Himbeer-Plastikschale in die Hand nehmen, auf den Kopf drehen oder gar schütteln. «Entspricht die Schale nicht ihren Vorstellungen, wird sie zurückgelegt und ein nächstes Pack in der gleichen Weise misshandelt», regt sich Ançay auf. All die Sorgfalt, die Produzenten und Verarbeiter und nicht zuletzt Züchter und Forscher aufwenden, werde damit quasi zunichte gemacht.

Thrips und Mehltau

Aber zurück zum Anbau in dieser Saison. «Thrips und Mehltau sind normalerweise kein Thema bei den Himbeeren. Aber dieses Jahr treten sie auf», sagt André Ançay. Auch seien die Temperaturen unter den Tunnels beziehungsweise dem Witterungsschutz dermassen angestiegen, dass die Qualität der Beeren darunter gelitten habe.

Das Wetter stellt die Produzenten vor neue Herausforderungen. Das ist beileibe nicht das einzige Produktionsrisiko, denn der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird immer restriktiver gehandhabt, zumal die Auswahl an Mitteln und Wirkstoffen von Jahr zu Jahr schwindet. Auch steigen die Anforderungen, dass Beeren und Früchte möglichst rückstandsfrei sein sollen.

Rückstandsfreie Erdbeeren

Deshalb untersucht Carole Wyss, Beraterin am Arenenberg, im dritten Jahr in Folge neue Pflanzenschutzstrategien an den Erdbeeren. Die remontierenden Sorten wachsen auf Stellagen. Bei den Juni-Trägern sei der Pflanzenschutz überschaubar, bei Remontierten allerdings aufgrund der fünf- bis sechsmonatigen Erntezeit eine speziell grosse Herausforderung, so Wyss, und weiter: «Wichtig ist uns, dass sich der Arbeitsaufwand bei einer rückstandsfreien Produktion in Grenzen hält und dass der Ertrag vergleichbar mit der herkömmlichen Produktion Suisse Garantie (SGA) ist.» Das scheint zu funktionieren. So gab es beim SGA-Verfahren während der Vegetationszeit von März bis Ende Oktober 19 Applikationen plus zehn Nützlingseinsätze. Demgegenüber stehen im rückstandsfreien Verfahren 23 Applikationen plus zehn Nützlingseinsätze.

Und auch torffrei

Abo Anbau und Konsum Mehrjährige Beeren sind im Aufwind Sunday, 30. July 2023 Die Erdbeeren im Pflanzenschutz reduzierten Verfahren wurden mit Kupfer, Schwefel, Vitisan, Nützlingen sowie einem rückstandsfreien Kontaktmittel gegen Blattläuse behandelt. Einmal im Frühjahr musste man den biologischen Wirkstoff Spinosad gegen den Blütenstecher einsetzen, was laut Carole Wyss vorübergehend zu einem Rückstand auf den Erdbeeren geführt habe. «Punkto Erntemenge konnte die rückstandsfreie Produktion zumindest im Jahr 2022 mithalten», sagt Wyss. Bewährt habe sich zudem die Verwendung von torffreiem Substrat.

Die dritten Beeren in Güttingen sind Heidelbeeren. Sie wachsen in einer gedeckten Anlage auf 20 a in Holzschnitzeldämmen heran. «Auf dieses Jahr pflanzten wir sieben neue Sorten», sagt Wyss. Insgesamt stehen nun 14 Heidelbeersorten auf dem Versuchsbetrieb Güttingen nebeneinander. Interessierte Produzentinnen und Produzenten können sich vor Ort ein Bild machen und die Sorten vergleichen.

Topshelf ist Favorit

Carole Wyss imponierte die Heidelbeersorte Topshelf, die 2017 gepflanzt wurde. «Sie brachte den grössten Ertrag. Der Strauch ist aufrecht wachsend und die Beeren einer Traube reifen gleichzeitig heran. Das erleichtert die Ernte», fasst Wyss zusammen. Aber man solle nicht nur auf diese eine Sorte setzen, sondern eine späte Sorte wie zum Beispiel Last Call dazu nehmen. So könne man die Heidelbeersaison ausdehnen.